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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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doch tierisches Eiweiß.«
    »Weil diese Lebensmittel hier nicht hergestellt werden können, muss man sie von woanders herbeischaffen. Und eintauschen.«
    Von woanders?
    Der Lange nickt. »So ist es. Wir sind hier keineswegs unabhängig von der Welt. Es gibt noch andere Orte. Mit der Zeit wirst du alles Mögliche erfahren.«
    »Am Abend wird dir jemand etwas zu essen machen«, sagt der kräftige Soldat. »Wenn es dir bis dahin langweilig wird, kannst du fernsehen.«
    »Was kann man denn hier sehen?«
    »Ach, sie zeigen irgendwas«, sagt der Lange ein bisschen verlegen, legt den Kopf schräg und wirft dem Kräftigen einen Blick zu.
    Der legt ebenfalls den Kopf schief und macht ein mürrisches Gesicht. »Eigentlich wissen wir nichts über das Fernsehen, denn wir haben noch nie geguckt.«
    »Vielleicht hilft es den Leuten, die gerade erst angekommen sind. Jedenfalls steht der Apparat da«, sagt der Lange.
    »Du findest bestimmt irgendetwas, das du dir angucken kannst«, sagt der Kräftige.
    »Ruh dich erst mal aus«, sagt der Lange. »Wir müssen jetzt wieder auf unseren Posten zurück.«
    »Danke, dass ihr mich hergebracht habt.«
    »Nein, nein, das war doch ganz leicht«, sagt der Kräftige. »Du bist viel besser zu Fuß als die anderen Leute. Die meisten kommen nicht richtig mit. Wir mussten sogar schon welche tragen. Mit dir war es bequem.«
    »Du hast gesagt, es gebe hier jemanden, den du sehen willst, stimmt’s?«, sagt der Lange.
    Ja.
    »Bestimmt begegnest du der Person bald«, sagt der Lange und nickt. »Denn die Welt hier ist klein.«
    »Leb dich gut ein«, sagt der kräftige Soldat.
    »Wenn du dich einmal eingewöhnt hast, ist es sehr angenehm«, sagt der Lange.
    »Vielen Dank.«
    Die beiden schlagen die Hacken zusammen und salutieren. Dann schultern sie ihre Gewehre und machen sich raschen Schrittes auf den Rückweg zu ihrem Posten. Anscheinend bewachen sie Tag und Nacht den Eingang.
    Ich gehe in die Küche, um einen Blick in den Kühlschrank zu werfen. Tomaten und ein Stück Käse sind darin. Und Eier. Rüben und Karotten ebenfalls. In einem großen Keramikkrug ist Milch. Butter ist auch da. Ich schneide mir von dem Brot, das ich im Schrank finde, einen Kanten ab und esse ihn. Er ist schon ein bisschen hart, schmeckt aber nicht schlecht.
    Die Küche hat ein Spülbecken und auch einen Wasserhahn. Als ich ihn aufdrehe, kommt sauberes, kaltes Wasser heraus. Da es Strom gibt, pumpt man es vielleicht mit einer elektrischen Pumpe aus einem Brunnen herauf. Ich fülle mir einen Becher und trinke.
    Ich schaue aus dem Fenster. Der Himmel ist unverändert grau bewölkt, aber nach Regen sieht es noch immer nicht aus. Obwohl ich lange hinausblicke, kann ich keine menschliche Gestalt entdecken. Der Ort macht einen ausgestorbenen Eindruck. Vielleicht vermeiden es die Bewohner ja auch absichtlich, mir vor Augen zu kommen.
    Ich gehe vom Fenster weg und setze mich auf einen der geraden harten Holzstühle. Es gibt drei davon. Der quadratische Tisch scheint mehrere Male gefirnisst zu sein. An den gekalkten Wänden des Zimmers hängen keine Bilder, keine Fotos und kein Kalender. Nichts als kahle weiße Wände. Von der Decke hängt eine Glühbirne mit einem schlichten, von der Hitze gelblich gewordenen Glasschirm.
    Das Haus wirkt sehr sauber. Ich fahre mit dem Finger über den Tisch und das Fensterbrett, um mich zu überzeugen, dass sich nirgends Staub angesammelt hat. Die Fensterscheibe hat nicht einen Streifen. Den Töpfen, dem Geschirr und den Küchenwerkzeugen ist anzusehen, dass sie nicht neu sind, aber gepflegt und sauber gehalten werden. Neben der Arbeitsplatte stehen zwei altmodische Elektrokocher mit Spiralen. Als ich sie versuchsweise einschalte, werden sie sofort rot glühend.
    Außer dem Tisch und den Stühlen ist ein großer, alter Mitsubishi-Farbfernseher mit Holzverkleidung das einzige Möbelstück in dem Zimmer. Seit seiner Herstellung sind wahrscheinlich fünfzehn oder zwanzig Jahre vergangen. Es liegt keine Fernbedienung dabei. Er sieht aus wie vom Sperrmüll. (Überhaupt wirken die ganzen Elektrogeräte im Haus wie ausrangiert. Sie sind nicht schmutzig und erfüllen ihren Zweck, aber alle sind abgeschabt und aus der Mode). Im Fernsehen läuft ein Film. Die Trapp-Familie. Ich hatte ihn in der Grundschule mit einer Lehrerin auf einer großen Leinwand im Kino gesehen. Er ist einer der wenigen Filme meiner Kindheit (da es in meinem Umfeld keine Erwachsenen gab, die mit mir ins Kino gegangen wären). Während der

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