Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
gearbeitet hatte und die Mühe des Tages die Glieder schwer werden ließ.
Seraphia sah auf ihren Teller und biss vorsichtig in eine der Geflügelkeulen. Das Fleisch war zart und die Würzung eine süßsaure Offenbarung. Sie verschlang zwei Keulen und schaute sehnsüchtig auf die Platte, die auf der Anrichte stand und noch mehr von diesen Geschmacksjuwelen bereithielt. Sie war aber zu schüchtern, um Nachschub zu holen und aß, was ihr Teller offerierte. Alles war von höchster Güte und frisch, ein Essen, wie gemacht, um dem Körper Kraft und Energie zurückzugeben. Sie genoss das Mahl und beruhigte zwischendrin ihr schlechtes Gewissen, indem sie der Hohepriesterin einen Becher Wein brachte und Cendrine nachschenkte. Sie nahm sich selbst auch noch welchen. Das Essen schien die Auswirkungen des Alkohols zu mildern, dennoch entspannte sie sich endlich etwas.
Charna war menschlicher, als Seraphia erwartet hatte. Dabei war sie kein Mensch. Sie bemühte sich, das nicht zu vergessen, als sie den letzten Happen von ihrem Teller nahm und sich im Geiste auf das Gespräch vorbereitete, das nun vor ihr lag. Cendrine sammelte währenddessen das Geschirr ein und schenkte allen nochmals Wein nach.
Die Hohepriesterin richtete ihren ernsten Blick auf Seraphia, die Augen tiefrot leuchtend. »Jetzt berichte mir von deiner Mission bei den Sidaji!«
Seraphia stellte ihren Becher beiseite und räusperte sich. Ihre Kehle schien mit einem Mal trocken zu sein.
Sie überlegte einen Moment. »Ich traf vor zwanzig Tagen bei den Sidaji ein. Miirar, die leitende Schwester vor Ort und Grafaar, der Hauptmann der Garde, den ich zu ihrem Schutz und zur militärischen Begutachtung der Situation vorausgeschickt hatte, erwarteten mich im Thronsaal der Sidaji.«
»Im Thronsaal?«, fragte Charna überrascht.
»Ja. Der Herrscher der Sidaji, Slidarin, war nicht anwesend. Eines der Ratsmitglieder war der einzige Sidaji, der mit uns sprechen konnte. Er war schwach und hatte Mühe zu reden. Seine Schuppen fielen ab. Eines seiner Augen war erblindet. Er schluckte Schmerzmittel und zitterte immer wieder unkontrolliert, als wir uns berieten. Außer Miirar und Grafaar waren Joru - ein Botschafter von Gottkaiserin Jenara - und Darl, der Graf von Asla da. Er brachte die hervorragenden Heiler Aslas in die Sümpfe mit. Joru hatte bereits bei Ausbruch der Krankheit Nachrichten an die heilenden Zünfte der Frostreiche geschickt. Sie arbeiten seit sechs Wochen ohne nennenswerte Ergebnisse. Miirar, die selbst eine angesehene Heilerin ist, verpflichtete ebenfalls die besten Heiler Iidrashs. Insgesamt mehr als hundert Heilkräfte schuften jetzt rund um die Uhr, doch kein Mittel und keine Behandlung scheint die Krankheit besiegen zu können. Die Sidaji haben in den letzten vier Wochen jeden Fünften verloren. Alle anderen sind erkrankt. Sie werden ohne ein Heilmittel sterben. Alle von ihnen.«
Charna erhob sich und ging unruhig im Zimmer auf und ab. »Ich dachte, das Mittel, das die Heiler Aslas entdeckt hatten, würde nun endlich Erfolg zeigen.«
»Es hat die Auswirkungen gemildert und zögert den Tod hinaus, kann ihn jedoch nicht aufhalten. Der Rat der Sidaji ist zusammengebrochen. Nach den Erfahrungen der Heiler mit dem Verlauf der Sidaji-Seuche hält Tsark, das Ratsmitglied, das ich bereits erwähnte, noch einige Tage durch, bevor er ohnmächtig wird.«
Sarinacas Tochter blieb vor dem Kamin stehen. Sie starrte einige Minuten wortlos und unbewegt ins Feuer, dessen Flammen sich in ihre Richtung zu verneigen schienen.
Dann sprach sie leise und drängend. »Cendrine! Begib dich mittels Portal zum Orakel von Khuranc! Mikar und Thanasis sollten dort sein. Bring sie schnellstmöglich hierher! Seraphia! Du wirst Faunus suchen, er wartet an der Quelle des Sahm in den Wäldern Garak Pans. Es gibt ein Portal dort. Du wirst sofort aufbrechen und ihn herholen. Ich entsende augenblicklich einen Botschafter nach Tojantur. Wir müssen uns in den Sümpfen treffen und einen Friedensvertrag aushandeln, bevor die Macht der Echsen erlischt. Weder können wir einen Krieg mit den Völkern der Frostreiche gewinnen, solange meine Mutter verschollen bleibt, noch darf Kabal erneut zerrissen werden. Wir müssen sofort handeln. Wartet einen Augenblick! Ich schicke einen Boten los.«
Charna verließ das Zimmer und Cendrine war tief in Gedanken versunken, so dass Seraphia nicht wagte, sie anzusprechen. Nach ein paar Minuten kehrte die Hohepriesterin zurück. Die Äbtissin stand auf und
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