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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Hälfte behauptet, es nicht zu sein, um ihnen die Zähne lang zu machen.»
    Ebbs knurrte.
    Burtweed kramte an der Innenseite seiner weißen Jacke herum. «Mit Respekt zu sagen, Sir, ich habe da ein Foto von meiner Nichte in Südafrika mit ihren beiden Kleinchen. Wenn Sie wollen, Sir, kann ich's Ihnen bis zum Ende der Fahrt borgen. Sie könnten's auf Ihrem Schreibtisch aufstellen, Sir, um sozusagen die Fliegen zu verscheuchen.»
    Er reichte Ebbs eine ausgefranste und mit Eselsohren versehene Fotografie, Burtweeds Großneffen erfreuten sich eines merkwürdigen Aussehens, da ihre Augen näher zu den Ohren als zu einander standen. Das Foto war koloriert; es hob knallig das blonde Haar und das fliederfarbene Kleid der Mutter hervor und erweckte den Anschein, daß das eine Kind ein «Blaues Baby» wäre, während das andere gerade heftig an Scharlach litte.
    Ebbs lehnte das Bild gegen seinen mit Brandmalerei verzierten Pfeifenständer. «Ich weiß Ihr freundliches Entgegenkommen zu schätzen, Burtweed», sagte er. «Ich hoffe nur, daß sich dies als ein genug wirksames Abschreckungsmittel erweist. Jedenfalls werde ich von jetzt an abends meine Kabine versperrt halten. Nun aber schaffen Sie mir dieses Schmuckstück aus den Augen. Sie können es auf Kabine A 25 zurückstellen. Darf ich mich darauf verlassen, daß Sie das tun werden, ohne Aufsehen zu erregen?»
    «Keine sterbliche Seele wird mich dabei erwischen, Sir», versicherte ihm Burtweed tiefernst. «Sie wären überrascht, Sir, wenn Sie wüßten, was für Dinge ich seinerzeit für meine Kapitäne zurückzugeben hatte.»
    Und nun, sprach Ebbs zu sich selbst, muß ich meinen ganzen Mut für den Lunch zusammennehmen.
    Doch Mrs. Porteous besaß so viel Anstand, sich Kopfschmerzen zuzulegen.

12

    Die Charlemagne begann, sich bei Suez dem heißen ägyptischen Winkel des Mittelmeers zu nähern, und segelte mitten unter den heimwärts strebenden Schiffen dahin, die sich aus dem Kanal nach Norden ergossen. Dieser starke Verkehr zwang Ebbs, wieder einmal persönlich das Kommando auf der Brücke zu übernehmen, und er freute sich, nunmehr eine offizielle Entschuldigung zu haben, den Passagieren fernbleiben und Mrs. Porteous aus den Augen kommen zu können. Er erschien in einem schweren Überzieher und zwei wollenen Halstüchern, verlangte, daß alle Türen und Luken des Kartenhauses geschlossen würden, nieste unablässig und lutschte Formalin-Hustenpastillen, um seinen Offizieren darzutun, daß er eben eine heftige Erkältungskrankheit überstanden habe.
    Am folgenden Nachmittag verlangsamte das Schiff seine Fahrt und glitt in das graue, ölige Wasser zwischen den langen dünnen Armen der Wellenbrecher von Suez. Seine Anker fielen mit einem gewaltigen Klatsch in den Kanal, Barkassen bemächtigten sich der Taue, und es wurde zwischen einem Paar Bojen am Schwanz einer langen Schiffsschlange vertäut. Port Said, untrennbar mit Suez durch Geschichte und Legende verknüpft, Port Said, das knarrende Scharnier zwischen Ost und West, von Kipling dauerhaft geschmiert, kam steuerbordwärts zu liegen. Vom ersten Augenblick an, da McWhirreys Dampfschiffe Sahibs und Soldaten in den vertrauten Lederfauteuils, die so sehr denen der guten Londoner Clubs glichen, zwischen Plymouth und Bombay hin und her pendelten, gehörte ein Pole-Star-Schiff mit seinen geschwärzten Luken bei der Heizöl-Ladestelle ebenso zur Szenerie Port Saids wie der Sand und die neu emporgeschossenen Minarette. Hier schlenderten die für Erkältungen so anfälligen alten Herren, die im Ärmelkanal auf den regennassen Decks kläglich und mantelumhüllt ihre Kraftbrühe geschlürft hatten, majestätisch in ihren geliebten Tropenanzügen umher und riefen gebieterisch nach einem Burra-Drink; und die Stützen der Gesellschaft Britisch-Indiens funkelten wie die Messingbeschläge des Schiffs in der immer kräftiger werdenden Sonne. Als die Charlemagne träge unter dem Standbild Lesseps', der kummervoll den Weg nach Indien wies, vorbeisegelte und die reich geschmückten Gewölbe des maurischen Zollgebäudes sichtete, versammelten sich ihre Passagiere so aufgeregt wie ihre viktorianischen Vorgänger an Deck, um den Orient zum erstenmal ins Auge zu fassen. Sie bemühten sich, mitten unter der fremdartigen Architektur den Heroldsruf des Islams zu entziffern, der bereits in riesigen roten Schriftzeichen auf einer hohen Mauer neben dem Simon-Arzt-Basar sichtbar wurde. Als sich das Schiff näherte, wurde die Aufschrift größer,

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