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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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jetzt nur noch Ihren Segen zu geben.»
    Ebbs schlug die «Vorschriften der Pole Star Line» mit einem Krach zu. «Das werde ich gewiß nicht tun, Mr. Dancer!» sagte er streng. «Ich will nicht die Verantwortung für Ihr Handeln übernehmen. Gute Nacht!» Annette begann daraufhin wieder zu heulen.

8

    «Lasset uns beten», sprach Kanonikus Swingle.
    Ebbs senkte ehrerbietig das Haupt und begann unter seinen Brauen hervor scharf die Reihen der Passagiere zu mustern.
    Es war am nächsten Morgen, einem Sonntag, und wie ein Feueralarm hatte sich auf dem Schiff die Nachricht verbreitet, daß Ebbs übelster Laune sei. Nach dem Erwachen hatte er das unbestimmte Klima um sich gefühlt, das zwischen den Gewitterwolken des vergangenen Dinners und der unruhigen Atmosphäre der kommenden Cocktail-Party herrschte; sein Schlaf war von einem Paar verliebter Idioten unterbrochen worden; er hatte sich beim Rasieren geschnitten, sein Frühstück war kalt gewesen, beim Berechnen der Morgenposition des Schiffs hatte er einen blödsinnigen Fehler gemacht, und schließlich hatte er hinter dem Flaggenkasten auf der Brücke einen Haufen von Zigarettenstummeln entdeckt. Ebbs war ein sanfter Bursche, doch ein einziger dieser Umstände genügt gewöhnlich, um auf hoher See das delikate Gleichgewicht einer Kapitänsgalle zu stören.
    Da Ebbs in den verflossenen fünfundzwanzig Jahren nur anläßlich des Verscheidens von Schiffskameraden das Gebetbuch zu Rate gezogen hatte, übertrug er die Leitung der geistigen Navigation der Charlemagne dem Kanonikus Swingle. Und nun stand dieser zwischen ihm und Shawe-Wilson an einem flaggengeschmückten Tisch in der Hall der ersten Klasse und sicherte mit seiner monotonen Routine einen berufsmäßig glatten Verlauf des Gottesdienstes. Er war ein magerer Mann jenes unbestimmten mumifizierten Typs, wie er oft in englischen Kathedralen anzutreffen ist, und war von seinem engeren Kreis und von seiner großen faszinierten Kirchengemeinde dazu angeeifert worden, seine Predigten mit der freigebigen Hand eines viktorianischen Architekten auszugestalten.
    «Diesem so gebrechlichen Schifflein, das uns alle dahinträgt, gar ähnlich», drang er in die Zuhörer, «steuern wir ungewiß durch die Strömungen unseres Lebens. Mit knapper Not umschiffen wir so manches Vorgebirge und felsige Kap, streifen töricht an Untiefen und Sandbänken und sind hilflos Sturm und Unwetter ausgeliefert, in Ängsten um unseren lecken Rumpf und unsere schwachen Decks. Blind sind wir für den Leuchtturm, taub für das Nebelhorn; verloren, unfähig des Steuerns suchen wir nach dem Wunder des seligen Hafens...»
    Dieser Trottel macht keine Reklame für meine Navigation, dachte Ebbs und verschränkte die Arme.
    Man erhob sich nun, um «In den Gefahren des Meeres» anzustimmen (Ebbs hatte gegen das «Näher, mein Gott, zu Dir» Einspruch erhoben, da dieses Lied traditionsgemäß für Schiffsuntergänge reserviert war), während Mutt und Jeff mit ihren speziellen frommen Sonntagsgesichtern Cocktail-Tabletts als Sammelteller herumreichten. Passagiere pflegen dem Schiffsgottesdienst fleißig beizuwohnen, weniger deswegen, um aus der unsicheren Umgebung in die Tröstungen der Religion zu flüchten, als um des Mangels anderer Vergnügungen an den Sonntagsmorgen und um der Unmöglichkeit willen, im Bett liegenzubleiben. Ebbs versuchte über sein Gesangbuch hinweg seine Tischgenossen zu eräugen. Annette und Dancer hatten ihre Finger um ein gemeinsames Gebetbuch ineinander geschlungen, die Cokes sangen in seliger Harmonie vereint wie zwei Engel, und Mrs. Porteous unterbrach ab und zu ihre sorgfältig auf Heiligkeit abgestimmte Miene, um feurige Blicke auf ihn und Shawe-Wilson zu werfen. Mrs. Judd war gebeten worden, auf dem Klavier Hymnen zu spielen, und Brigadier Broster stand dräuenden Angesichts in der ersten Reihe. Der Kanonikus sprach ein Bittgebet, das fünfundzwanzig Minuten dauerte, dann sangen alle die Nationalhymne und eilten hinab, um das Wohlgefühl ihrer Rechtschaffenheit durch einen morgendlichen Gin zu verstärken. Vom Heck der Charlemagne wurde die Sonntagsflagge niedergeholt, die Sammlung nachgezählt und nach unten abgerundet dem Zahlmeister ausgefolgt, und damit war, zumindest was das Schiff betraf, der Sonntag erledigt.
    Ebbs und Shawe-Wilson setzten ihre Mützen wieder auf und verließen die Hall, um sich auf den «Square» zu begeben, eine Örtlichkeit bei der Ausfallstür der ersten Klasse, wo sich das Büro des Zahlmeisters und

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