Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)
Ibrahim und Maximilian angewiesen, den Bergewagen für die Talseite vorzubereiten“, meldete Benjamin über Funk. „Die Gondeln sind zwar nicht besetzt, sicherheitshalber sollten wir sie aber trotzdem bergen.“
Nicht nur sicherheitshalber
, dachte Franz erbost.
Es geht um unsere finanzielle Existenz!
Laut sagte er: „Ausgezeichnet. Gibt es etwas Neues wegen der Blockierung des Zugseils?“
„Nein. Ich habe den Seilverlauf mittels Feldstecher kontrolliert. Wenn, dann müsste das Problem im Bereich des Stütze liegen.“
„Könnte es ein Fehler des Reserveantriebs sein?“
„Möglich. Ich habe Maria informiert, die wird in einigen Minuten hier sein.“
„Maria ist unsere leitende Technikerin“, sagte Franz, an die beiden Alpinpolizisten gewandt. „Wenn es an der Elektronik liegt, dann findet sie eine Lösung.“ Er zögerte einen Moment. „Mir wäre sehr recht, wenn die Meldung des Zwischenfalls erst in ein, zwei Stunden an die Presse geht.“
Philipp nickte einsichtig. „Ich verstehe.“ Er warf seinem Kollegen einen raschen Blick zu. „Ich denke, das lässt sich einrichten.“
„Sehr gut.“ Franz lächelte einnehmend.
Die Sekretärin trat ein und balancierte ein riesiges Tablett mit Kannen, Tassen, Brot und Gebäck. Mit einem übertrieben lauten Knall stellte sie ihre Last auf dem ovalen Besprechungstisch ab und stolzierte aus dem Raum, ohne einen der Anwesenden eines Blicks zu würdigen.
Ich denke, ich weiß, wessen Kopf auf alle Fälle rollen wird
, dachte Franz grimmig.
„Darf ich Ihnen Tee oder Kaffee anbieten?“, erkundigte sich Franz und schob seine Mundwinkel einen weiteren Zentimeter nach oben. „Momentan können wir ohnehin nur warten.“
Innsbruck, ZAMG, Wetterdienststelle
Samstag, 6. Januar, 10:15 Uhr
Mit der eintreffenden Kaltfront legte der Wind zu. Die Front war bei Weitem nicht so spektakulär wie die Gewitterlinie vor einer Stunde; ein graues, tief hängendes Wolkenband, das sich rasch von West nach Ost über den Himmel schob. Laut Messungen überschritten die derzeitigen Böen in Innsbruck einhundert Stundenkilometer. Am Patscherkofel waren es hundertvierzig; kein Vergleich zu dem extremen Orkan vorhin, doch würde der Sturm diesmal nicht nach wenigen Minuten nachlassen. Die Wettermodelle zeigten an, dass man zumindest bis morgen früh mit schweren Böen bis in die Täler rechnen musste. Auf den Bergen tobte naturgemäß Orkansturm. Tatsächlich konnte der jetzige Sturm schadenträchtiger sein als die heftigeren, aber deutlich kürzer währenden Böen der Gewitterfront.
Dazu kam der Neuschnee. In den Nordstaulagen würde es die nächsten sechsunddreißig Stunden durchgehend schneien, und das teilweise kräftig. Ein Meter Neuschnee war mehr als realistisch. Berücksichtigte man den heftigen Wind, musste mit extremen Verwehungen und einem sprunghaften Anstieg der Lawinengefahr gerechnet werden. Nein, dieses Orkantief war noch lange nicht überstanden.
Andreas schlug den Mantelkragen hoch und kniff die Augen zusammen, als eine weitere Sturmböe in den Raum fauchte. Sie wirbelte Papierfetzen, Staub und die ersten Schneeflocken durch die Luft. Die heil gebliebenen Fenster des Büros vibrierten gefährlich.
„Bitte verlassen Sie den Raum“, sagte der Feuerwehrmann. „Wir müssen das Zimmer evakuieren. Durch die weit reichenden Schäden in der Stadt haben wir nicht genug Leute, um hier Sicherungsmaßnahmen durchzuführen.“
„Ja, ist verständlich“, erwiderte Andreas und blickte auf sein Diensttelefon. Vor einigen Minuten hatte er eine Weiterleitung auf sein Handy eingerichtet. Sollte er sich in Kitzbühel nach dem Stand der Dinge erkundigen?
Nein. Er hatte getan, was er konnte. Falls die Verantwortlichen wettertechnische Informationen benötigten, würden sie sich schon melden.
Andreas hob seinen Rucksack und den Laptop vom Tisch, dann folgte er dem Feuerwehrmann auf den Gang. So erschöpft er sich auch fühlte, aber noch konnte er nicht heimfahren. Das Telefon läutete ununterbrochen. Einsatzkräfte, Vorgesetzte und verschreckte Bürger aus ganz Tirol verlangten nach Auskünften zur aktuellen Wetterlage. Selbst zu zweit wurden Peter und er kaum Herren der Lage.
Andreas rieb sich die pochenden Schläfen, als er gemeinsam mit Peter das improvisierte Ersatzbüro ansteuerte.
Wenigstens werden die Überstunden gut bezahlt
, dachte er.
Schiregion Kitzbühel, 3S-Bahn, Kabine 14
Samstag, 6. Januar, 10:25 Uhr
„Mama“, sagte Samantha kleinlaut. „Ich muss wirklich
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