Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
all jene werden, die der Verderber gegen uns entsendet. Nur mit einer absoluten Reinheit im Glauben auf allen Ebenen des Staates wird es uns gelingen, Gottes Hilfe im Kampf gegen die Feinde zu gewinnen und siegreich zu sein. Dafür kann uns kein kurzfristiges Opfer, keine vorübergehende Schwierigkeit zu groß sein. Es ist Eure Pflicht als Christ und Kaiser, jetzt, wo der Herr den Sieg in unsere Hände gelegt hat, für dies mit aller Macht und Härte einzutreten. Sonst sind wir dem Untergang geweiht! Sonst war diese Schlacht umsonst! Sonst ist der Sieg schal und nutzlos!«
Maximus blickte in die Runde, las in den Gesichtern. Viele, viel zu viele seiner Offiziere und Berater schienen Gefallen an den Worten des Priesters zu finden.
Er holte tief Luft. Worte lagen auf seinen Lippen, die hoffentlich die Wogen glätten und alle wieder besänftigen würden. Er brauchte sie alle hier, als Verbündete und Helfer, wenn er das große Werk der Einigung des Reiches vollenden wollte. Später, so nahm er sich vor, würde er mit Ambrosius reden – über die Rolle, die dieser Petronius spielte, und über das, was Sache der Kirche, und das, was Sache des Kaisers war, wo die Grenzen lagen, die beide Seiten zu respektieren hatten.
Ja, Respekt.
Bei allem lief es letztlich auf das eine heraus: Petronius – und durch ihn Ambrosius – fehlte es am nötigen Respekt.
Vielleicht sah man seinen Unwillen über diese Erkenntnis auf seinem Gesicht, denn plötzlich wichen die Männer vor ihm einen Schritt zurück, als hätten sie Angst oder würden in ihm etwas erkennen, was sie zur Vorsicht gemahnen ließ.
Respekt war gut. Wenn es ihn nicht gab, war Furcht ein angemessener Ersatz, fand Maximus.
Doch keine Worte verließen seinen Mund mehr. Dafür war es zu spät.
Der plötzliche Schmerz in seinem Rücken ließ ihn zusammenzucken.
Schwäche ergriff seinen Körper, eine tiefe, ganz tiefe Müdigkeit.
Ein Geschrei ertönte. Entsetzen. Zufriedenheit. Schritte. Etwas lief ganz schief.
Maximus blickte an sich hinunter. Sein verschwimmender Blick erkannte die Spitze einer Klinge, wie sie von hinten gestoßen aus seiner Brust ragte.
Ein guter Stich , dachte er seltsam losgelöst, als seine Beine unter ihm nachließen.
Sauber ausgeführt , waren seine letzten Gedanken. Die Schwärze, die ihn umfing, nahm ihm allen Schmerz.
Er bemerkte nicht mehr, wie Vetius dem Priester Thidrek, der die Klinge geführt hatte, das Haupt abschlug. Er bekam nicht mehr mit, wie der General anschließend auf Petronius zustürzte, von sicherem Instinkt geleitet, dass dieser der Urheber dieses feigen Mordes gewesen sein musste. Dankbar konnte Maximus sein, dass er den raschen Tod des Vetius unter den Klingen jener Offiziere nicht mehr miterlebte, die sich der Sache der Kirche verschworen hatten.
So machte Petronius, im Auftrage des Ambrosius, den Weg frei für den christlichen Staat, wie sie ihn sich beide erträumten.
Magnus Maximus war einfach nicht gut genug gewesen.
42
Der Purpurmantel stank. Von Klasewitz bemühte sich, die Nase nicht zu rümpfen, aber möglicherweise hatte dieses höchst symbolische Kleidungsstück ja auch schon bessere Zeiten gesehen – oder ihm bekam einfach der lange Feldzug nicht so besonders.
Er reckte sein Kinn vor und versuchte, so majestätisch wie möglich auszusehen. Er erinnerte sich an die Fotos von Kaiser Wilhelm II., sorgfältig darauf getrimmt, die Würde des Kaisertums öffentlich zu machen, den verkrüppelten Arm weit aus dem Sichtfeld zu schieben und vor allem durch den markanten Gesichtsausdruck den Eindruck von Tatkraft und männlicher Entschlossenheit zu vermitteln.
So gesehen traf es sich ganz gut, dass die Fotografie noch nicht erfunden war. Die Bildhauer würden zu gegebener Zeit und mit genauer Anleitung ein passendes Bild des neuen Kaisers erschaffen, um seine Statuen dann im ganzen Reich zu verbreiten. Da war dann auch immer noch Zeit und Gelegenheit für die eine oder andere Korrektur. Von Klasewitz mochte den Gedanken. Er auf einem Pferd, das Schwert erhoben. Er in Denkerpose, wichtige Staatsprobleme angehend. Er mit weit in die Zukunft schweifendem Blick, planend, vorausschauend, visionär. Er mit Milde und Fürsorge in der Haltung, der schützende Vater des Reiches. Er mit verklärtem Blick, das Kreuz auf der Brust vor sich haltend, versunken in spiritueller Kontemplation, ein treuer Diener der Kirche, erfüllt vom Wort Gottes. Von Klasewitz nahm sich vor, in einer ruhigen Stunde diese
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