Kaiser Trajan als Bauherr
Clementia und Iustitia – Kardinaltugenden eines Herrschers – dargestellt. Dementsprechend wird Trajan hier sowohl sitzend, stehend und reitend als auch auf einem Schiff fahrend und in unterschiedlicher Kleidung, die als Panzer, als Tunica oder als Paenula der jeweils von ihm wahrgenommenen Funktionen entspricht, gezeigt. Zu diesen Szenen gehören sowohl Ansprachen und Befehle an die Truppen, die Entgegennahme von Berichten und die Teilnahme an Beratungen als auch Entscheidungen über die erforderlichen Baumaßnahmen und deren Kontrolle sowie nicht zuletzt kultische Handlungen, bei denen die Götter in angemessener Form durch Opfer um ihre Gunst gebeten werden oder ihnen der für gewährte Unterstützung fällige Dank abgestattet |56| wird. Da Trajan mehrfach mit der als Reisemantel bekannten Paenula dargestellt ist, wird er damit als ein Herrscher gezeigt, der im Interesse des römischen Staates und römischer Macht stets zum Aufbruch in andere Länder und Gegenden bereit ist. Insgesamt trat Trajan in den Szenen dieser Reliefkomposition bei der Ausübung seiner Macht sowohl als erfolgreicher Feldherr als auch als ein seiner Verantwortung für das römische Volk bewusster Herrscher in Erscheinung, dessen umfassendes Engagement und allgegenwärtiges Handeln ihn als den wahren Optimus Princeps – in des Wortes eigentlicher und tieferer Bedeutung – erst wirklich erweisen.
Mit welchem Anspruch dies darüber hinaus verbunden war, konnte den Bürgern Roms nicht zuletzt durch Form und Funktion sowie Standort und Ausstattung des großen, von einem quadratischen Travertinfundament getragenen Sockels der Säule nahegebracht worden sein (Abb. 20). Mit seinem Format und seiner nicht nur dekorativ gemeinten Reliefausstattung und der Inschrift über dem Eingang in dieses Monument steigert er die Tendenz zu einer Überhöhung Trajans, die bereits in Reliefszenen des Frieses der Trajanssäule zum Ausdruck gekommen ist. Zur Bildausstattung des Sockels gehören an allen vier Seiten Reliefs mit der Darstellung von Waffenhaufen, die auf Tropaia und damit ihrerseits auf den Sieg über die Daker verweisen. Deshalb sind der Sockelschmuck und die Säulenreliefs Teile eines gemeinsamen Bildprogramms, dessen Themen den Erfolg der römischen Truppen in mehrfacher Brechung propagieren. Darüber hinaus befindet sich an der Südostseite des Sockels ein großer, portalartiger Eingang, über dem eine von herbeifliegenden Victorien gehaltene Inschriftenplatte
( CIL VI 960
) zu schweben scheint. Mit diesem Eingang wendet sich die Trajanssäule der Rückseite der Basilica Ulpia zu, sodass Besucher, die vom Forumsplatz über die Basilca Ulpia zur Trajanssäule kamen, gleich von diesem Portal mit seiner Inschrift empfangen und auf den Sinngehalt dieses Monuments eingestimmt worden sind. Dort war zu lesen, dass es einst an dieser Stelle einen Hügelzug gegeben hatte, der genau so hoch war wie die jetzt hier stehende Trajanssäule. Der Hügel war abgetragen worden, um Platz für das Säulenmonument und das neue Forum zu schaffen. Darüber hinaus blieb diese Inschrift, in der außerdem nur noch die Titel und Ämter Trajans, aber keinerlei Hinweise auf sonstige Inhalte oder Absichten notiert waren, eigentümlich blass. Deshalb waren Besucher bei Fragen nach einer besonderen Bedeutung dieses Säulenmonments und seiner mächtigen Sockelarchitektur ganz darauf angewiesen, Gestalt und dekorative Ausstattung dieses Sockels eingehend zu betrachten und das |58| dabei Gesehene wörtlich zur Kenntnis zu nehmen. Dabei mag aufgefallen sein, dass auf den vier Ecken des Sockels Adlerfiguren sitzen, die in ihren Krallen die Enden von Frucht- und Blütengirlanden halten. Offensichtlich sind diese Adler gerade dabei den Sockel mit Girlanden zu schmücken, die hier von Ecke zu Ecke schwingen, während an ihren oberen Enden leichte Schmuckbinden wie in frischem Wind zu flattern scheinen.
|57| Abb. 20 Rom, Sockel der Trajanssäule
|58| Abb. 21 Rekonstruktionszeichnung der Grabstätte Trajans im Säulensockel
Für damalige Besucher dieser Stätte war angesichts dieses Sockels und seines Schmucks vermutlich ohne weiteren Kommentar ersichtlich, dass er einer Form entsprach, wie sie von Grabaltären bekannt gewesen ist. Deshalb konnte wohl schon während der Arbeiten an diesem Monument und noch zu Lebzeiten Trajans gesehen und verstanden werden, dass mit dieser Ruhmesstätte zugleich der Ort seiner Beisetzung vorbereitet worden ist. Im Jahr 117 n. Chr., nach dem Tod
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