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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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das Reifenprofil mit den Spuren aus Nygårdshaugen übereinstimmte und dass sie jetzt nach einem grünen Hyundai Accent fahndeten. Dann trat er aufs Gaspedal und erzählte Anton beim Verlassen des Hotelgeländes, dass der Lieferwagen vergangene Nacht zur kriminaltechnischen Untersuchung in den Keller des Polizeireviers gebracht worden war.
    Langsam dämmerte Anton, dass Kval ihn gestern Abend deshalb angerufen hatte. Nicht weil er eine Schulter zum Ausweinen brauchte. «Und wie sah der Lieferwagen aus?»
    «Er hatte kein Schachbrettmuster, wenn du darauf hinauswillst.»
    «Dann ist es nicht das ‹Karoauto›.»
    «Wer weiß, ob es dieses mysteriöse ‹Karoauto› überhaupt gibt. Andererseits ist an dem Lieferwagen so ziemlich alles mysteriös und merkwürdig.»
    «Wie auch an Nils Jahr.»
    Torp erinnerte Anton daran, dass die Schilder gestohlen worden waren und das Auto aus dem Ausland stammte. «Ehrlich gesagt, glaube ich, dass es im Revier momentan mehr zu holen gibt als in diesem Kuhkaff von Slitu.»
    «Halt die Luft an.» Anton deutete auf die Esso-Tankstelle in Grålum. «Fahr da mal rein. Ich brauch was, womit ich mir unterwegs den Schnabel wässern kann. Nach Slitu ist es schon bei sommerlichen Straßenverhältnissen weit, da kannst du dir ausrechnen, wie lange es bei diesem Wetter dauert, noch dazu in diesem Steinzeit-Auto mit Heckantrieb.»
     
    Eine Stunde und fünfzehn Minuten später bog Torp auf dem Askimveien nach rechts in den Ultvedtveien. Schweigend legten sie ein längeres Stück zurück. Torp konzentrierte sich auf die GPS -Anweisungen in seinem Handy, während Anton Erdnüsse knabberte. In regelmäßigen Abständen sah er nach, ob ihm sein ehemaliger Kollege vom Drogendezernat im Polizeirevier Stadtmitte eine SMS mit Neuigkeiten über Nils Jahr geschickt hatte. Torp bremste. Blinkte zunächst nach rechts, bog dann aber nach links in den Toppenveien ein.
    Einfamilienhäuser säumten die Straße. Sie erweckten den Eindruck, als wären sie in den siebziger oder achtziger Jahren erbaut worden. Einstöckig und mit gleich großen Gärten ausgestattet. Eine Art kommunistische Symmetrie: Niemand sollte sich abheben, hier waren alle gleich. In den Fenstern standen Kerzenleuchter, in manchen hing noch ein Adventsstern darüber. Torp hielt vor einem beigefarbenen Haus. Sie stiegen aus. Der Vorgarten war mit Schnee bedeckt, nur ein schmaler geräumter Pfad führte an der Hauswand entlang. So schmal, dass sie nicht nebeneinander gehen konnten. Zur Eingangstür führten vier Treppenstufen nach oben. Anton klingelte dreimal, bevor er ebenso oft mit den Fingerknöcheln gegen die Tür klopfte. Er wandte sich an Torp und sagte: «Es war vier Grad minus, als du mich am Hotel eingesammelt hast, aber im Verhältnis zu hier war das warm.» Er schob die Hände in die engen Taschen seiner Jeans. Zog sie wieder heraus und steckte sie in die Seitentaschen der Lederjacke.
    «Niemand zu Hause!», rief eine helle Stimme aus dem Nachbarhaus.
    Anton lehnte sich über das vereiste Treppengeländer. «Sicher?»
    «So viel zum Thema unangemeldet kommen», stichelte Torp leise von hinten.
    «Er ist bei der Physiotherapie. Kommt normalerweise mit dem Bus Viertel vor elf.»
    Anton warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr, bevor er sich dem grauen Haarbüschel zuwandte, das aus einem der Fenster jenseits dessen herausguckte, was im Sommer eine dichte, grüne Hecke sein musste.
    «Ist es weit?»
    «Die Busfahrt dauert acht Minuten», erklärte die Nachbarin. «Den nehm ich auch immer. Jeden Montag. Ich geh wegen meinen Schultern hin, wissen Sie. Aber heute ist ja Freitag, das ist Oscars Tag. Probleme mit dem Rücken. Ist meistens kurz nach elf zurück.»
    «Danke.»
    Als sie sich wieder ins Auto setzten, zeigte die Uhr am Armaturenbrett drei Minuten nach halb zehn. Exakt dasselbe wie Antons Uhr.
    «Schmeiß die Mühle an, bevor mir die Nüsse einfrieren. Und damit meine ich nicht die Erdnüsse», sagte Anton und öffnete die weiße Esso-Tüte. Sie enthielt Cremehütchen, einen halben Liter Cola, einen Caramello-Riegel und eine Packung Marzipanstangen. Er schnappte sich den Caramello.
    «Ich kann den Motor hier nicht einfach laufen lassen.»
    «Sagt wer?»
    «Äh … wir?»
    «Lass den Motor an», kommandierte Anton.
    Beim zweiten Anlauf sprang er an. Als Anton gerade das Papier von seinem Caramello aufriss, klingelte das Handy in der Tasche seines Fahrers.
    «Das ist Kval», sagte Torp.
    Anton nahm ihm das Telefon aus der Hand.

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