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Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Kaiserkrieger 2: Der Verrat

Titel: Kaiserkrieger 2: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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dass niemand wissen konnte, ob ihre Reise angekündigt und auch willkommen war. Ein Risiko gab es und der Adlige war niemand, der das Risiko scheute, doch es verbarg sich im Dunkeln, bestand nicht aus Schwert und Speer, aus der zufällig im Weg stehenden Wache oder dem Aufblitzen des Mondes hinter den Wolken zur falschen Zeit.
    Mitunter wünschte sich der junge Gote, der Richter hätte jemand anderen ausgewählt. Jemanden mit mehr Altersweisheit und größerem Verständnis. Was nur sah Fritigern in ihm? Müßige Fragen, die er sich nicht selbst beantworten konnte und der Gotenführer ihm wahrscheinlich nie erklären würde. Er war ausgewählt worden und der tiefe Respekt, den Godegisel immer noch für den Richter empfand, hatte ihn nahezu gezwungen, der Bitte, die doch ein Befehl war, Folge zu leisten.
    Godegisel ließ sein Pferd langsam zurückfallen, bis er auf Augenhöhe mit dem Wagen war. Der Planwagen war geschlossen, und auf dem Kutschbock saß nur die zusammengekauerte Gestalt des Wagenführers. Im Inneren, durch die wetterfeste Abdeckung nicht zu erkennen, saß nur sanft gefesselt, aber gut geknebelt, Kaiser Valens, der kostbare Gefangene. Als Fritigern gemerkt hatte, dass Valens kein Pfund mehr war, mit dem er wuchern konnte oder auch nur musste – denn die Römer boten ihm letztlich einen gnadenvollen Frieden an –, hatte er den Gefangenen losgeschickt, nach Westen. Godegisels Auftrag war es, Valens auf Schleichwegen zu führen und Kontaktleuten in Gallien zu übergeben, die einer Gruppe angehörten, die dem neuen, gesamtrömischen Herrscher Gratian offenbar in Opposition gegenüberstand.
    Godegisel war von Fritigern direkt in die Schlangengrube innerrömischer Rivalitäten gestoßen worden. Da der junge Adlige jetzt formell auch Römer war, erschien ihm das nur passend.
    Was die Verschwörer mit Valens anfangen wollten, konnte Godegisel nur erahnen. Er würde es früh genug erfahren. Und vielleicht würde er dann auch verstehen, was für eine Rolle in alledem er zu spielen hatte.
    Ob er selbst dabei eine Entscheidung fällen durfte, oder ob göttliche Fügung ihn voranstieß, auf einem vorgezeichneten Weg, dessen Verlauf ihm unbekannt war, konnte Godegisel nur mutmaßen.
    Der junge Mann spürte, dass er es eigentlich so genau gar nicht wissen wollte. Der Regen wurde stärker, Godegisel zog den Umhang fester um sich und ritt wieder an die Spitze ihrer Kolonne. Nein, er wollte es wirklich nicht wissen.
     

 
     
40
     
    »Komisch.«
    »Was meinst du?«
    »Wie man sich ändern kann.«
    Marineoberarzt Neumann schaute Jan Rheinberg forschend an. Seit dem Tode Beckers und der langen und durchaus bewegenden Beerdigungszeremonie in einer kleinen Kirche in der Nähe von Thessaloniki war der junge Kapitän ruhiger geworden und mehr in sich gekehrt. Neumann fragte sich, ob Rheinberg Selbstvorwürfe quälten, aber wenn dem so war, so ließ sich der Kapitän derlei nicht anmerken. Das Gute war, dass der junge Mann nicht allein war. Viele Männer an Bord dieses Schiffes – und nun auch mehr und mehr ihrer römischen Gastgeber – waren von Gefährten zu Freunden geworden. Beckers Tod hatte eine tiefe und schmerzhafte Lücke gerissen, aber jeder von ihnen wusste, dass er nicht der Erste war und nicht der Letzte gewesen sein würde. Das machte die Sache nicht notwendigerweise einfacher, aber es half, sich in Klarheit mit ihrer Situation auseinanderzusetzen.
    »Wir alle sind durch die Ereignisse verändert worden«, sagte Neumann und schaute auf die Baustelle hinab. Rund 2.000 Arbeiter, die meisten davon Sklaven, hoben mit Schaufeln das aus, was in nicht allzu ferner Zukunft einmal ein Trockendock werden sollte. Es waren diese Sklaven, die gerade zu einem längeren Gespräch zwischen Rheinberg und einer Delegation aus der Mannschaft geführt hatten. Obgleich den Zeitreisenden von Gratian das römische Bürgerrecht verliehen worden war und sie alle sich jetzt als Römer bezeichnen durften, fühlte sich bisher noch niemand richtig heimisch. Folgte man der Argumentation Köhlers, lag das am schlechten Bier und dem fehlenden Kaffee. Neumann wusste, dass es noch ein paar Gründe mehr geben musste.
    »Aber das eben war schon etwas Besonderes«, entgegnete der Kapitän. »Drei Mannschaftsmitglieder haben mich gefragt, ob ich es zulassen könne, dass Tausende von Sklaven für uns arbeiten. Ich kenne die drei, das sind alles überzeugte Sozialdemokraten. Weißt du, wie ich noch vor Monaten, vor unserer Zeitreise, auf solche

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