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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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gehabt, dass es im Internet immer einen klar vorgezeichneten physikalischen Pfad gibt, sei es ein einzelnes gelbes Glasfaserkabel, ein Kontinente verbindendes Tiefseekabel oder ein ganzes Bündel aus mehreren Hundert Glasfasern. Doch was in einem Router vor sich ging, war dem bloßen Auge verborgen. Wie sah der physikalische Pfad in einem Router aus? Und was konnte ich von ihm darüber lernen, wie alles andere zusammenhing? Was war die Reductio ad absurdum des Kabelsalats?
    Das Internet ist eine menschliche Erfindung, deren Triebe die ganze Welt umspannen. Wie wurden all diese Verästelungen zwischen das bereits Vorhandene hineingezwängt? Verliefen sie unter Gebäuden oder von einem Telefonmasten zum nächsten? Nahmen sie alte, verlassene Lagerhallen in Besitz oder formten sie neue Stadtviertel? Ich hatte nicht vor, einen Doktor in Elektrotechnik zu machen, aber ich hoffte, ein klein wenig, nun ja, Licht ins Dunkel der Vorgänge in diesen schwarzen Kästen und gelben Kabeln zu bringen. Hankins war ständig unterwegs und hatte keine Zeit für mich. Aber einer von seinen Leuten unten in San José erzählte mir etwas über die Macht des Lichtes.
    Brocade hatte seinen Hauptsitz im Silicon Valley, in einem Gebäude mit verspiegelten Fenstern im Schatten des Flughafens von San José. Der Mann, der mich in der Eingangshalle abholte, war Par Westesson. Sein Job besteht darin, Brocades leistungsfähigste Maschinen zu vernetzen, um einen der größten Internetknoten zu simulieren – und sie dann an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu bringen, um herauszufinden, wie man sie verbessern könnte. »Wir ziehen ein Kabel raus oder fahren einen der Router herunter, während Daten durchlaufen«, erklärte Westesson. »Das ist so mein täglich Brot.« Meinem Eindruck nach konnte er es nicht ausstehen, wenn etwas nicht funktionierte. Der gebürtige Schwede trug ein ordentlich gebügeltes, hellbraun kariertes Hemd und eine braune Khakihose. Seine blauen Augen waren von den vielen Stunden getrübt, die er im Neonlicht und der trockenen Luft des Labors verbracht hatte. Das Labor hatte die Größe eines kleinen Lebensmittelladens. Jede Menge Techniker standen in Zweier- oder Dreiergruppen vor Doppelmonitoren oder kramten in Kisten mit Glasfaserkabeln und Ersatzteilen. Zum Schutz gegen die Sonne waren die Jalousien heruntergelassen. Westesson meinte, ich solle das Labor als eine Art Spielwiese betrachten. Ich könne jederzeit eine dieser Maschinen auseinandernehmen, ohne dem Internet Schaden zuzufügen.
    Der größte und geistloseste der vier wichtigsten Bestandteile eines Routers ist das »Chassis«, das aktenschrankartige Gehäuse, das dem Router seine äußere Form gibt, vergleichbar dem Chassis eines Autos. Etwas kleiner und intelligenter ist die »Rückwandplatine«, im Falle eines MLX -32 eine von labyrinthartigen Kupferlinien überzogene Stahlplatte, größer als eine Pizza. Die Aufgabe eines Routers gleicht im Grunde der eines Mitarbeiters am Empfang eines Bürogebäudes. Wenn ein Datenschnipsel hereinkommt, zeigt es dem Mitarbeiter seinen Zielort und fragt: »Wo muss ich hin?« Daraufhin zeigt ihm der Mitarbeiter den richtigen Aufzug beziehungsweise die richtige Treppe – beim Router die vorgegebenen Pfade zwischen den Ein- und Ausgängen, die auf der Rückwandplatine verlaufen. Der dritte wichtige Bestandteil sind die »Schnittstellenkarten«, die darüber entscheiden, auf welchem Weg ein Bit weitergeschickt wird – sie entsprechen in unserem Bild den Mitarbeitern am Empfang. Und schließlich gibt es noch die »optischen Module«, die optische Signale senden und empfangen und zwischen optischen und elektrischen Signalen hin und her übersetzen. Letztlich ist eine Schnittstellenkarte nichts anderes als ein Schalter, vergleichbar mit jenem, mit dem Sie an Ihrer Stereoanlage zwischen Radio und CD wählen. Und ein optisches Modul ist nichts anderes als eine Glühbirne, die man ein- und ausschalten kann. Das Erstaunliche an ihnen ist ihre Schnelligkeit.
    »Also ein Gig ist eine Milliarde«, sagte Westesson lässig. In seiner Hand lag ein optisches Modul vom Typ » SFP +«. Es sah aus wie eine Kaugummipackung aus Stahl, war so schwer wie Blei und kostete so viel wie ein Laptop. Das Gehäuse enthielt einen Laser, den man pro Sekunde zehn Milliarden Mal an- und abschalten konnte und der so Lichtsignale durch ein Glasfaserkabel schickte. Ein »Bit« ist die Grundeinheit der Informationstechnologie, eine Null oder eine Eins, ein Ja oder

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