Kaiser Trajan als Bauherr
römischen Rechtsschutz standen und selbständig tätig werden konnten. Da diese Liberti in der Regel vor allem an materiellem Gewinn und einem sozialen Aufstieg interessiert waren, galten sie als besonders zielstrebig und tüchtig. Viele von ihnen arbeiteten als Handwerker, Händler oder auch als Lehrer und kamen hierbei nicht nur zu eigenem Besitz und Wohlstand sowie zu persönlicher Anerkennung, sondern konnten zugleich innerhalb der römischen Gesellschaft einen durchaus positiv bewerteten Platz finden. Für Trajan und die Planer seines Forums muss es nicht ohne Hintersinn gewesen sein, dem durch den Bau des Forums verloren gegangene Atrium Libertatis in der Basilica Ulpia einen neuen Platz zu geben. Zumindest ließ dieser neue und prunkvoll ausgestatte Hallenbau |48| als prominente Stätte eines durch Fleiß und Handelsgeschick erworbenen Reichtums den Liberti sichtbar und verständlich werden, welche Erwartungen Rom mit ihrer Freilassung verband und in welchem Kontext sie ihre zukünftigen Aufgaben und Möglichkeiten finden würden. Deshalb konnte die Basilica Ulpia den freigelassenen Sklaven wie ein Spiegel vor Augen führen, welche Chancen und Lebensziele ihnen ihre Zukunft in Rom zu bieten hatte. Darüber hinaus erinnerte die in Teilen überlieferte Bildausstattung der Basilica daran, dass solche Segnungen nicht ohne besonderes Engagement über Rom gekommen sind, sondern vor allem den Kriegserfolgen zu danken waren, die die Heere Roms unter der Führung Trajans errungen hatten. Hierauf konnten beispielhaft Fragmente von einem Relieffries (Abb. 16) verweisen, der Victorien bei der Vorbereitung einer nach Kriegserfolgen fälligen Siegesfeier zeigt und damit zugleich an vorausgegangene Kämpfe erinnert. Für das bei einem solchen Fest obligatorische Dankopfer werden ein Stier in scheinbar spielerischer Leichtigkeit zu Boden gezwungen und große Thymiaterien festlich geschmückt. Damit ist das erwartete |49| Fest im Kontext des zivilen Lebens zu einem besonderen Thema dieser Hallenausstattung geworden.
|48| Abb. 16 Rom, Trajansforum. Relief von der Innenausstattung der Basilica Ulpia mit Victorien bei der Vorbereitung eines Stieropfers und einer Siegesfeier
|49| Einem solchen Tenor entsprechen außerdem die beiden gleichartigen Baukörper, die sich mit ihren Flanken gegen die Rückwand der Basilica Ulpia lehnen und mit ihren Fronten in einem deutlichen Abstand einander gegenüber stehen. Dazwischen ist eine größere Fläche frei geblieben, deren Mitte zum einen die für dieses Forum insgesamt dominante Symmetrielinie und zum anderen die Linie, die sich aus dem Gegenüber der beiden Bauten ergibt, durchschneidet. Im Kreuzungspunkt dieser beiden Linien liegt der Mittelpunkt der Trajanssäule, die hier ihren Standort zwischen den beiden an die Basilica angelehnten Bauten erhalten hatte. Zwar ist die Nutzung dieser beiden Baukörper weder durch Funde noch durch eine Schriftquelle gesichert, doch kommen hierfür mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem Bibliotheken und Archive in Frage. Anscheinend folgten ihre gleiche Größe und ihr symmetrisch angelegtes Gegenüber einem Gedanken, nach dem in einer solchen Bibliothek Schriften lateinischer und griechischer Autoren mit der kulturpolitischen Botschaft aufbewahrt waren, dass lateinische und griechische Literatur einander gleichrangig und ebenbürtig seien.
Auch wenn keine authentische Überlieferung oder Schriftquelle über hier aufbewahrte Schriften berichtet, ist es naheliegend, dass zu ihnen auch jene als commentarii bezeichneten Berichte gehört haben könnten, mit denen Trajan vom Verlauf seiner Feldzüge Zeugnis abgelegt hatte. In ihnen wäre authentisch nachzulesen gewesen, was in dem Reliefband, das in einer mehr als 200m langen Spirale die Trajanssäule schmückt, in Form von Reliefbildern über die Ereignisse der Dakerkriege mitgeteilt worden ist. Zumindest signalisiert diese Säule, die wie ein Gelenkstück genau in der Mitte zwischen den beiden Bibliotheksbauten steht, durch ihren Standort einen ebenso leicht verständlichen Bezug zur Bibliothek wie ihre Reliefspirale, deren Verwandtschaft mit einer in Spiralform abwärts hängenden Buchrolle nicht zufällig sein muss. Deshalb spricht viel dafür, dass der Standort des Säulenmonuments zwischen den beiden Bibliotheksflügeln auf einen inhaltlich und formal abgestimmten Planungswillen zurückgegangen ist. Gleiches gilt für das Format, mit dem diese Säule an ihrem überaus prominenten Standort die
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