Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
Vaters und einer der besten Offiziere der aksumitischen Streitkräfte, ist heute Nacht gestorben. Er starb einen grausamen Tod, wälzte sich minutenlang in seinem eigenen Kot, mit Schaum vor dem Mund und aufgerissenen Augen. Seine Schmerzen müssen unerträglich gewesen sein. Dann war er tot. Aus dem Leben gerissen.«
Africanus sah Ouazebas an, erkannte in der mühsamen Selbstbeherrschung des Mannes mehr als nur Wut und Empörung, vor allem eine tiefe, brennende Trauer, ein ehrliches Gefühl, nichts Gespieltes, keine Scharade. Der Schmerz saß tief im Thronfolger Aksums.
Africanus tat das einzig Richtige.
Er senkte den Kopf und kniete sich nieder.
Auf Neumanns Zeichen folgten alle anderen seinem Beispiel, ohne ein Wort zu sagen.
Dann erst sprach der Trierarch.
»Königliche Hoheit. Die Nachricht vom grausamen Tod Eures Bruders betrübt mich. Doch Ihr seht uns ratlos. Warum werden wir so offensichtlich mit diesem Vorfall in Verbindung gebracht?«
Etwas schlug vor Africanus auf dem Boden auf. Es war die Schatulle, in der das Geschenk des Statthalters von Adulis für Ouazebas gewesen war. Jetzt war sie leer.
»Die Brosche, Römer, Euer Geschenk. Sie war vergiftet. Das Gift, so nehme ich an, war für mich gedacht.«
»Das nehme ich auch an«, erwiderte Africanus und hob den Kopf. »Aber wir haben es dort nicht platziert. Dieses Geschenk wurde wie viele andere von Berhan, dem Statthalter von Adulis, ausgesucht und bereitgestellt. Wir haben es im guten Glauben angenommen, dass es ernsthafter Ausdruck von Wertschätzung sein würde.«
Ouazebas’ Augen verengten sich.
»Berhan hat Euch dieses Geschenk überlassen?«
»Das hat er.«
»Und welche Gaben stammen noch eigentlich von ihm, anstatt aus römischer Hand – vorausgesetzt, ich will Euch Glauben schenken.«
Africanus wurde heiß und kalt. Wenn das spezielle Geschenk für den Thronfolger vergiftet gewesen war …
»Auch das für den Kaiser. Eine ähnliche Schatulle.«
Ouazebas wurde aschfahl im Gesicht.
Er riss Africanus am Arm auf die Beine.
»Folgt mir! Der Rest wartet hier. Lasst sie nirgendwo hingehen, bis ich zurück bin!«
Africanus taumelte auf die Beine. Zwei Wachsoldaten nahmen ihn in die Mitte und zerrten ihn halb heraus.
Die restlichen Männer blieben zurück. Eine große Abteilung Soldaten stand mit regungslosen Gesichtern vor ihnen, die Schwerter gezogen, Speere auf sie gerichtet. Doch es schien niemanden zu stören, wenn sie sich unterhielten.
»Wohin werden sie Africanus bringen?«, fragte Behrens.
»Zum Kaiser. Ouazebas vermutet, dass auch das Geschenk für ihn präpariert worden ist.«
»Ein Putsch, vorbereitet durch uns?«, murmelte Köhler und zeigte damit, dass er schnell geschaltet hatte.
»Davon gehe ich auch aus«, erwiderte Neumann. »Berhan hat unser Vertrauen missbraucht, um Rechnungen am Kaiserhof zu begleichen – und es uns in die Schuhe zu schieben. Er denkt wahrscheinlich, dass man unseren Unschuldsbeteuerungen nicht wird glauben wollen. Schließlich sind wir Ausländer – und ziemlich seltsame noch dazu.«
»Was wird geschehen?«
Neumann hob die Schultern. »Das hängt davon ab, wie sehr die Familie von Ouazebas auf Rache drängt und ob dem Kaiser etwas zugestoßen ist. Bei Letzterem möchte ich auf unser Leben keine großen Wetten mehr abschließen. Wenn es aber nicht ganz so schlimm wird, müssen wir versuchen, den Verdacht auf Berhan zu verstärken.«
»Da muss es doch frühere Vorfälle und Hinweise gegeben haben, so was passiert nicht von selbst und aus heiterem Himmel«, meinte Behrens nachdenklich. »Da muss schon mehr vorgefallen sein.«
»Das sehe ich genauso«, bestätigte Neumann. »Es gibt eine Vorgeschichte oder zumindest ein klares Bild, das er von Berhan und seinen Ambitionen hat, sonst hätte er das nicht so im Raum stehen lassen. Recht betrachtet erscheint mir Ouazebas trotz der Trauer um seinen Bruder niemand zu sein, der sofort der erstbesten Schlussfolgerung verfällt und nicht bereit ist, einmal über das scheinbar Offensichtliche nachzudenken.«
»Spricht da nicht mehr die Hoffnung aus Ihnen?«, warf Köhler ein. Er betrachtete die Phalanx der Wachsoldaten und senkte den Kopf. »Selbst, wenn Behrens und ich unsere Pistolen in Händen hätten, würden die Frikassee aus uns machen.«
»So weit sollten wir es nicht kommen lassen«, sagte Neumann. »Wir verhalten uns friedlich und fügsam. Wichtig ist, was mit dem Kaiser passiert ist. Davon hängt unser Schicksal im Wesentlichen ab. Ist er
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