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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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In der Küche wasche ich das Sperma mit Wasser ab. Es ist weiß, schwer und zäh, wie ein illegitimes Kind, das die Finsternis hervorgebracht hat. Ich trinke ein Glas Wasser nach dem anderen. Doch soviel ich auch trinke, ich kann meinen Durst nicht stillen. Ich fühle mich unerträglich einsam. Im tiefen Dunkel der Nacht, mitten im Wald, empfinde ich eine Einsamkeit, die alle Einsamkeiten übersteigt, in der es weder Jahreszeiten gibt noch Licht. Ich gehe zum Bett zurück, setze mich und seufze laut. Dunkelheit umfängt mich.
     
    DAS etwas in dir nimmt nun deutliche gestalt an. als schwarzer schatten ruht es sich dort aus. die schale ist nirgends mehr zu sehen. sie wurde gesprengt und abgeWORFEN. AN deinen händen ist etwas klebriges. Es FÜHLT sich an wie menschliches blut. du hältst dir beide hände vor die augen, doch das licht reicht nicht aus, um etwas zu erkennen. innen wie aussen ist es viel zu dunkel.

40
    Neben dem Schild »Komura-Gedächtnisbibliothek« hing ein Schild mit dem Hinweis, dass die Bibliothek außer montags von elf bis fünf geöffnet und der Eintritt kostenlos sei. An Dienstagen um zwei Uhr finde eine Führung für Interessenten statt. Hoshino las Nakata alles vor.
    »Ausgerechnet ist heute Montag, also haben sie geschlossen«, sagte der junge Mann und sah auf seine Armbanduhr. »Egal, um diese Zeit wäre sowieso schon zu.«
    »Herr Hoshino.«
    »Was denn?«
    »Diese Bücherei sieht ganz anders aus als die, wo wir vorher waren, nicht?«, sagte Nakata.
    »Hm, das war eine große städtische Bücherei und das hier ist eine Privatbibliothek. Das ist eine ganz andere Liga.«
    »Versteht Nakata nicht. Was ist eine Privatbibliothek?«
    »Ein reicher Mäzen, der Bücher liebt, errichtet einen Ort und stellt die Bücher, die er gesammelt hat, der Öffentlichkeit zur Verfügung. Alle dürfen sie lesen. Eine feine Sache. Nach dem Tor zu schließen, ist sie ganz schön prächtig.«
    »Was ist ein Mäzen?«
    »Ein reicher Mann.«
    »Was ist der Unterschied zwischen einem Mäzen und einem reichen Mann?«
    Hoshino wiegte den Kopf. »Tja, was ist der Unterschied? Weiß ich auch nicht genau. Aber es kommt mir so vor, als wäre ein Mäzen irgendwie kultivierter als ein Reicher.«
    »Was ist kultiviert?«
    »Im Grunde ist jeder, der Geld hat, ein Reicher. Wenn wir Geld hätten, wären wir auch Reiche. Aber Mäzene würden wir nicht. Mäzen zu werden dauert länger.«
    »Das ist aber schwierig.«
    »Ja, schon, aber für uns spielt es sowieso keine Rolle. Wir haben ja nicht mal die Aussicht, gewöhnliche Reiche zu werden.«
    »Herr Hoshino.«
    »Was?«
    »Wenn heute Montag und Ruhetag ist, dann ist die Bibliothek doch geöffnet, wenn wir morgen um elf kommen, oder?«, sagte Nakata.
    »Genau. Morgen ist Dienstag.«
    »Darf Nakata auch in die Bibliothek?«
    »Auf dem Schild steht, dass sie allen offen steht. Also auch dir.«
    »Auch wer nicht lesen kann, darf hinein, ja?«
    »Ja, klar. Die prüfen doch nicht am Eingang, ob einer lesen kann oder nicht«, sagte Hoshino.
    »Dann möchte Nakata hineingehen.«
    »In Ordnung. Gleich morgen früh kommen wir beide her und gehen hinein«, sagte der junge Mann. »Aber nur um sicherzugehen – ist das hier wirklich der Ort? In dieser Bibliothek ist das, was du so dringend suchst, oder?«
    Nakata nahm seine Mütze ab und fuhr sich mit der Hand mehrere Male über das kurze Haar. »Jawohl. So ist es.«
    »Dann brauchen wir also nicht weiterzusuchen?«
    »Nein.«
    »Gott sei Dank«, sagte Hoshino erleichtert. »Ich hatte mir schon überlegt, was ich machen soll, falls die Sache sich bis zum Herbst hinzieht.«
     
    Die beiden fuhren zu Colonel Sanders’ Apartment zurück und schliefen sich aus. Am nächsten Vormittag um elf machten sie sich auf den Weg zur Komura-Gedächtnisbibliothek. Da sie nur zwanzig Minuten von der Wohnung entfernt lag, konnten sie zu Fuß gehen. Den Wagen hatte Hoshino am Morgen zur Autovermietung am Bahnhof zurückgebracht.
    Als sie an der Bibliothek ankamen, stand das Tor weit offen. Ein schwül-heißer Tag kündigte sich an. Der Boden war mit Wasser befeuchtet. Hinter dem Tor sahen sie einen gepflegten Garten.
    »Und nun, alter Freund?«, sagte Hoshino am Tor.
    »Jawohl, bitte.«
    »Wir gehen jetzt in die Bibliothek, und was machen wir dann? Ich frage lieber mal, um irgendwelchen plötzlichen Scherereien vorzubeugen. Auch ich muss mich ja innerlich vorbereiten.«
    Nakata überlegte. »Was wir drinnen machen sollen, weiß Nakata auch nicht. Aber weil es

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