Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
niedergelassen hatte. Es war, wie nicht anders zu erwarten, sein Freund Secundus, mit dem er nicht nur das Zelt teilte, sondern auch die Beförderungen der letzten Zeit. Während Secundus allerdings nicht dazu neigte, sich über die Fährnisse des Schicksals allzu viele Gedanken zu machen, war Volkert in letzter Zeit immer wieder in tiefes Grübeln verfallen. Er sah all dies wahrscheinlich aus einer anderen Perspektive, vor allem einer, die ihn die Wechselfälle seiner militärischen Karriere nicht ganz so leicht hinnehmen ließ wie Secundus. Der war in erster Linie an Glücksspiel, leichten Mädchen, Wein und anderen sehr unmittelbaren Vergnügungen interessiert.
Der Vorteil des Secundus war allerdings, dass er extrem gut informiert war, ein gutes Netzwerk an Freunden, Gläubigern und Schuldnern besaß und dieses nicht zuletzt nutzte, um der angeblich fest vorgezeichneten Karriere seines guten alten Freundes Thomasius dienlich zu sein. Nicht uneigennützig, verstand sich: Volkerts Karriere, so rechnete sich Secundus aus, würde auch der eigenen guttun. Seine Beförderung zum Zenturio war dafür doch eigentlich der beste Beweis.
Manchmal fragte sich Volkert, ob es im ganzen Römischen Reich auch nur einen einzigen uneigennützigen Menschen gab. Er war sich nicht sicher, ob er die Antwort auf diese Frage jemals erfahren würde – oder wirklich erfahren wollte.
»Und, Füße waschen?«, leitete Secundus das Gespräch auf die sinnloseste Art und Weise ein, und Volkert ertappte sich dabei, wie er genauso sinnlos mit dem Kopf nickte, als ob das Offensichtliche einer Bestätigung bedurfte.
»Wie sieht es bei dir aus?«
Secundus grinste und schüttelte den Kopf. »Ich habe gestern erstmals diesen Zeitenwanderer-Branntwein gekostet. Ich glaube, der hat mich schon richtig gereinigt, wenngleich von innen.«
Volkert grinste zurück. Secundus hatte keine wirkliche Kenntnis von der desinfizierenden Wirkung des Alkohols, deswegen ahnte er nicht einmal, wie nahe an der Wahrheit er war. Im Heer des Theodosius marschierte ein Großteil der Infanteristen von Geerens mit und die Sanitäter in der Kompanie vertrieben sich die Zeit damit, eine Reihe von wissbegierigen Römern, Feldscherern wie normalen Soldaten, so etwas wie eine Ausbildung zum Hilfssanitäter zukommen zu lassen. Zumindest diesen wurde auch die heilsame Wirkung des Alkohols verdeutlicht, und zwar in der äußeren Anwendung. Auf diesem Wege war auch der Branntweingenuss in das Heerlager gekommen, ein Fluch mehr als ein Segen, und der Kaiser hatte strikte Regelungen in Kraft gesetzt, um zu verhindern, dass die meist gelangweilten Soldaten in ihren kalten Zelten regelmäßig in den Suff verfielen.
Volkert hatte dafür volles Verständnis. Alkohol wurde in seiner Einheit streng rationiert. Und es gab eine Menge Beschäftigungstherapie für die gelangweilten Männer. Keine Einheit wurde öfter für Wach- und Patrouillendienste, für Latrinenarbeit und Palisadenausbesserung freiwillig gemeldet wie die seine. Die Männer murrten und schimpften auf den allzu diensteifrigen und servilen Zenturio, der sich offenbar weiter hochschleimen wollte, aber das perlte an Volkert ab. Er wusste, was er tat: Bei seinen Männern gab es kaum Schlägereien, keine Betrunkenen, die Ausrüstung war ausgezeichnet instand gesetzt und die Männer fielen, soweit sie keine Nachtschicht hatten, müde in ihren Zelten auf die Decken, ohne auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, wie man Unfrieden stiften könnte. Und das war exakt, was Volkert damit bezwecken wollte. Außerdem war er sich sicher, dass im Falle eines echten Alarms seine Soldaten in kürzester Zeit voll einsatzbereit sein würden. So etwas verlängerte im Zweifelsfalle die Lebenserwartung enorm.
Aber sie moserten und meckerten natürlich trotzdem, wie es ihr seit Jahrhunderten angestammtes Recht war und wie es in Hunderten von Jahren nicht anders sein würde.
»Du hast etwas Neues gehört?«, fragte Volkert.
Secundus nickte. »Späherberichte. Andragathius will es wissen. Er ist mit einer großen Armee trotz des schlechten Wetters von Rom aus aufgebrochen. Volle Winterausrüstung.«
»Kanonen?«
Secundus zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Das Gerücht besagt, dass Schiffe aus Britannien neue Feuerrohre angelandet haben sollen, aber darauf gebe ich nicht viel. Das Wetter ist übel, die See ist rau, ich möchte die Galeere sehen, die sich da aufs Wasser wagt. Ich gehe also nicht davon aus.«
»Das
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