Kafka am Strand
Titten und ein warmes Herz. Sie machte es auch gern. Ich war ja damals erst neunzehn, und wenn wir uns trafen, blieben wir meist den ganzen Tag im Bett. Aber sie war gnadenlos eifersüchtig, und wenn ich mich an einem freien Tag nicht mit ihr treffen, sondern woanders hingehen wollte, halt irgendwas mit Kumpels machen oder so, meckerte sie wie verrückt. Quetschte mich aus. Auch wenn ich ehrlich Antwort gab, glaubte sie mir nie. Am Ende war das der Grund für unsere Trennung. Ungefähr ein Jahr war ich mit ihr zusammen … Du weißt wahrscheinlich nicht, wie das ist, Stein, aber für mich sind solche Verhöre nicht zum Aushalten. Ich krieg da Erstickungsanfälle und Depressionen. Dann hau ich ab. Das Gute an den Streitkräften ist, dass du bei denen jederzeit untertauchen kannst. Du bleibst einfach in der Kaserne, bis die Sache sich abgekühlt hat. Die draußen sind auf Eis gelegt. Wenn du eine Frau loswerden willst, geht nichts über die Armee. Das solltest du dir merken, Stein. Allerdings musst du dich drauf einstellen, Löcher zu graben und Sandsäcke zu schleppen.«
Während er dem Stein erzählte, was ihm gerade so einfiel, überkam den jungen Mann wieder das unleugbare Gefühl, dass er bisher fast nur Mist gebaut hatte. Von den sechs Frauen, mit denen er zusammen gewesen war, waren mindestens vier sehr nett gewesen. (Die anderen beiden waren, objektiv betrachtet, charakterlich nicht ganz einwandfrei.) Sie hatten den jungen Mann im Großen und Ganzen nett behandelt. Auch wenn man sie nicht als atemberaubende Schönheiten bezeichnen konnte, waren sie doch alle auf ihre Weise hübsch gewesen. Hatten mit ihm geschlafen, sooft er wollte. Und sich nicht beschwert, wenn er das Vorspiel ausließ, weil es ihm lästig war. An ihren freien Tagen kochten sie für ihn, und wenn er Geburtstag hatte, kauften sie ihm ein Geschenk. Vor dem Zahltag liehen sie ihm Geld (das er meist zurückzugeben vergaß) und beharrten nicht auf Rückzahlung. Dennoch hatte er sich nie bedankt und alles wie selbstverständlich hingenommen.
Wenn er mit einer Frau zusammen war, schlief er nur mit ihr. Er betrog sie nie. In dieser Hinsicht war er sehr aufrichtig. Aber sobald eine Frau sich nur das geringste bisschen beklagte, ihm mit vernünftigen Argumenten kam, ihn mahnte, eifersüchtig wurde oder ihm zu sparen riet, wenn sie zyklusbedingt eine Spur hysterisch wurde oder anfing, über ihre Zukunftsängste zu sprechen, machte er sich sofort aus dem Staub. Die Hauptsache bei einer Beziehung zu einer Frau bestand für ihn darin, dass es keine Scherereien gab. Kaum tauchte irgendeine Schwierigkeit auf, machte er Schluss, fand die nächste Frau, und das Gleiche wiederholte sich von vorne. Das hielt er für die Lebensweise eines normalen Menschen.
»Weißt du, Stein, wenn ich Frau wäre und so einen egoistischen Typen wie mich am Hals hätte, würde ich die Krise kriegen«, erklärte Hoshino dem Stein. »Im Nachhinein muss ich das selber zugeben. Trotzdem haben sie’s alle ziemlich lange mit mir ausgehalten. Keine Ahnung, wieso.«
Er steckte sich eine Marlboro an und streichelte mit einer Hand den Stein, während er langsam den Rauch ausblies.
»Aber warum bloß? Wie du siehst, sehe ich nicht besonders gut aus. Gut im Bett bin ich auch nicht. Geld habe ich auch keins. Nicht mal einen guten Charakter habe ich, und intelligent bin ich schon gar nicht. Eigentlich bin ich ein einziger Reinfall. Ein armer Bauernsohn aus Gifu, der bei den Streitkräften unterkriecht und dann Fernfahrer wird. Aber wenn ich so zurückschaue, habe ich trotz allem bisher immer ziemlich nette Mädchen abgekriegt. Ich bin zwar nicht gerade ein Frauenschwarm, aber über einen Mangel an Gelegenheiten konnte ich mich nie beklagen. Sie haben es mit mir gemacht, für mich gekocht und mir sogar Geld geliehen. Aber weißt du was, Stein? Ich furchte, diese Glückssträhne wird nicht anhalten. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich kriege bald die Quittung.«
Den ganzen Vormittag über erzählte der junge Mann dem Stein von seinen Beziehungen zu Frauen, wobei er ihn unablässig streichelte. Er gewöhnte sich so daran, dass er kaum noch damit aufhören konnte. Als es von einer Schule in der Nähe zur Mittagspause läutete, ging Hoshino in die Küche und machte sich Udon. Er hackte Frühlingszwiebeln und schlug noch ein Ei hinein.
Nach dem Essen hörte er wieder das »Erzherzog-Trio«.
»He, Stein, alter Junge«, sagte Hoshino am Ende des ersten Satzes. »Ist das nicht eine tolle Musik?
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