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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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es also wirklich ernst zu meinen, aber ich traute ihm immer noch nicht ganz. Daraufhin verzichtete er auf ein persönliches Treffen mit dem ihm unbekannten Anführer der Schatten und bot mir an, seine Kenntnisse über die Pläne der Puppenspieler in einem chiffrierten Brief niederzulegen, codiert auf simple, aber effiziente Weise mittels eines bestimmten Buches. Er würde mir, ganz Geheimdienstmann, Buch und Brief getrennt zukommen lassen und ich solle nur dafür sorgen, dass beides der ausschlaggebenden Person ausgehändigt werde. Dem stimmte ich zu, und dann verließ ich ihn.«
    Rabenacker legte einen Aktenkoffer auf den Tisch, öffnete ihn und holte die Taschenbuchausgabe der Buddenbrooks hervor. »Dieses Buch erhielt ich wenige Tage später per Post, geliefert von der Buchhandlung Weiland in Lübeck. Doch auf den Brief wartete ich vergeblich, er erreichte mich nie. Und bald darauf erfuhr ich von Diebnitz’ Ehefrau, dass er Selbstmord verübt haben sollte. Wir hingegen gingen davon aus, dass die Puppenspieler ihn töteten, weil sie Anhaltspunkte für seinen Verrat gefunden hatten. Und deswegen war für uns Vorsicht geboten. Schließlich mussten wir damit rechnen, dass die Puppenspieler Einzelheiten über Diebnitz’ Vorgehen kannten; dann hätte uns alle auch ein baldiges Ende erwartet. Darüber hinaus machten wir uns Sorgen, da der Oberst gefährliche Pläne der Verschwörer angedeutet hatte, und er war nicht der Mensch, der solche Warnungen leichtfertig aussprach. Also durchsuchten einige unserer Leute, verkleidet als Polizisten, seine Wohnung in der vagen Hoffnung, er könnte das für uns bestimmte Schreiben vielleicht vor seinem Tod noch verfasst und irgendwo versteckt haben.«
    »Also stammte das gefälschte Siegel an der Wohnungstür von Ihnen«, warf Alexandra ein.
    Rabenacker stutzte. »Sie haben es als Imitation erkannt? Wir dachten, es sei exzellent gelungen.« Fast entschuldigend fügte er hinzu: »Natürlich hätten wir es vorgezogen, ein echtes Lübecker Polizeisiegel zu verwenden. Doch da Herr Senator Frahm in jener Woche nicht in der Stadt war, hatten wir niemanden, der uns eines beschaffen konnte. Wir hatten aber keine Zeit zu verlieren, darum mussten wir uns mit einer in großer Eile angefertigten Fälschung zufriedengeben. Wie dem auch sei, die Aktion führte zu rein gar nichts. Entweder hat Diebnitz den Brief überhaupt nicht mehr schreiben können, oder unsere Feinde haben ihn an sich gebracht.«
    Prieß überlegte, ob er jetzt schon klarstellen sollte, dass weder das eine noch das andere zutraf; aber er entschied sich, damit zu warten, bis er an der Reihe war, seine Schilderung abzugeben.
    »Immerhin wussten wir nun, wo sich das Zentrum der Verschwörung befand. Wir beschlossen, unser Augenmerk auf das Physikalische Forschungsinstitut zu richten«, setzte Rabenacker seine Ausführungen fort. »Aber wir traten auf der Stelle. Jedenfalls bis zu jenem Tag, als Sie mich beim Manöver ansprachen, Herr Prieß. Ich hielt Sie für einen der Puppenspieler und setzte deshalb unverzüglich Fuchs – Verzeihung, ich meinte natürlich, den Herrn Feldmarschall, von dieser Begegnung in Kenntnis. Und als wir dann vom Herrn Senator erfuhren, dass Sie sich in Lübeck aufhielten, schien das meinen Verdacht zu bestätigen. Unsere Leute beschatteten Sie seit Sonntagfrüh und wurden gleich an diesem Tag Zeugen des Vorfalls in Kronsforde, wo Sie einen Informanten trafen, den wir später als einen von Diebnitz’ früheren Untergebenen identifizieren konnten. Nun war dieser Anschlag wohl kaum das Werk dieser bisher doch eher harmlosen und nur Sachschaden verursachenden dänischen Terroristen, und Ihr tatsächlich rein zufälliges Überleben war gewiss nicht zu unserer Täuschung inszeniert worden. Die Puppenspieler betrachteten Sie also als Feind. Das machte Ihre Rolle für uns noch undurchschaubarer. Und dass dann gerade die Polizeipräsidentin von Lübeck Sie bei sich zu Hause versteckte, irritierte uns ebenfalls, bis wir einige Fakten über Ihren bisherigen Lebensweg in Erfahrung bringen konnten …«
    Prieß knirschte übellaunig mit den Zähnen. Er hasste es, auf seine Vergangenheit angesprochen zu werden, und noch weniger gefiel es ihm, wenn Fremde darin herumstocherten.
    Die gereizte Reaktion entging Rabenacker nicht, daher beeilte er sich, zu einem anderen Thema zu gelangen.
    »Als unsere Leute dann verfolgten, wie Sie in das Forschungsinstitut eindrangen, stand für uns fest, dass Sie etwas wussten, von dem

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