Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
Vom Netzwerk:
Rücken. Nicht einmal ich.»
    Der Dezernatsleiter seufzte schicksalsergeben. Machte kehrt und sagte im Hinausgehen: «Komm mit. Und vergiss deine Reisetasche nicht.»
    Anton blieb noch eine Minute sitzen. Dann öffnete er die beiden Schranktüren neben dem Fenster und zog die braune Lederjacke an, die an einem der drei Haken hing. Er brauchte nicht nachzusehen, ob die Tasche alles Notwendige enthielt. Er hatte sie vor zehn Tagen gepackt, als er von einem Job in Bergen zurückkam. Sie war immer auf Stand-by. Seit fast neun Jahren war die schwarze Tasche Antons treue Reisegefährtin, sie enthielt einen Kulturbeutel mit Rasierzeug, Socken, Unterwäsche, ein paar Pullover mit und ohne Kapuze, T-Shirts und vier oder fünf Jeans. Hinzu kam noch ein weißes Oberhemd, das schon seit etlichen Jahren unangetastet in der einen Seitentasche steckte. Während seiner ersten Jahre bei der Kripo hatte Elisabeth ihm die Tasche gepackt. Der Inhalt war im Großen und Ganzen derselbe gewesen, nur dass sie ihm auch ein paar Anzüge, frischgebügelte Hemden und eine Badehose eingepackt hatte – für den Fall, dass ihm etwas Zeit für ein paar Bahnen im Hotelschwimmbad blieb. Wozu es jedoch nie kam.
    Sie hatte immer gesagt, im Anzug finde sie ihn am attraktivsten. Wahrscheinlich deshalb, vermutete Anton, weil er dann nicht wie ein Polizist aussah. Vielleicht stellte sie sich vor, dass er einem anderen Beruf nachging, wenn er das Haus ausnahmsweise im Anzug verließ und sie ihm vom Küchenfenster aus zuwinkte. Vielleicht bildete sie sich ein, er sei ein ganz normaler Geschäftsmann auf dem Weg zu einem Seminar. Oder ein Anwalt, der einen Mandanten treffen wollte.
    Vielleicht hatte sie sich aber auch ausgemalt, dass er einer dieser verfluchten Investoren sei.
    Scheiße.
    Er schnappte sich seine Tasche. Ging aus dem Büro und bog nach rechts ab. Im Flur stand so etwas wie ein Nachttisch mit roter Tischdecke und einer Dose Pfefferkuchen. Er bediente sich aus der Dose und schob sich drei Pfefferkuchen in den Mund, bevor er in das Büro stapfte, das von seinem aus gesehen vier Türen entfernt lag. Der Blick des Dezernatsleiters wanderte zwischen Bildschirm und Tastatur hin und her. Skulstads schlanke Pianistenhände bewegten sich so langsam über die Tasten, als wäre er neunzig. Anton ließ die Tasche mit einem dumpfen Knall auf den Boden fallen und sank auf den Stuhl gegenüber vom Schreibtisch. Rutschte mit dem Hintern auf der Sitzfläche nach vorn, sodass er auf dem Stuhl mehr lag als saß, und faltete die Hände hinter dem Kopf.
    «Wer ist tot?», fragte er gleichgültig.
    «Hm», erwiderte der Dezernatsleiter desinteressiert. «Eine Sekunde. Muss noch schnell was fertig machen.»
    Sechseinhalb Minuten später blickte Skulstad auf und sah ihn an.
    «Also.» Der Dezernatsleiter faltete auf dem Schreibtisch die Hände. «Was ist los mit dir? Du siehst aus wie ein begossener Pudel.» Ein Grinsen zog über sein Gesicht.
    «Elisabeth hat das Haus verkauft.»
    «Aha. Was hat sie dafür bekommen?», fragte er neugierig.
    «Weiß ich nicht. Will ich auch gar nicht wissen. Ich weiß nur, dass ich übervorteilt wurde, als sie mich damals ausgezahlt hat. Der Gutachter bekam schon glänzende Augen, wenn er sie nur ansah. Hatte wohl kapiert, was Sache war, und versucht, bei ihr zu punkten, indem er das Haus niedriger bewertet. Verfluchter Mistkerl.»
    «Jetzt übertreibst du aber», lachte Skulstad.
    «Sehr witzig», erwiderte Anton verärgert. «Ich lach mich tot. Gleich mach ich mir vor Lachen in die Hose, so lustig ist das. Und willst du hören, was das Allerlustigste ist?»
    Skulstad nickte lächelnd.
    «Sie zieht mit Herlov Langgaard zusammen.»
    Der Dezernatsleiter stieß einen langen, hohen Pfiff aus.
    «Na, da hat sie sich aber einen schönen Goldfisch an Land gezogen. Freut mich.» Er sah Anton abwartend an, dieser sagte nichts. «Was hast du denn gedacht? Dass sie den Rest ihres Lebens allein bleibt? Eine so attraktive Frau?» Er grinste. «Eher wundert es mich, dass das erst jetzt passiert. Und Langgaard scheint mir auch ein netter, bodenständiger Kerl zu sein.»
    «Mit Sicherheit», erwiderte Anton, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und kratzte sich am Hinterkopf. «Also gut. Muss ich weit weg?» Sein Tonfall verriet die leise Hoffnung, dem könnte so sein.
    «Geht so.» Skulstad stand auf. «Nein. Sarpsborg.» Er nahm einige Unterlagen vom Tisch. «Das Briefing machen wir in Nummer drei.»
    Nummer drei – der kleine Besprechungsraum

Weitere Kostenlose Bücher