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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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der Laden des Friseurs befanden; dies war der Marktplatz des Schiffs, wo Nachrichten aufgegeben, Aufträge entgegengenommen, Mädchen beäugt und Klatsch ausgetauscht werden konnten.
    «Nach meiner einigermaßen gestörten Nachtruhe werde ich heute davon Abstand nehmen, die übliche Sonntagsinspektion des Kapitäns zu absolvieren», kündigte Ebbs gähnend an. «Statt dessen will ich nachmittags allein einen zwanglosen Rundgang durch das Schiff unternehmen.»
    «Damit machen Sie sich bei den Leuten nicht sehr populär, Sir», sagte Shawe-Wilson sofort. «Die mögen es gar nicht sehr, wenn der Kapitän sie ausschnüffelt.»
    «Wenn Sie freundlichst warten wollten, bis ich meine Bemerkungen beendet habe», sprach Ebbs geduldig, «würden Sie mir vielleicht Ihren wohlgemeinten Rat ersparen, wie ich das Kommando meines Schiffs zu führen habe. Ich wünsche, daß Sie alle Abteilungen von meiner Absicht verständigen, aus dem ganz speziellen Grunde, um zu verhindern, daß irgend jemand das Gefühl hat, zu werden, wie Sie sich auszudrücken belieben.»
    «Kapitän Buckle überließ gewöhnlich die Inspektion und alles Weitere mir, Sir. »
    «Kapitän Buckle ist, wie ich Ihnen nur ungern in Erinnerung bringe, nicht mehr hier.»
    «Oh, bitte sehr, Sir. Ich machte schließlich nur einen Vorschlag. Ich dachte bloß, daß Sie es im Augenblick vorziehen, sich darauf zu konzentrieren, den Umgang mit den Passagieren zu lernen.»
    «Mr. Shawe-Wilson -! » Ebbs bändigte seinen Zorn und schneuzte sich. Dann fuhr er fort: «Ich habe vollstes Zutrauen zu meiner Fähigkeit, sowohl mit dem Schiff als auch mit den Leuten darauf zurechtzukommen - wollen Sie sich das bitte hinter die Ohren schreiben und dort behalten.»
    «Sehr wohl, Sir.»
    «Wie steht's übrigens mit den Bootsmanövern? Laut den Vorschriften der Gesellschaft tragen Sie die Verantwortung dafür. Warum haben wir noch keine Bootsmanöver gehabt? Wir sind jetzt fast schon eine Woche unterwegs.»
    «Das Wetter war zu stürmisch, Sir.»
    «Diese Antwort, Mr. Shawe-Wilson, würde vor einem Untersuchungsrichter etwas lächerlich klingen. Wir werden heute um vier Uhr Mannschaft und Passagiere antreten lassen.»
    «Aber es ist doch Sonntag, Sir!»
    «Ich war mir nicht bewußt, Mr. Shawe-Wilson, daß sich Ihre religiösen Grundsätze so weit erstrecken.»
    «An einem Sonntag können wir keine Bootsmanöver abhalten, Sir. Da findet nachmittags das Whistturnier der Passagiere statt.»
    «Und wenn's am Waschtag der Passagiere wäre! Bootsmanöver um vier Uhr.»
    «Das eine kann ich Ihnen sagen, Sir: Die Passagiere werden überaus enttäuscht sein», sagte der Erste Offizier.
    «Verdammt noch mal, Mr. Shawe-Wilson! Zuerst kommt wohl die Sicherheit des Schiffs, oder nicht? Ich bin der Kapitän, oder nicht?»
    «Gewiß, Sir...»
    «Also, Bootsmanöver, Mr. Shawe-Wilson. Um vier. Und was, zum Teufel, haben Sie hier zu suchen?»
    Diese Frage schlang sich wie ein Lasso Jay, dem Vierten Offizier, um die Beine. Er war in seiner Sonntagsuniform die Stufen vom Deck herabgeeilt, ohne Ebbs zu bemerken.
    «Sie sind sich doch bewußt, daß die Vorschriften der Gesellschaft den rangjüngeren Offizieren das Betreten der Passagierdecks untersagen?» donnerte Ebbs.
    Jay riß den Mund auf. Er stand mit eingezogenen Schultern da, die Hände in den Rändern seines Rocks verkrallt, den linken Knöchel mit der rechten Ferse reibend. Er befand sich gerade in dem Alter und in dem Rang, um vor allen Kapitänen noch richtig Angst zu haben.
    «Ich wollte die Mittagsposition auf der Karte der Passagiere eintragen, Sir», murmelte Jay. In Wirklichkeit hatte er nach dem Gottesdienst mit einem rothaarigen Mädel im steuerbord gelegenen Bügelraum ein Rendezvous vereinbart, dem ein peinigend erfindungsreicher Billettwechsel vorangegangen war.
    «Jetzt ist es elf Uhr fünfzehn, Mr. Jay.»
    Jay versuchte vergebens, einen Laut von sich zu geben.
    «Wollen Sie sich sofort in Ihren Raum verfügen. Zahlmeister», sprach Ebbs weiter, als Jay wie ein erschrecktes Eichhörnchen hinweggesetzt war, «ich möchte Ihre Getränke-Rechnungsbücher überprüfen, wenn es Ihnen paßt.»
    «Mit dem größten Vergnügen, Sir.» Prittlewell kannte das: wann immer ein Kapitän übelgelaunt erwachte, wollte er die Getränke-Rechnungsbücher sehen. «Ich bringe sie sofort in Ihre Kabine.»
    «Das ist die allgemeine laufende Bilanz», sagte Prittlewell einige Minuten später und bedeckte Ebbs' Schreibtisch mit seinen

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