Kafka am Strand
Mann in mir ejakulierte. Ich spürte, dass an den Wänden meines Uterus die Samenflüssigkeit meines Mannes haftete. Bei diesem Gefühl verlor ich beinahe den Kopf, umklammerte in meiner Vorstellung den Rücken meines Mannes, spreizte die Beine, soweit es ging, und umschlang seine Schenkel. Während ich mit den Kindern den Berg hinaufstieg, fiel ich offenbar in eine Art von Trance. Vielleicht könnte man sie als Fortsetzung dieses sehr lebendigen Traumes bezeichnen.
Als wir oben angekommen und alle beim Pilzesammeln waren, setzte plötzlich – und zur Unzeit – meine Periode ein. Meine letzte Blutung lag erst zehn Tage zurück, und bis dahin war mein Zyklus immer vollkommen regelmäßiggewesen. Vielleicht hatte der erotische Traum in mir irgendwelche Körperfunktionen stimuliert, die verfrüht meine Periode ausgelöst hatten. Es kam so überraschend, dass ich nicht darauf vorbereitet war. Noch dazu war ich ja mitten im Wald.
Also wies ich die Kinder an, kurz Pause zu machen, und zog mich allein in den Wald zurück, um aus ein paar Handtüchern, die ich dabeihatte, eine notdürftige Binde herzustellen. Die Blutung war sehr stark, und ich war vollkommen durchgeweicht, aber ich nahm an, bis zur Rückkehr zur Schule würde es schon irgendwie gehen. Ich fühlte mich wie benommen und konnte nicht vernünftig denken. Wahrscheinlich hatte ich auch ein schlechtes Gewissen wegen dieses freizügigen Traumes. Noch dazu hatte ich masturbiert und in Gegenwart der Kinder sexuelle Phantasien gehabt. Trotz allem hielt ich ja sehr viel von Disziplin und Selbstbeherrschung.
Ich beschloss, die Kinder ihre Pilze sammeln zu lassen, den Ausflug möglichst rasch zu beenden und hinabzusteigen. Wenn wir wieder in der Schule wären, würde sich das Weitere schon finden. Ich setzte mich hin und schaute den Kindern beim Pilze sammeln zu, indem ich sie dann und wann durchzählte und darauf achtete, dass keins aus meinem Blickfeld verschwand.
Nach einer Weile kam plötzlich einer von den Jungen auf mich zu. Er hielt etwas in der Hand. Der Junge hieß Nakata. Er war es auch, der nach dem Vorfall das Bewusstsein nicht wiedererlangte und längere Zeit im Krankenhaus lag. In der Hand hielt er eines meiner blutgetränkten Handtücher. Mir stockte der Atem. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, denn ich hatte die Sachen ziemlich weit fort an einer Stelle versteckt, an die die Kinder erstens nicht gelangen würden, und wenn doch, hätten sie dort nichts gefunden. Das versteht sich ja von selbst, denn als Frau geniert man sich immer ein bisschen und setzt so etwas nicht den Blicken anderer aus. Wie der Junge das Handtuch hatte finden können, war mir ein Rätsel.
Ehe ich mich versah, schlug ich den kleinen Nakata. Ich packte ihn an der Schulter und ohrfeigte ihn mehrmals. Wahrscheinlich schrie ich ihn auch an. Ich war außer mir und hatte ganz gewiss die Kontrolle über mich verloren. Ich glaube, vor Scham war ich in eine Art von Schockzustand geraten. Bis dahin hatte ich noch nie ein Kind geschlagen. Aber die Person da war nicht ich.
Nun starrten mich alle Kinder an. Einige im Stehen, andere im Sitzen, aber alle sahen herüber. Vor ihren Augen sahen sie mich kreidebleich über dem am Boden liegenden kleinen Nakata stehen und daneben mein blutiges Handtuch. Für einige Augenblicke waren wir alle wie erstarrt. Keiner rührte sich, keiner sprach. Die Gesichter der Kinder waren ausdruckslos und wirkten wie Masken aus Bronze. Im Wald herrschte tiefes Schweigen. Sogar die Vögel waren verstummt. Diese Szene ist mir auch heute noch ganz frisch im Gedächtnis.
Wieviel Zeit verging, weiß ich nicht. Nicht viel, glaube ich. Mir kam es freilich wie eine Ewigkeit vor. Ich fühlte mich wie an den äußersten Rand der Welt gedrängt. Erst allmählich kam ich wieder zu mir, und in die Landschaft um mich herum kehrten die Farben zurück. Hastig verbarg ich das blutige Tuch hinter mir und riss den am Boden liegenden Nakata in meine Arme. Ich drückte ihn fest an mich und entschuldigte mich von ganzem Herzen bei ihm.
» Das war sehr böse von mir, bitte verzeih mir. « Auch er schien sich in einem Schockzustand zu befinden. Sein Blick war leer, und meine Worte erreichten ihn nicht. Mit Nakata im Arm forderte ich die anderen Kinder auf, weiter Pilze zu sammeln, und sie gehorchten, als wäre nichts geschehen. Vermutlich verstanden sie gar nicht, was da eben passiert war. Das Ganze war zu seltsam und zu abrupt gewesen.
Eine Weile saß ich mit Nakata im Arm reglos
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