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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Nebenzimmer ruhte Nakata, natürlich ebenfalls traumlos, hart und fest wie der Stein.
    Als Hoshino gegen sieben Uhr morgens erwachte, ging er sofort ins Nebenzimmer, um nach Nakata zu sehen. Die Klimaanlage brummte unverändert, und ein kalter Wind schlug ihm entgegen. Nakata war natürlich immer noch tot. Es ging nun eine viel dichtere und stärkere Aura des Totseins von ihm aus als am Tag zuvor. Seine Haut war sehr bleich und auch die Art, wie er die Augen geschlossen hielt, wirkte irgendwie fremd. Nun würde Nakata auf keinen Fall mehr Luft holen, aufstehen, »Verzeihen Sie, Herr Hoshino. Nakata hat völlig verschlafen. Entschuldigen Sie vielmals. Nakata wird alles Weitere übernehmen. Seien Sie ganz unbesorgt« sagen und sich um den Eingangsstein kümmern. Nakata war definitiv und endgültig tot. Daran war nicht mehr zu rütteln.
    Da Hoshino in dem eisigen Zimmer fror, ging er hinaus und schloss die Tür hinter sich. In der Küche schaltete er die Kaffeemaschine ein und trank zwei Tassen Kaffee. Er toastete zwei Scheiben Brot und aß sie mit Butter und Marmelade. Nach dem Frühstück setzte er sich auf einen Küchenstuhl, rauchte mehrere Zigaretten und schaute dabei aus dem Fenster. In der Nacht waren die Wolken abgezogen, und vor dem Fenster erstreckte sich ein schon sommerlich blauer Himmel. Zu Füßen des Sofas lag immer noch der Stein. Er hatte wohl seit dem Abend einfach reglos dort gelegen, weder schlafend noch wachend. Versuchsweise hob Hoshino ihn an. Es ging ganz leicht.
    »He«, redete er den Stein munter an. »Ich bin’s, dein alter Freund Hoshino. Kennst du mich noch? Heute leiste ich dir wieder mal den ganzen Tag Gesellschaft.«
    Wie üblich schwieg der Stein.
    »Macht nichts, wenn du mich nicht mehr kennst. Wir haben ja Zeit füreinander. Wir gehen die Sache langsam an.«
    Er setzte sich hin und strich mit der linken Hand über den Stein. Dabei überlegte er, was er nun eigentlich mit ihm reden sollte. Mit einem Stein zu sprechen war eine ganz neue Erfahrung für ihn, und es fiel ihm nicht gerade leicht, ein passendes Thema zu finden. Andererseits war es ja vielleicht auch noch zu früh für allzu anspruchsvolle Themen. Der Tag war noch lang, da konnte er in aller Ruhe erzählen, was ihm in den Sinn kam.
    Nach einigem Nachdenken entschied er sich dafür, über Frauen zu sprechen, und zwar über die verschiedenen Frauen, zu denen er bisher sexuelle Beziehungen gehabt hatte. Wenn er nur die nahm, von denen er die Namen noch wusste, kamen gar nicht so viele zusammen. Er konnte sie an den Fingern abzählen. Es waren sechs. Wie gesagt, ohne die, deren Namen er nicht mehr wusste, aber die wollte er ja auslassen.
    »Hallo Stein, wahrscheinlich interessieren dich die Mädchen, mit denen ich was hatte, nicht die Bohne«, sagte Hoshino, »und du willst so früh am Morgen so was gar nicht hören. Aber was Besseres fällt mir eben nicht ein. Außerdem ist es vielleicht für einen Stein ganz nett, zur Abwechslung mal von was Weichem zu hören. Vielleicht kommt’s dir sogar später mal zugute.«
    Hoshino kramte in seinem Gedächtnis und erzählte in großer Ausführlichkeit alle Episoden, an die er sich noch erinnern konnte. Er begann mit seiner Schulzeit, als er Motorrad fuhr und auf die schiefe Bahn geriet. Die Frau war drei Jahre älter als er gewesen und arbeitete in einer Imbissstube in Gifu. Nachdem er kurze Zeit mit ihr zusammengelebt hatte, wurde es ihr ernst. Sie machte Szenen und rief bei seinen Eltern an, die ihm daraufhin die Hölle heiß machten. Die Sache wurde ihm so lästig, dass er, schon fast mit der Schule fertig, alles hinter sich ließ und zu den Streitkräften ging, wo er sofort in eine Garnison in Yamanashi versetzt wurde. Damit war es zwischen ihnen aus, und er sah sie nie wieder.
    » Lästig ist eigentlich das Schlüsselwort in meinem Leben«, erklärte Hoshino dem Stein. »Kaum wird die Sache ein bisschen kompliziert, mach ich mich aus dem Staub. Nicht dass ich stolz darauf bin, aber Abhauen ist meine Spezialität. Darum hab ich auch bisher nie was zu Ende gebracht. Das ist echt mein wunder Punkt.«
    Sein zweites Mädchen lernte er in der Nähe der Kaserne in Yamanashi kennen. An einem freien Tag hatte er ihr, als sie auf der Straße eine Panne hatte, geholfen, den Reifen ihres Suzuki Alto zu wechseln, und sich mit ihr angefreundet. Sie war ein Jahr älter als er und Krankenschwesternschülerin.
    »Sie war ein richtig süßes Mädchen«, erzählte Hoshino dem Stein. »Hatte große

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