Kairos (German Edition)
wenige Meter von den Skulls entfernt. Ihre Arroganz, die Siegesgewißheit aufgrund krasser Überlegenheit, ließ sie bleiben, wo sie waren. Ein Fehler, der von Doria exakt so vorausgesehen war. Shumgona-Beschuß sprengte das schwere Fahrzeug binnen Sekunden in Stücke, aber aufgrund von Masse und hoher Geschwindigkeit rutschte es noch etliche Meter weit über den Asphalt, auf die Skulls zu. Das zusammengeschossene Stahlungetüm stellte aber keine Gefahr dar, also gingen sie gelassen ein paar Schritte zurück und ließen das Wrack vorbeirumpeln und zum Stillstand kommen.
Wie geplant.
Doria lag blutend und schmutz- und rußstarrend auf dem Bauch und betrachtete die Szene.
Die Skulls ließen das ausbrennende Wrack außer Acht und bewegten sich Richtung Hangar. Doria sah Eiko und Alain und Enriqu den verletzten Jungen wegtragen. Sie waren schnell, bald würden sie den Hangar erreicht haben und damit die
Gaia
. Doria sah wieder zu den Skulls und grinste. Der Roverjeep war sturmreif geschossen, brannte, aber der Kunststoffzylinder im Inneren war noch immer intakt. Und noch immer waren die Skulls nicht ausreichend weit genug weg. Jetzt war der Augenblick. Doria fühltedas kleine Gerät in ihrer Hand. Sie tastete nach dem versenkten Knopf. Fand und drückte ihn.
Der Zylinder explodierte mit der Wucht etlicher Kilo Plastiksprengstoff. Anstatt des qualmenden Wracks stand dort in der nächsten Sekunde eine baumhohe Säule aus Licht und Feuer. Die Säule wuchs und breitete sich aus. Dann brachen aus ihrem glatten Mantel unzählige Flämmchen, die auf die Shumgona zurasten. Im Inneren der Flämmchen glühten winzige Bauteile des Armeefahrzeuges. Einen schwarzen Rauchschweiß nachziehend, schossen sie als tödliche Schrapnells davon. Doria, auch wenn es ihren Augen wehtat, sah weiter hin und die Schrapnells wie Miniaturkometen überall niedergehen. Zuvor hatte die Druckwelle der Explosion die Skulls von den Beinen geholt. Dann kam der Kometenhagel. Die am Boden liegenden Gestalten wälzten sich unter dem Bombardement, versuchten vergeblich, das Feuer zu ersticken. Doria sah ihnen beim Sterben zu. Sie selbst trug auch einige Wunden davon. Ein alter Spruch fiel ihr ein:
Wenn es dich verbrennt, weißt du, daß es Feuer ist.
Sie stand auf, ihre Haare versengt und Stellen an Kopfhaut und Armen verbrannt. Sie roch ihr eigenes verbranntes Fleisch. Aber sich selbst gegenüber war sie unerbittlich. Sie hatte sich geschworen, das hier zu überstehen und hatte Wort gehalten. Doria spürte einen seltsamen anschwellenden Druck von einer bestimmten Seite auf sich lasten und wandte den Blick in diese Richtung. Mindestens drei Dornenschiffe gingen dort nieder. Das geschah völlig geräuschlos, und dieser Umstand ließ das Szenario noch bedroh- und befremdlicher wirken. Einen Moment lang blieb sie reglos dastehen, zu den landenden Schiffen blickend, sie verwünschend, sie bewundernd, und dann fragte sie sich, was wäre, wenn einen die Dämonen, die einen quälen, überallhin folgten, ganz egal, wohin man ging – selbst auf einen fernen Planeten. Die Dämonen der Menschen waren hier. Gerade landeten weitere davon. Sie fragte sich, ob sie selbst auf Som ebenso als Dämon angesehen werden könnte. Sie wandte sich ab. Fest stand,
ihre
Dämonen waren stets bei ihr. Sie gehörten zu ihr, im Hinblick innerer Einheit könnte es gar nicht anders sein.
Sie spie blutigen Speichel aus, fuhr herum und sprintete so schnell sie konnte zum Hangar, in dem Eiko, Alain, Enriqu, den verletzten Corey tragend, schon verschwunden waren.
42
Nazma und Sarah-Jem stürmten in die überfüllte Halle des Coliseums, wo sich die Situation grundlegend geändert hatte. Überall waren Sonderkräfte der Polizei in Anti-Aufruhr-Ausrüstung, die eine aufgebrachte Menge mit Schlagstöcken, Schäferhunden und etwas, das Tränengas sein mochte, in Schach hielten.
„Was ist denn jetzt los?“, fragte Nazma atemlos.
„Man probt den Aufstand. Sie fühlen sich betrogen und getäuscht, und jetzt begehren sie eben auf.“
„Aber doch nicht jetzt!“
„Gerade jetzt.“
Sarah-Jem sah zu Nazma. Diese versuchte erfolglos ihren Blick zu deuten. „Was ist?“, schnappte sie.
Sarah-Jems Gesicht blieb undeutbar. „Angst?“
„Mehr als das. Natürlich. Was soll die Frage?“
Sarah-Jem legte ihr eine Hand auf die Schulter. Nazma schielte kurz zu Sarah-Jems Hand, unternahm aber nichts gegen die Berührung.
„Nazma, all diese Menschen sind schier außer sich vor Angst. Sie sind
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