Kaiserkrieger: Der Aufbruch
akzeptieren.
»Wir müssen noch einige politische Optionen besprechen, ehe wir in die Details der militärischen Planung einsteigen, die ich Euch überlassen muss«, erklärte Ambrosius in falscher Bescheidenheit. Der Bischof täuschte seine Unkenntnis nur vor. Er mochte kein Soldat sein, er war aber auch kein weltfremder Geistlicher. Dennoch ließ seine Äußerung alle aufhorchen. Auch Maximus schien erstaunt. Offenbar hatte der Mailänder noch eine Überraschung in petto.
Es war allgemeine und unausgesprochene Übereinkunft, dass das Ziel der ganzen Verschwörung war, Maximus zum neuen Kaiser zu machen. Es war noch nicht klar, ob er als gesamtrömischer Kaiser fungieren würde oder sich letztlich durch Ernennung eines neuen Kaisers im Osten auf den Westen beschränkte, aber wenn er Gratian gestürzt hatte, war er erst einmal der einzige Träger des Purpurs. Von Klasewitz hatte die Zusicherung erhalten, dass man ihm zum Kapitän der Saarbrücken und zu einem Admiral der Flotte machen würde, außerdem wurde ihm ein Sitz im Senat versprochen. Das war, wie von Klasewitz fand, für den Anfang nicht übel.
Was Ambrosius wollte, war eigentlich auch sonnenklar. Er wollte sowohl die arianische Häresie wie auch die alten römischen Kulte ausrotten, um die trinitarische Variante zur allein gültigen Staatskirche zu erheben. In der Zeit, aus der von Klasewitz kam, war ihm dies gelungen, vor allem dank willfähriger Kaiser, zuerst den jungen Gratian und dann Theodosius, wenngleich jener mit etwas weniger Elan. Doch Gratian, so schien es, verfolgte nun eine andere Kirchenpolitik, inspiriert von Rheinbergs liberalen Ideen, und Theodosius war nicht einmal Kaiser. Gerade weil Ambrosius wusste, was er in jener anderen Zeit vollbracht hatte, musste ihn die Intervention der Zeitenwanderer besonders schmerzen.
Der Bischof mit dem schiefen Gesicht – ein Auge war etwas höher als das andere – erhob sich und breitete die Arme aus. Von Klasewitz erkannte, wie einer der beiden Geistlichen, die ihn zu diesem Treffen begleitet hatten, den Raum wie auf ein Zeichen verließ.
»Natürlich ist es unser aller Ziel, Gratian zu stürzen und den edlen Maximus zum Kaiser zu machen. Gratians unumschränkte Macht beruht derzeit nicht nur darauf, dass die Deutschen ihn unterstützen, sondern auch darauf, dass er nach dem Tode des Valens auf dem Schlachtfeld zu Adrianopel allein legitimer Herrscher des Reiches ist – solange er sich nicht bequemt, einen Nachfolger für seinen verstorbenen Onkel zu ernennen.«
»Was er auch so bald nicht tun wird«, meinte Maximus und kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Selbst Theodosius überschlägt sich förmlich, ihm seine Treue zu schwören .«
»Ja«, sagte Ambrosius nickend. »Auf ihn können wir in dieser Krise nicht bauen. Möglicherweise werden wir ihn sogar beseitigen müssen, wenn es an der Zeit ist, so leid mir das auch tut. Aber es hat sich eine neue Entwicklung ergeben .«
Der Bischof machte eine Kunstpause.
»Vor einigen Tagen erhielt ich Besuch. Sehr seltsamen Besuch. Er kam nicht direkt nach Mailand, stattdessen erhielt ich eine Nachricht, die mich zu einem Treffpunkt führte, nicht ganz unähnlich unseres jetzigen Aufenthaltsortes. Dort traf ich zwei Männer. Ich darf sie Euch vorstellen .«
Wie auf ein Stichwort öffnete sich die Tür wieder. Schnee wirbelte herein, und dann stapften zwei vermummte Männer in den Raum, dicht gefolgt von Ambrosius’ Begleiter, der diese wohl angeführt hatte. Beide Männer hatten Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Einer war offenbar jung, bewegte sich kraftvoll und selbstsicher. Der andere schien älter, wirkte plump und wurde von dem Jüngeren am Arm gehalten, als habe er Probleme, sich zu orientieren.
Dann schlug der Jüngere die Kapuze zurück. Ein markantes Gesicht, geziert durch einen Bart, mit einem durchdringenden Blick, der alle Anwesenden zu sezieren schien. Er sagte nichts.
»Darf ich Euch den gotischen Adligen Godegisel vorstellen ?« , intonierte Ambrosius nun fast feierlich. »Es ist jener, der in Thessaloniki kämpfte und den Seinen die Tore geöffnet hat, Vertrauter des Gotenrichters Fritigern und in gewisser Hinsicht sein Emissär .«
»Was wollen die Goten ?« , fragte Maximus, der sein Misstrauen nun deutlich zeigte.
»Wir bringen ein Geschenk und fordern nichts«, erwiderte der junge Gote in deutlich akzentuiertem Griechisch. Er drehte sich zu seinem immer noch vermummten Begleiter und zog ihm die Kapuze vom Kopf.
Von
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