Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)
blinkende Lichter.«
Als ich an jenem Abend zurück zum Rembrandtplein kam, sang ein Straßenmusiker, umringt von Touristen und Nachtschwärmern, Bob Dylan. Paare saßen auf Bänken und rauchten. Eine Gruppe, die offenbar einen Junggesellenabschied feierte, stürmte vorbei und sorgte für Durcheinander. Amsterdam stand für so Vieles. Doch das Einzige, woran ich denken konnte, war, was passieren würde, wenn man einen Schnitt durch die Straßen und Gebäude machen könnte. In den aufgebrochenen Wänden würde eine andere Art von Rotlicht sichtbar, das gleißende Licht in all den durchtrennten Glasfasersträngen: das eigentliche Rohmaterial des Internets – und, mehr noch, des Informationszeitalters.
27 Tony Long, ›It’s Just the ›internet‹ Now‹, Wired News , 16. August 2004, http://www.wired.com/culture/lifestyle/news/ 2004/08/64596 [22.03.2012].
28 Christine Smallwood, ›What Does the Internet Look Like?‹, Baffler 2 , Nr. 1 (2010), S. 8.
29 South Park, ›Keine Verbindung‹, Staffel 12, Folge 6, Erstausstrahlung in den USA am 16. April 2008, in Deutschland am 25. Januar 2009.
30 The IT Crowd , ›Die Rede‹, Staffel 3, Folge 4, Erstausstrahlung in den USA am 12. Dezember 2008, in Deutschland am 03. Januar 2010.
31 Henry Adams, Die Erziehung des Henry Adams , Zürich 1953 (1918), S. 588 (Hervorhebung des Autors).
32 Russell Shorto, The Island at the Center of the World, New York 2004), S. 28 (dt.: New York – Insel in der Mitte der Welt , Reinbek bei Hamburg 2004).
33 Jaap van Till, Felipe Rodriquez und Erik Huizer, ›Elektronische snelweg moet hogere politieke prioriteit krijgen‹, NRC Handelsblad , 21. August 1997, http://www.nrc.nl/W2/Nieuws/1997/08/21/Med/06.html [30.03.2012].
34 Robert Smithson, Fahrt zu den Monumenten von Passaic, New Jersey , in: Eva Schmidt/Kai Vöckler, Robert Smithson, Gesammelte Schriften , Köln/Wien 2000, S. 97–102.
35 Robert Smithson, Fahrt zu den Monumenten von Passaic , New Jersey , a. a. O., S. 101.
36 Robert Smithson, Fahrt zu den Monumenten von Passaic , New Jersey , a. a. O., S. 100.
5 Städte aus Licht
Auf dem NANOG -Treffen in Austin hatte ich Greg Hankins kennengelernt, auf dessen Karte die etwas unglückliche Tätigkeitsbeschreibung »Lösungsbeauftragter« (»Solutioneer«) prangte. Er mischte sich unter die Peering-Leute, gab bereitwillig Runden aus und schien im Reisezirkus der Netzwerktechniker, Peering-Koordinatoren und Internetknotenbetreiber bestens bekannt und allgemein respektiert. Besonders gut verstand er sich mit Witteman und Orlowski. Er arbeitete jedoch nicht für einen Netzbetreiber oder Internetknoten, sondern für Brocade, eine Firma, die – neben jeder Menge anderer Sachen – die Router der MLX -Serie herstellt. Diese Maschinen sind so groß wie eine Kühlgefrierkombination und kosten so viel wie ein LKW . Für das Funktionieren des Internets sind sie unverzichtbar. In Frankfurt und Amsterdam hatte ich das leistungsfähigste Modell, den MLX -32, unter Volllast laufen sehen. Aber auch in so ziemlich allen anderen Internetgebäuden, die ich besichtigt hatte, stand eine dieser Maschinen oder ein kleinerer Bruder aus der Produktion von Brocade oder einem seiner Konkurrenten wie Cisco oder Force10. Und überall dort, wo ich nicht einen der großen Router in seinem Käfig sah, stolperte ich im Halbdunkel der Flure des Rechenzentrums über die Schachtel, in die er verpackt gewesen war – so als hätte ein Bär hier sein Revier markiert. Solche Schachteln waren die untrüglichen Merkmale des physischen Internets, der unmissverständliche Beweis, dass ein Gebäude im Internet eine ernst zu nehmende Rolle spielte. Mir gefiel daran vor allem, dass diese Router die kleinste physikalische Einheit des Internets waren, auch wenn es sie in ganz unterschiedlichen Größen gab: der blinkende Kasten hinter meinem Sofa war ebenso ein Router wie der erste IMP von Leonard Kleinrock. Mit einem Router fing und fängt alles an.
Aber was wusste ich eigentlich darüber, was in ihnen vorging? Ich hatte manches über die Geographie des Internets gelernt; darüber, wo man es finden konnte. Doch ich wusste kaum etwas darüber, was es war. Bei mir zu Hause war das Internet aus Kupfer: der Draht in meinem Hinterhof, die Leitungen zu meinem Schreibtisch, das letzte Stückchen Telefonkabel an meinem Festnetztelefon. Aber im Kern war das Internet aus Glas – aus dünnen, von Licht durchpulsten Glasfasern. Bislang hatte ich stets das beruhigende Gefühl
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