Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
schlug auf Schultern.
Und seine Kanoniere hatten in der Tat ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der endlose Drill, Tag und Nacht, hatte sich ausbezahlt. Die Kanonen waren in einem hervorragenden Zustand, perfekt gereinigt, perfekt ausgerichtet, mit allen Vorräten versehen. Hier lag auch das einzige ernsthafte Problem, das von Klasewitz anzuerkennen bereit war: Es fehlte an Schießpulver. Die Produktion konnte mit dem wachsenden Bedarf einfach nicht mithalten, vor allem nicht in so kurzer Zeit. Er hoffte, dass die Schlacht sich nicht endlos hinziehen würde. Fruchtete der Plan des Maximus und würden die afrikanischen Legionen zu gegebener Zeit die Seiten wechseln, war auch nicht damit zu rechnen. Spätestens dann sollten die vereinigten Armeen die Männer des Theodosius auch ohne Kanonen erledigen können. Es würde dann auch schwierig sein, eindeutige Schussfelder zu identifizieren. Wenn der Trick ausgeführt wurde, war ein unübersichtliches Schlachtfeld die Konsequenz. Maximus hatte relativ eindringlich gemahnt, was er davon hielt, wenn die eigenen Soldaten vom mörderischen Schrot der Geschütze getroffen wurden. Von Klasewitz konnte dem Kaiser in diesem Punkt nur zustimmen. Diese Art von Unmut wollte er auch nicht auf sich lenken.
Er brauchte jeden lebenden und loyalen Legionär, wenn er erst Kaiser war.
Das war der wahre Grund für seine Euphorie. Die nahende Schlacht, der nahende Triumph – gut. Aber das, was danach kam, war umso wichtiger. Petronius hatte ihn noch beiseitegenommen, seine Pläne im Detail offenbart. Sobald der Sieg über Theodosius unmittelbar bevorstand, wenn klar war, dass es für den Spanier keine Rettung mehr gab, kein anderes Ergebnis als Kapitulation oder Tod, würde es zum Anschlag auf Maximus kommen. Von Klasewitz, dessen Kanonen zu dieser Phase ohnehin schweigen würden, hatte sich rechtzeitig in die Nähe des Standorts des Imperators zu begeben, um sogleich entschlossen handelnd dafür zu sorgen, dass die Armee weiter geführt wurde – und er kurz nach dem triumphalen Sieg selbst den Purpur umgehangen bekam. Petronius hatte nichts dem Zufall überlassen. Viel Geld hatte den Besitzer gewechselt. Es war notwendig, den Übergang auch bei zentralen hohen Offizieren und Beamten, vor allem jenen vor Ort, so … geschmeidig wie möglich zu gestalten.
Geschmeidig.
Von Klasewitz schüttelte den Kopf. Dass er sich jemals dabei ertappen würde, so zu denken, er, der Tatmensch, der männliche Durchsetzungskraft und Tapferkeit, den Adel von Gesinnung und Tat immer für so wichtig gehalten hatte! Wie hatte er immer auf die Politiker seiner Zeit herabgesehen, ihre Ränkespiele, ihre klandestinen Hinterzimmertreffen, das Abwägen, das Mauscheln, die Kompromisse, die Halbherzigkeiten, das Gezänk und die Platitüden – selbst der Kaiser hatte dem sinnentleerten und ehrlosen Treiben dieser Kaste oft hilflos und in ehrlicher Empörung zusehen müssen. Von Klasewitz hatte diese Schande beinahe körperlich gespürt.
Doch jetzt, selbst an der Schwelle zur absoluten Macht, musste er feststellen, dass es ohne dies nicht ging, wenn er diese Macht auch real ausüben wollte. Leute, auch Gefolgsleute, mussten eingebunden werden, ihnen musste ein eigener Anteil der Macht zugesichert, ein Wort bei Entscheidungen gewährt, Rücksicht auf ihre Vorlieben eingeräumt werden. Und wenn auch alle irgendwie Kaiserliche waren, so hieß das doch keinesfalls, dass man immer und in allem mit dem Imperator einer Meinung war, und abhängig von dessen Persönlichkeit wurde diese Kritik auch auf die eine oder andere Art und Weise geäußert.
Das würde von Klasewitz schwerfallen. Gratian hatte sich die abweichenden Ansichten seiner Ratgeber angehört, Maximus ermunterte den Dissens unter seinen höchsten Beratern, auch Theodosius schien einer angeregten und wechselvollen Diskussion nicht abgeneigt zu sein. Wenn er nun Kaiser wurde, konnte er nicht einfach so tun, als wäre dies eine Praxis der Vergangenheit, vor allem dann nicht, wenn er die Wankelmütigen und Ablehnenden auf seine Seite holen wollte.
Er würde zuhören müssen und freundlich lächeln, wenn jemand ihn höflich, aber bestimmt, auf den richtigen Weg zurückzuführen wünschte.
Der Freiherr hielt einen Moment inne und schüttelte den Kopf.
Nun, freundlich lächeln vielleicht doch nicht.
Aber um das Zuhören würde er nicht herumkommen. Er durfte die Kritiker nicht sogleich den Löwen vorwerfen – diese edle Tradition war im christlichen Rom
Weitere Kostenlose Bücher