Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
Zwecke. Ich hoffe, die Mode wird sich in den nächsten Monaten nicht gänzlich ändern (zum Beispiel habe ich gehört, dass der Schlabber-Look wieder modern werden soll, ein No-Go wie ich finde).
„Du siehst wirklich gut trainiert aus, machst du viel Sport?“, fragt mich Lorenzo.
„Ja, in letzter Zeit nicht so viel, bin arbeitslos und auf der Suche nach einem geeigneten Job.“
„Echt?“, fragen Leon und Lorenzo verwundert und ich wünsche mir zwischen Lorenzos Beine zu li egen und seinen Schwanz auf meiner Gesichtshaut zu spüren, das mag ich voll.
„Ja, echt!“, bekräftige ich mit weit aufgerissenen Augen.
Lorenzo sieht mich verwundert an, lächelt – er hat aber nicht ein so schönes Lächeln wie Leon – und sagt: „Du, wenn du magst, es wäre eine Stelle bei uns frei.“
Oh nein, nicht kellnern, ich erinnere mich nur allzu gut zurück, als ich als Kellner in einer kle inen Bar am Färberplatz im Studentensommer gejobbt hatte. Schreckliche Erinnerungen, davon weiß nur mein imaginärer Therapeut etwas. Einen echten Therapeuten kann ich mir nicht leisten. Deshalb sage ich Lorenzo, dass ich als Kellner nicht geeignet bin.
„Nicht als Kellner, du Dussel, als Callboy und Tänzer. Wird gut bezahlt bei uns.“
„Als was?“
„Du hast schon richtig gehört. Ich frage deshalb, weil mir die Bar gehört.“ Er zeigt dummstolz mit dem Finger auf das Schild hinter ihm, auf dem Schwulicool steht. Und stummstolzer geht es weiter: „Ja, das ist meine Bar. Muschiland gehört der Lesbe gegenüber. Ich kenne den Big-Boss, der den Betonbunker erbauen ließ. Jeden Samstag und Sonntag gibt es Gogo-Tänzer und eine Auswahl an jungen Männern, die sich gerne mit anderen Männern ins Separee gesellen, wo sie ihre Dienste leisten. Der Preis ist nicht schlecht, du verdienst gutes Geld. Getanzt wird an der Stange hinter dir. Er zeigt mit dem Finger durch mich hindurch und ich versuche zu folgen und tätige nur einen kurzen Blick, bevor mir übel wird. Was denkt der Typ denn, dass ich für Geld alles mache? Hab ich so einen schlechten Ruf? Dabei bin ich die letzten Monate fast gänzlich von der Bildfläche verschwunden gewesen. Egal.
„Und was verdient man da so?“, fragt Leon.
„Ah, bist du auch interessiert, wie alt bist du?“
Leon grinst. „Ich weiß, alle glauben, ich wäre erst 16, dabei bin ich schon 18 Jahre, also im e rlaubten Alter. Ich hab die Matura geschmissen, war viel zu schwer für mich und Lehrstelle hab ich keine gefunden, bin seit zwei Jahren auf Jobsuche. Unter der Woche mache ich bei einem Programm mit, das Jugendliche wieder in die Gesellschaft einzugliedern versucht. Bisher erfolglos. Ich fange immer was mit den Ausbildnern an …“, Leon schmunzelt und zuckt mit den Schultern. Lorenzo und ich lachen.
Leon ist die 2.0 Version von mir: verbessert, verschärft, unberechenbar geil. Ich kann ruhigen Gewissens sagen, dass die nächste Generation die Dekadenz der vorherigen übe rtrifft. Jetzt fühle ich mich besser, denn ich weiß, dass ich nicht das größte Miststück auf der Welt bin, für das ich mich immer gehalten habe. Hurra, wo bleibt der Wodka. Leon und ich sagen zu, abwechselnd in das Geschäft als Gesellschafterboys einzusteigen.
(Der Buchtitel Jugend ohne Gott bekommt für mich eine völlig neue Bedeutung.)
Da ich mich noch immer pubertär nicht ganz abgeschlossen fühle, befinde ich mich gerade in einer suffigierenden Mannwerdung. Das ist nicht leicht. Während Leon alles cool angeht und Cha ncen, die er verpasst hat, gar nicht wahrnimmt und als solche nicht zu interpretieren versteht, bin ich ständig auf der Suche und kann mich vor verpatzten Gelegenheiten (Job, Geld, Karriere, Männer) gar nicht mehr retten. Ich finde Leons Einstellung irgendwie cooler als das meinige. Und im Gegenzug findet Leon wahrscheinlich meine Gelassenheit cooler als da seinige. So ergänzen sich die Generationen, nicht wahr?
Leon und ich gehen mit dem Typen in sein Hinterzimmer. Er hat einen Kellnerboy beauftragt, die Stellung zu halten. Mittlerweile ist die Bude gesteckt voll, das freut Lorenzo besonders, der sein gesamtes Erspartes investierte.
Aber jetzt liegt Sex in der Luft.
Zum Hinterzimmer gelangt man, wenn man hinter der Bar durch eine Tür geht, die meist ve rschlossen ist. Für Lageraktivitäten muss man nicht ganz nach hinten gehen. Sein Büro ist aber hinter dem Lager, nett eingerichtet und ein paar nackte Männer sind auf der
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