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Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Titel: Kabbala-Box (2 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Regner
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wichtigen Tischgesprächen. Hans-Rüdiger war ein schöner, junger Mann, ruhig und gelassen, ein Buchhalter eben. Und der Arzt erzählte mir, dass er sich oft Hans-Rüdiger beim Wichsen vorstellte, aber auch seine Verwandten – besonders die Kinder seines Bruders – wurden als Wichsvorlage gebraucht. Er fotografierte sie auf Feiern ständig.
    Das Essen verlief eigenartig, war aber irgendwie schön. Das zweitgeborene Kind, Christoph, mit Schmarotzerfreundin Freundin Maria (so nannte der Arzt sie) saßen mir gegenüber und wü rdigten mich keines Blickes. Tja, ich hatte auch keinen akademischen Titel und war auch sonst nicht – wie Maria – aus einem Professorenhaus entsprungen.
    M aria wollte Pädagogin werden, aber dafür musste man auch studieren bzw. auf die Universität gehen. Im Sommer war sie die meiste Zeit damit beschäftigt Urlaubs- und Reiseziele zu planen und im Winter den Skiurlaub zu organisieren und welche Zeit blieb da noch zum Studieren? Maria durfte mich – schon allein wegen der Vorimpfung ihrer zukünftigen Schwiegermutter – nicht mögen. Es war ihnen allesamt nicht erlaubt, sich ein eigenständiges Bild von mir zu machen. Die Vorimpfung über meine Persönlichkeit (kein akademischer Titel, keine nennenswerte Vergangenheit, kein Nobelpreis, nicht einmal das Ehrenabzeichen der Stadt Graz) schloss mich als gesellschaftsfähiges Wesen aus. Erst als alle Kinder vom Tisch aufgestanden und gegangen waren, sagte Cora zu mir: „Wir sind ein offenes Haus, jeder ist willkommen.“
    Klar, ich weiß, die vielen Ex-Freunde, die der Arzt ständig in ihrem Haus loungieren ließ, damit er auch weiterhin alle Rechnungen von Coras überschwänglichem Leben beglich, waren nicht einfach zu verkraften. Auch die Road-Trips, die der Arzt mit ihrem Auto zu verschiedenen Ras tplätzen unternahm, mussten ihr schon öfters die Stimmung (aber niemals den Appetit) verschlagen haben.
     
    08:22 Ich komme zuhause an. Ich dusche mich, putze mir nochmals die Zähne. Mopsi nervt.
    08:44 Ich lege mich nochmals schlafen. Ich versuche mir klar zu machen, dass ich nicht so früh aufstehen muss. Und das Wichtigste: „Loslassen“, das sage ich mir einige Male, bis ich wegdöse und nach einer Stunde wieder aufwache. Mopsi nervt noch immer.
    09:40 Ich schalte das Radio ein, der Song frozen von Madonna läuft. Madonna singt in dem Song gerade You only see what your eyes want to see / How can life be what you want it to be / You’re frozen / When your heart’s not open …, das verstehe ich besser als je zuvor. Ich glaube in diesem Augenblick sehr viel Wahrheit in diesen Zeilen zu erkennen. Wir Menschen erstarren, wenn wir unser Herz nicht öffnen. Auch die Zeilen You’re so consumed with how much you get / You waste your time with hate and regret / You’re broken / When your heart’s not open … berühren mich tiefgehend. Dabei kenne ich den Song schon seit vielen Jahren. Als wäre ich selbst Madonna oder als hätte ich diese Zeilen selbst verfasst, denke ich mir Mmmmmm, if I could melt your heart / Mmmmmm, we’d never be apart / Mmmmmm, give yourself to me / Mmmmmm, you hold the key … Ja, auch mit diesen Zeilen bin ich vertraut, so innig verbunden. Now there’s no point in placing the blame / And you should know I suffer the same / If I lose you / My heart will be broken … Auch hier muss ich ihr zustimmen. Ich will und kann nicht verlieren; aufgeben; bin gebrochen im Herzen, im Verstand. Die Zeilen sprechen mir aus der Seele. Love is a bird, she needs to fly / Let all the hurt inside of you die / You’re frozen / When your heart’s not open …
    09:44 Ein wenig geht es mir besser. Ich teile den Schmerz und versuche ihn loszulassen.
     
    Der Mops springt mich aufgeregt an. Er ist ganz glücklich, wenn ich lächle, seinen Nacken kraule und ihn an mich drücke. Dann lege ich die Leine an seinem Hal sband an und gehe mit ihm nach draußen. „Ja, ja, das hast du gerne“, sage ich ihm und der Mops kommt mit einer Blume aus dem Garten der Nachbarin zurück. Er kaut an den bunten Blüten herum und der Stängel ragt seitlich aus seinem kleinen Maul. Ich streichle ihm über seinen mit Falten überzogenen Nacken, er wedelt mit seinem ganzen Körper. Ich habe den Nacken meines Arztes auch immer gerne gestreichelt und ich schmunzle ein wenig. Ich ziehe Vergleiche zwischen dem Mops und meinem Ex. Ich schmunzle. Ich denke an die vielen schönen Dinge im Leben und dass alles einen Grund hat, dann kommen mir kurz die Tränen wieder

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