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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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schon», sagte Bernandas. «Aber dann ist er ja frühestens Donnerstag hier?»
    «Na und?»
    «
Na und?
Was soll ich bis dahin mit den beiden Heulsusen machen?»
    «Weißt du, was du bist?», zischte Doskino. Er gab Bernandas keine Gelegenheit zu antworten, bevor er fortfuhr: «Du bist der undankbarste Mensch der Welt. Donnerstag. Ich will erst wieder von dir hören, wenn du in Malmö bist.»
    Bernandas ging zurück. Die Jungen saßen auf dem Sofa neben dem Ölofen und hatten eine Decke über sich gebreitet. Leonas hatte den Stift erbeutet und malte etwas, was Bernandas nicht erkennen konnte.
    Er sah sich um. Er hatte im Kühlschrank nachgesehen, doch abgesehen von einem Stück Käse, das so alt war, dass es bald von selbst herausgekrochen käme, war er leer. In einer Schublade hatte er einen kleinen Rest trockenes Brot gefunden, mit dem er seinen wie auch den Hunger der Jungen fürs Erste hatte stillen können. Wenn er die Scheiben nicht dicker als einen halben Zentimeter schnitt, könnte das Brot vielleicht weitere sechs Scheiben hergeben.
    Er ging in die Küche. Beobachtete von dort die beiden Jungen. Jetzt waren sie tatsächlich friedlich. Er hatte sich nie Kinder gewünscht, und nachdem er gestern Abend mitbekommen hatte, wie die beiden miteinander umgingen, wollte er auf keinen Fall welche in die Welt setzen. Dafür liebte er seine eigene Freiheit zu sehr.
    Sein Blick glitt weiter. Über dem Sofa hingen sieben weiße Gipsplatten in einer Reihe. Es sah so aus, als zeigten sie Handabdrücke. Völlig wertlos. Sonst hätte er sie mitgenommen und zu Hause verhökert.
    Dreitausend Euro. Ein Hohn, dachte Bernandas. Er ging wieder nach draußen zur Klippe und zückte sein Handy. Wartete, bis drei Balken angezeigt wurden, dann rief er wie versprochen seine Schwester an.
    «Bist du zu Hause?», fragte sie sofort. «Bist du wieder zu Hause?»
    Er wusste, dass sie die Antwort kannte. Es war lediglich ihre Art, eine Standpauke einzuleiten. Gleich würde sie loslegen. Er konnte es an ihrem Atem hören.
    «Hallo, Viktorija …»
    «Du bist also noch nicht zu Hause. So lange dauert die Fahrt doch gar nicht. Ich habe auf einer Karte nachgesehen. Wo in Norwegen bist du?»
    «Viktorija …» Seine Stimme klang kleinlaut. Sein ganzes Leben lang hatte er seine Spielchen mit ihr getrieben. Seit er mit vier Jahren großer Bruder geworden war. Hatte sie hart und unerschrocken werden lassen. Furchtlos. Als Erwachsene hatte sie sich revanchiert, indem sie ihn verbal zusammenfaltete, wenn er mal wieder Mist gebaut hatte. Wie jetzt.
    «Fang gar nicht erst an», sagte sie enttäuscht. «Ich frage nicht einmal, was du treibst, ich will es gar nicht wissen. Aber du hast es versprochen, Bernandas. Du hast mir
versprochen
, dass du mit deinen bescheuerten Eskapaden aufhörst.»
    Bernandas setzte zu einer Antwort an, hielt jedoch inne, bevor das erste Wort über seine Lippen gekommen war. Sie hatte recht. Er hatte es versprochen.
    «Ich komme lediglich etwas später», sagte er. «Das Treffen mit dem Typen, zu dem ich wollte, ist geplatzt, und jetzt warten wir darauf, dass wir abgeholt werden.»
    «Wir?»
    Šetonas.
Satan.
    «Ja … wir sind zu zweit.» Er lachte unbefangen, um sich eine lange Lüge zu ersparen. «Ich kenne mich ja nicht aus. Du solltest mal den ganzen Schnee hier oben sehen, Viktorija. Das würde dir gefallen. Vielleicht können wir zwei m–»
    «Ich bin einfach nur traurig, Bernandas. Du hattest es versprochen. Mach’s gut.»
    Er konnte gerade noch hören, wie ihre Stimme kippte, dann machte es klick. Er blieb eine Weile stehen und überlegte, ob er sie noch einmal anrufen und ihr alles erklären sollte. Warum er sich jetzt in dieser Lage befand. Dann wäre sie vielleicht stolz auf ihn, weil er eine Anweisung verweigert hatte.
    Er ging zurück zum Haus. Starrte auf die braune Tapete in der Küche. Die beiden Kochplatten waren erst kürzlich gereinigt worden. Das Paket, auf dem er den Namen und die Adresse des Mannes gefunden hatte, der inzwischen tot war, stand auf der Küchenzeile. Er zog es zu sich heran. Löste mit dem Zeigefinger das Ende des Klebebands, das das Paket umgab. Zog es ganz ab und ließ es auf die Ablage fallen. Die Deckel zeigten leicht nach oben. Er faltete sie zur Seite. Unter einer Schicht kleiner, rosa Styroporwürfel lag ein vakuumverpackter Gegenstand. Er griff hinein. Schürfte sich an der scharfen Kante den Mittelfinger auf. Nahm den Gegenstand hinaus.
    Durch die transparente Plastikfolie sah er

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