Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
Vom Netzwerk:
Du hast mich schließlich bedient.»
    Er konnte ihr ansehen, dass sie es nicht annehmen wollte. Er drängte ihr den Schein regelrecht auf. «Jetzt nimm schon.»
    «Vielen Dank», sagte sie verlegen und steckte ihn in die Tasche.
    Sie gingen nach draußen. Ivan zog die Handschuhe an. Ein Hund bellte in der Ferne. Zwei Jugendliche gingen an ihnen vorbei. Der eine nahm Ivan genauer unter die Lupe und fragte sich vermutlich, wie er dieses hübsche Mädchen dazu bekommen hatte, ihn zu begleiten.
    Bei dem Gedanken musste Ivan lächeln. Wenn es doch nur so wäre, wie es aussah.
    «Wo wohnst du?»
    «Nicht weit von hier», antwortete sie und zeigte die Straße hinunter.
    «Wir gehen also Richtung Süden?»
    Sie grinste. «Ja, kann schon sein.» Sie sah hoch zu dem dunklen Himmel, als müsste sie ihren biologischen Kompass ausrichten. «Ja, tatsächlich. Nach Süden.» Sie gluckste. «In die Islandijos gatvė. Dort wohne ich.»
    «Allein?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Zusammen mit drei Freundinnen.»
    Ivan nahm sein Handy heraus. Tippte den Namen der Straße ein.
    Sie überquerten die Straße und gingen an der nächsten Häuserzeile entlang. Viktorija erzählte von einer Prüfung, von der sie kürzlich das Ergebnis erfahren hatte, und dass ihr am Montag die nächste bevorstehe – die letzte vor Weihnachten. Ein blauer Lieferwagen fuhr langsam an ihnen vorbei. Bremste ab, gab dann wieder Gas und verschwand um die nächste Ecke.
    Sie bogen in die Vilniaus gatvė ein. Alte und neue Gebäude standen hier dicht an dicht. Geschäfte, Cafés, ein Souvenirladen. Alle waren um diese Uhrzeit geschlossen. Er hörte den Hund wieder bellen, ganz leise, aber es musste sich um denselben Köter handeln wie vorhin.
    Von hinten war das Brummen eines Motors zu hören, der das Tempo drosselte. Ivan drehte den Kopf. Sah Doskinos Gesicht auf der Beifahrerseite des blauen Lieferwagens. Die Bremsen quietschten, die Seitentür wurde aufgerissen. Viktorija zuckte zusammen und machte schnell einen Schritt zur Seite, wodurch Ivan nun zwischen ihr und dem Wagen stand.
    Dieser hielt ganz an.
    «Schnell», rief Doskino vom Beifahrersitz.
    Ivan packte Viktorijas Arme. Trug sie wie ein trotziges Kind. Sie schrie. Trat um sich, aber ihre Tritte gingen ins Leere. Doskino war im Wagen nach hinten geklettert. Ivan drückte sie auf den Boden. Doskino fesselte ihr die Hände. Zog ihr einen schwarzen Wäschesack über den Kopf.
    Sie fing noch nicht an zu weinen. Schrie vor Wut. Ihre Muskeln waren bis zum Anschlag gespannt. Sie schrie noch einmal. Ihr schmaler Körper bebte vor Zorn. Der Wagen beschleunigte. Ihre vibrierenden Stimmbänder übertönten sowohl den Motor als auch das Hupen eines Autos, das der Lieferwagen schnitt.
    «Mein Bruder bringt euch alle um», sagte sie zitternd. «Bernandas Mielkos, nur damit ihr’s wisst.»

Kapitel 35
    Inzwischen hatte er die Fassade durchschaut. Hatte sie abblättern sehen wie die Farbe an einem uralten Haus. Er hatte den wahren Anton Brekke erblickt, der zum Vorschein kam, wenn er allein war. Wie jetzt. Verschwunden war die verwegene Attitüde. Der Mann, der vor zwei Stunden hocherhobenen Hauptes aus dem grauen Passat gestiegen war, hatte sich schlagartig verändert, sobald er sein Hotelzimmer betrat. Die Deckenbeleuchtung ging an und aus, als hätte er nichts Besseres zu tun, als immer wieder auf den Lichtschalter zu drücken. Hoffentlich hatte er nichts Besseres zu tun. Hoffentlich befand er sich nicht einmal in der Nähe der Antwort, die er suchte.
    Dennoch musste er ihn im Blick behalten. Mit eigenen Augen sehen, was der unbestrittene Primus der Kripo trieb. Ob der Instinkt, für den er berühmt war, auch dieses Mal zum Leben erwacht war.
    Nichts deutete darauf hin.
    Mehrmals hatte Anton Brekke mit gesenktem Kopf am Fenster gestanden und zur E 6 hinübergeblickt. Selten länger als ein paar Minuten. Rastlos. Ein paarmal hatte das Display seines Handys sein Gesicht erhellt.
    Er hatte hinter dem Quality Hotel geparkt. Die Stahltür, bei der es sich um den Eingang zur Küche handeln musste, ging auf. Ein junger Mann in Anzughose und in einem weißen Hemd mit Weste trat heraus. Ein Kellner.
    Hier hinten war es dunkel. Hätte der Kellner genau hingesehen, wäre ihm die Gestalt hinter dem Lenkrad vielleicht aufgefallen, doch der junge Mann war viel zu sehr mit seinem Handy beschäftigt. Dann stieg er in ein Auto ein. Dennoch drückte er sich tiefer in den Sitz. Machte sich so unsichtbar wie möglich. Zog die Kapuze seines

Weitere Kostenlose Bücher