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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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sorgen, er liebt dich ohne Anfang und Ende, das weißt du, oder nicht? In diesem Tal, aus dem ich gekommen bin, gibt es einen Helden, der heißt Ey de Net, Auge der Nacht, der liebt ein Mädchen so sehr, dass er sich ihretwegen von seinem König verstoßen lässt, und so sehr liebt Herr Matthew dich.«
    Amicia wollte etwas sagen, aber Magdalene schien von Timothys Schwatzsucht angesteckt zu sein und plapperte weiter auf sie ein. »Wir alle könnten doch auch helfen, für das Kleine zu sorgen – so wie die Brüder und Schwestern und Onkel und Tanten in Familien es tun. Wir könnten hübsche Kleider für es nähen, und Hugh könnte Spielzeug machen, er ist so geschickt mit den Fingern, und Timothy hätte endlich jemanden, der sich sein Geschwätz anhört. Nur ich kann nichts, aber ich hätte dein Kind von Herzen lieb …«
    »Magdalene!«, fuhr Amicia ihr viel zu laut ins Wort. »Hör endlich auf, von einem Kind zu reden, das ich gar nicht bekomme. Eben danach habe ich dich fragen wollen: Wenn eine Frau und ein Mann sich gut sind … und sie sind sich sehr oft, wenn nicht sogar Nacht für Nacht gut, aber sie bekommen trotzdem kein Kind – weißt du da auch ein Kraut, das dagegen hilft?«
    Magdalene brauchte einige Zeit, um zu erfassen, was Amicias verlegenes Gestammel ihr sagen wollte. Dann aber ging ein Leuchten über ihr kleines Spitzmausgesicht. »Nein, liebe Amsel, dafür weiß ich kein Kraut, und dafür brauchst du auch keines.« Unter die Zweige der Kiefern geduckt lief sie auf Amicia zu und schloss die Arme um sie. »Kinder in Bäuche hexen, das ist ein hässliches Ding, das Schwarzkünstler wie Adam de Stratton tun, aber kein feines Mädchen wie du.«
    »Wie kommst du auf Adam de Stratton?«, entfuhr es Amicia.
    »Ach, weil doch in Winchester jeder von ihm geredet hat. Das ist einer, der Fingernägel von kleinen Mädchen und Schamhaar von jungen Knaben vermischt und damit anderen wer weiß was anhext. Wenn dir einer so etwas rät, Amsel, bitte hör nicht auf ihn. Ein Kind bekommst du ganz von allein, wenn du nur deinen Herrn Matthew tüchtig liebst und Geduld mit ihm hast. Denn weißt du, auch wenn er ein noch so tapferer Ritter ist, beim Lieben ist er ein Hasenfuß, der sich vor Angst die Gelenke wund kratzt. Er zieht sich zu früh aus dir heraus, weil er fürchtet, er könnte in dir stecken bleiben.«
    Amicia brach in schallendes Gelächter aus. Vielleicht würde sie bis an ihr Lebensende hören, wie ihr helles Lachen durch den goldenen Tag hallte, wie Magdalene einstimmte und wie ihnen beiden das Lachen in der Kehle erstarb.
    Zwischen dem Grün und Braun des Buschwerks tauchte ein schneeweißer Flecken auf. Wurzeln knackten, aus dem Flecken formte sich ein Gesicht, und eine Klinge schlug Äste und Laub aus dem Weg. Wer schrie auf, Magdalene oder sie? Ehe sie auch nur noch einmal Atem schöpfen konnte, fühlte sich Amicia an den Schultern gepackt und so ruppig durch das Gebüsch gezogen, dass vorbeischnellende Zweige ihr Gesicht peitschten.
    Hinter dem Strauch wartete ein zweiter Mann, der sie ebenfalls am Oberkörper packte. Amicia sah seinen Brustpanzer durch das Zwielicht blitzen, und Schwärze und Schwindel überfielen sie mit einem Schlag. Sie wurde aus der Waldung herausgezerrt, doch wenn die Wurzeln und Steine sie verletzten, so erreichte sie kein Schmerz. Nichts erreichte sie, nur die Fetzen, die sich aus der Schwärze lösten und zu Bildern zusammenfügten, und die Gewalt, mit der sich die Lücken in ihrer Erinnerung schlossen.
    Da waren wieder der Brunnenhof und die fahle Sonne des Frühlingstages, da war einen Herzschlag lang die arglose Heiterkeit des Spiels. Euer heutiges Versprechen ist bindend, hörte sie die hohe Kinderstimme ihres Bruders. Dann sauste das Schwert mit dem Drachen nieder und zerschlug ihr Leben in Stücke – das Schwert mit demselben funkenspeienden Drachen, der nun auf dem Brustpanzer des Angreifers prangte. Der Drache aus Matthews Wappen.
    Schreien und Rasseln schwollen in ihren Ohren zum Orkan. Einen Wimpernschlag lang, als zwei der Drachenritter auseinanderstrebten, sah sie ein Gesicht. Einen Mann ohne Helm. Keinen Mann, sondern einen Jungen. Das Gesicht war von kalter, ebenmäßiger Schönheit, und die schwarzen Augen brannten sich ihr ein. Ungerührt stand er da, derweil ringsum Männer ihr Leben in Stücke schlugen. Das Wappen mit dem Drachen prangte auf seiner Brust, doch es war das Gesicht, das Amicia jeglicher Kraft beraubte. Matthews Gesicht.
    Die Schwärze

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