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Kabeljau und Kaviar

Kabeljau und Kaviar

Titel: Kabeljau und Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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die anderen sich
überhaupt bewegt hatten. Dort traf er wie erwartet die drei Frauen vom Party-Service
in ihren hübschen schwarz-weißen Kleidern, die ihm schon beim Servieren
aufgefallen waren. Sie versuchten gerade, die Bestandteile des wahrhaft
opulenten Edwardianischen Mahls zu rekonstruieren. Als sie ihn bemerkten,
begann eine der Frauen leicht hysterisch zu kichern.
    »Sie kommen hier besser nicht rein. Wir
sammeln nämlich gerade Ihr Abendessen vom Boden auf. Um Gottes willen, verraten
Sie bitte bloß niemandem, was ich da gerade gesagt habe. Wissen Sie zufällig,
ob wir weitermachen und servieren sollen — oder was sonst?«
    »Ich würde eher auf was sonst tippen«,
teilte ihr Max mit. »Da draußen sieht es verheerend aus. Wir sind auf dem Weg
zu unserem Ausgangspunkt und müßten eigentlich jeden Moment ankommen. Soweit
ich weiß, sind zwei Personen ernsthaft verletzt, ich habe allerdings keine
Ahnung, wie viele Leichtverletzte es gibt, und der Speisewagen ist von
Glasscherben übersät. Ich nehme an, Mrs. Tolbathy sähe es am liebsten, wenn Sie
die Speisen, die Sie noch retten können, ins Haus tragen und das Buffet dort
aufbauen, so daß die Fahrgäste rasch etwas essen und dann nach Hause fahren
können. Nach Feiern ist bestimmt niemandem mehr zumute.«
    »Wie schade«, sagte die Frau, die
offenbar für den Party-Service verantwortlich war. »Es hat alles so stilvoll
angefangen. Pam und Angie und ich haben uns so auf das Buffet gefreut. Meistens
haben wir nämlich nur langweilige Aufträge wie Firmenessen oder
Hochzeitsempfänge. Wissen Sie, was mit dem Zug passiert ist?«
    »Mr. Tolbathy glaubt, daß
möglicherweise ein Reh auf den Gleisen war«, erwiderte Max. Das mußte als
Erklärung genügen. »Übrigens, wo ist eigentlich Ihr Chef? Der Mann mit dem
ausgefallenen Korkenzieher?«
    Die Frau, die Angie hieß, zuckte die
Schultern. »Marge hat mich auch schon nach ihm gefragt, kurz bevor der Zug
stoppte. Wir dachten, er würde zurückkommen und sich um die Weine für das Essen
kümmern. Mit uns hat er aber gar nichts zu tun. Er ist einfach hier
reinspaziert und hat uns herumkommandiert. Dann ist er wieder gegangen, und
seitdem haben wir ihn nicht mehr gesehen.«
    »Wann haben Sie ihn denn zuerst
gesehen?«
    »Kurz nachdem wir angefangen hatten.
Wir machten gerade das Tablett für den Kaviar zurecht. Wir wußten, daß der
Kaviar sozusagen die Eröffnungsnummer sein sollte. Mrs. Tolbathy — sie ist wirklich
sehr nett, finden Sie nicht? — hatte uns genau erklärt, was wir machen sollten.
Sie hatte die kleingehackten Zwiebeln und das passierte Eigelb und alles schon
selbst vorbereitet, das heißt wahrscheinlich ihre Köchin, und trug die Sachen
runter zum Zug, in Plastikbehältern, zusammen mit dem Kaviar. Sie brachte sogar
einen Dosenöffner mit, für den Fall, daß wir keinen hätten. Es lag kein Grund
vor, warum wir nicht alles selbst servieren sollten.«
    »Aber dann schneite dieser Mann mit der
großen Kette um den Hals plötzlich herein und sagte, er würde sich um alles
kümmern«, sagte Pam.
    »Hat er sich Ihnen nicht vorgestellt?«
fragte Max.
    »Nö. Wir haben natürlich angenommen, er
sei der Butler der Tolbathys, also haben wir ihm das Feld überlassen.«
    »Was genau hat er denn getan?«
    »Eigentlich nicht viel. Wir hatten die
Schüsseln für den Tafelaufsatz bereitgestellt und sogar schon angefangen, sie
aufzufüllen. Er meinte, wir sollten ruhig weitermachen und alles vorbereiten.
Aber als ich die Kaviarbüchse öffnen wollte, hat er mich nicht gelassen. Wir
haben nämlich eine spezielle Glasschüssel, die genau in den Rücken des Schwans
paßt, wissen Sie. Ich persönlich fand ja, daß Mrs. Tolbathy ein ganz schönes
Risiko einging, den kostbaren Tafelaufsatz hier im Zug zu benutzen. Ist er etwa
beschädigt worden?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand Max.
»Und was hat der Mann gesagt?«
    »Er hat gesagt, daß Mrs. Tolbathy es so
wünsche. Dann hat er mir aufgetragen, die Schüssel und die Dose mit dem
Dosenöffner auf das Tablett zu stellen. Er selbst wollte das Tablett dann in
den Speisewagen tragen und die Büchse am Serviertisch öffnen, um zu zeigen, wie
frisch der Kaviar ist. So eine Prozedur hatten wir noch nie erlebt. Können Sie
mir vielleicht verraten, was so vornehm daran sein soll, wenn jemand vor einer
Partygesellschaft vorführt, wie man eine Büchse öffnet?«
    »Da muß ich leider passen«, sagte Max.
»Ich persönlich schwärme sowieso nicht besonders für Kaviar.

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