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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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Ilsa und Keresny standen wie erstarrt vor ihren Zelten. Ehrfurcht stand in ihren Gesichtern: Furcht in den Augen des schwarzbärtigen Ukrainers, Staunen in den bleichen Zügen des blonden Mädchens und Nervosität und Erregung in dem schmalen, aristokratischen Gesicht des Doktors.
    Langsam ging ich die Reihe berittener Krieger hinab, die mich mit undurchdringlichen Zügen musterten. Ich hielt den Kopf hoch und die Schultern gerade und gab mir große Mühe, wie ein König zu schreiten. Staub und Sand knirschten unter meinen Stiefeln; ich spürte den entnervenden Druck von Augen, die auf mir lasteten.
    Als ich mich dem alten Mann näherte, konnte ich sehen, daß er wirklich alt war, noch älter, als seine an sich langlebige Rasse wurde. Der Pelz auf seinem Kopf war schieres Silber; das Fleisch seines Gesichts war eingeschrumpft, und man konnte die feingeschnittenen Knochen sehen. Aber seine Augen blickten scharf und hell. Sie studierten mich aus tiefen Höhlen, während ich auf ihn zuschritt, der er, eingehüllt in glänzende Roben, dastand, die noch älter als er selbst waren, fadenscheinig an manchen Stellen und im Lauf der Jahrhunderte verblaßt.
    Ich blieb vor ihm stehen. Das Schweigen dehnte sich um uns. Er blickte tief in meine Augen, und während sein weiser, scharfer Blick mich prüfte, spürte ich, wie gespenstische Fäden ganz vorsichtig die äußeren Umrisse meines Geistes berührten.
    Er gehörte der Alten Rasse an, und etwas von der Macht hing ihm an. Das Blut der alten Königsdynastien floß in seinen Adern.
    Ich glaube, er las die Autorität in meinen Augen. Ich glaube, er fühlte die Aura der Macht, die mich umgab; jene Aura, die ihr ganzes Ausmaß nur dann erreicht, wenn ich die Krone trage. Seine Augen weiteten sich.
    Der alte Fürst ging langsam vor mir auf die Knie.
    Er beugte sich vor und küßte den Staub zwischen meinen Stiefeln.
    Und wie ein Mann warfen sich zweitausend Krieger aus den Sätteln in den Staub.
    Ich beugte mich vor und hob den alten Mann und küßte ihn zwischen die Augen, um den Frieden zwischen uns zu besiegeln.
    Die Krieger sprangen auf. Sie schwangen vergnügt ihre Speere. Ein einziger Ruf hallte durch den Morgen …
    »Hai-yaa! Jamad!«
    Ich lächelte Fürst Kraa zu, und er erwiderte mein Lächeln trotz der Tränen, die in seinen alten Augen standen. Er berührte meine Hand.
    »Lord, die Reiter von Chun stehen zu deinen Diensten«, sagte er mit zitternder Stimme.
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie sind meine Waffengefährten«, sagte ich. »Zu lange Zeit standen die Krieger der Monddrachennation abseits von ihren Brüdern. Die Vier Nationen ritten hinter mir in dem Heiligen Krieg gegen die Verhaßten. Aber neun teilen sich diese Welt. Wenn das nächste Mal das Kriegsbanner unter den Zwillingsmonden fliegt, werden ihm zumindest fünf Nationen folgen.«
    Feuer blitzte in seinen Augen. Er richtete sich stolz auf wie ein altes Kriegsroß.
    »Jamad, so sei es!«
    Ich spürte, wie ein anderes Augenpaar mich musterte.
    Ich wandte mich um und blickte geradewegs in kalte, böse Augen. Sie waren kalt und schwarz, Argwohn und Mißtrauen standen in ihnen. Der Mann war ein Priester, das wußte ich, denn sein Kopf war glattrasiert und sein buckeliger, häßlicher Körper in eine grüne Robe gehüllt.
    Ich verspürte eine instinktive Abneigung und zuckte zurück, so wie man vielleicht vor einer giftigen Schlange zurückzuckt. Der Priester erkannte mein Gefühl und lachte. Ein häßliches, hartes Lachen ohne Wärme oder Humor. Aber der Priester war wahrhaft häßlich und monströs. Irgendein Defekt seiner Wirbelsäule hatte seinen Körper verformt, bis er so wirkte, als lastete ein schreckliches Gewicht auf ihm. Er war höchstens halb so groß wie ich – ein Zwerg – der erste, den ich je unter dem Volk gesehen hatte. Sein Gesicht war von tiefeingegrabenen Falten gesäumt; ein kaltes Grinsen hatte sich dauerhaft um seinen froschähnlichen Mund eingegraben, und seine Augen standen weit auseinander. Sein Gesicht war eine Maske, in der sich bösartige Wut, Verzweiflung und Selbsthaß mischten.
    All das nahm ich mit einem Blick auf.
    Der alte Fürst deutete auf ihn. »Dhu, Priester der Zeitlosen, erblicher Behüter der Tore von Yhoom.«
    Ich nickte dem kleinen Monstrum zu und tauschte noch ein paar Worte mit dem Fürsten, erklärte ihm, daß wir mit ihm und seiner Legion zu ihrem Lager zurückkehren würden.
    Der zwergenhafte Priester räusperte sich scharrend und musterte meine Begleiter mit

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