Kaiser des Mars
jener Junge; er war begierig, sich als Krieger zu beweisen.
Der dicke, kleine Harfenspieler lehnte sich in seinem hohen Sattel zurück und lächelte wie ein Engel. In seinen Augen funkelte die Heiterkeit. Er holte seine Odyar nach vorne, klemmte sie sich zwischen die Schenkel, und seine dicken Finger trommelten gelangweilt auf dem alten, polierten Holz.
Der ergrauende Mann mit dem breiten Gesicht war offensichtlich derjenige, von dem die Autorität ausging, denn die anderen warteten darauf, daß er zuerst das Wort ergriff. Seine Stimme klang hart.
»Was bist du nun, F’yagh, der du die Sprache sprichst und die Zeichen machst, als wärst du vom Volk?« fragte er.
»Ich bin vom Volk, wie du sagst«, erwiderte ich ruhig. »Trotz meiner Geburt. Mein Name bei den Neun Nationen ist Hnoma. Ich habe das Wasser mit Prinz Thuu von der Roten Bergnation geteilt, und seine Brüder sind auch meine Brüder. Ich bin unter dem roten Bergbanner in den Krieg geritten, als …«
Der Junge zischte wie eine Katze. Seine Augen blitzten.
»Welchen Wahnsinn hören wir hier?« rief er schrill. »Ein Außenweltler, der gegen Außenweltler in den Krieg reitet? Ist das nicht Wahnsinn, Onkel Kuruk? Sollen wir uns diese Lügen anhören?«
Der Mann mit dem breiten Gesicht, Kuruk, tadelte ihn streng.
»Sei still, Chaka, oder geh zurück zu den Kriegern.«
»Bring ihn nicht zum Schweigen, Lord«, sagte ich. »Die Frage verlangt eine Antwort. Ich habe mich wahrhaft von meinem Volk abgewandt, um dem deinen zu folgen. Mein Volk hat mich einen Ausgestoßenen genannt, einen Verräter. Doch was soll es? ›Ein Mann muß dem folgen, was sein eigenes Herz ihm gebietet.‹«
Die strengen Augen Kuruks blickten etwas weniger kühl.
»Nun, zumindest kennst du den alten Dichter, F’yagh! « sagte er. »Das ist ein Geheimnis: ein Außenweltler, der die Sprache spricht, die Zeichen kennt und die Sagen zitiert! Wunder über Wunder, wahrhaft! Kann es sein, daß du auch das Gesetz kennst? Wenn du unter dem Banner des Roten Berges reitest und mit dem Prinzen jenes Clans Wasser geteilt hast, dann zeige mir auch ihr Siegel.«
»Ich wette, er trägt es nicht!« murmelte der Junge und musterte mich mit wildem Blick. Doch dann senkte er die Augen, und seine glatten Wangen röteten sich, als der Lord ihm einen scharfen Blick zuwarf.
Langsam und sorgfältig darauf bedacht, meine Hände stets deutlich sichtbar zu lassen, damit niemand mich verdächtigte, nach einer Waffe zu greifen, öffnete ich meinen Thermoanzug, knöpfte mein Hemd auf und legte meine Brust frei. Ich ließ sie ansehen, was in das Fleisch über meinem Herzen eingeprägt war. Ihre Augen weiteten sich.
» Hoya! Aber du trägst die Zeichen nicht von einem, sondern von vieren!« rief der Lord aus. »Wie dieses? Du nennst die Vier Nationen deine Brüder? Nie habe ich solches gehört.«
Der Junge ritt näher, zog sein Schwert halb aus der Scheide.
»Der F’yagh ist ein billiger Betrüger und kennt das Gesetz nicht!« rief er anklagend mit schriller Stimme. »Erlaube mir, daß ich ihn erschlage, Kuruk, ihn und den alten Mann dort unten. Wir werden ihnen abnehmen, was sie besitzen, die Sachen und die Frau, und den anderen Mann mit dem Kopf nach unten aufhängen als Warnung …«
»Eh, heh, Brüder!«
Eine lachende, irgendwie träge wirkende Stimme war das, die sich jetzt zum Wort meldete. Das war der mondgesichtige, kleine Mann mit der Harfe. Sie wandten sich um, ich ebenso; seine munteren Augen lachten uns an.
»Dieser hier hat eine Geschichte gehört, oh, eine verrückte Geschichte!« gluckste er. »Von einem Außenweltler, hochgewachsen und gerade, breitschultrig und mit hartem Gesicht, mit grauem Haar und winterigen Augen … Oh, was für eine verrückte Geschichte man sich doch von ihm erzählt! Es heißt, er hätte sich gegen sein eigenes Volk gewandt, um im Heiligen Krieg mit den Nationen zu reiten. Er ist Bruder der Vier Nationen im Norden, heißt es … Aber die, die diese Geschichte erzählen, sind verrückt, ganz verrückt!«
Von seiner weichen, trägen Stimme ging ein seltsamer Zauber aus. Wie hypnotisiert hielt er sie fest: den finsteren Lord, den Jungen mit den heißen Augen. Sie sahen ihn an und lauschten. Er hielt die Odyar auf dem Schoß, während er mit seiner lachenden, atemlosen Stimme sprach, während seine Finger müßig über die dreißig Saiten wanderten und ihnen unheimliche Musik entlockten.
»Man sagt, er hätte den Heiligen Thyoma in seiner Zelle bedauert und ihn
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