Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
den Rücken zu …
Jack wollte sich auf ihn stürzen, aber etwas hielt ihn zurück. Er war an einen Baum gefesselt. Das Seil brannte an seinen Handgelenken und war so eng um seine Brust gewickelt, dass er kaum atmen konnte. Es stammte von einem Zelt, stellte Jack fest. Der Dreckskerl hatte ein Seil von einem Zelt geklaut.
»Zu geizig, um dein eigenes Seil mitzubringen, Arno?«
Becker sah ihn wieder an und zuckte nur mit den Schultern.
»Man nimmt halt, was da ist.«
Das blendende Licht zweier Autoscheinwerfer zwang Jack, seinem Entführer ins Gesicht zu sehen. Er musste eigentlich kotzen, aber das wäre schwierig geworden, denn er war sitzend an den Baum gefesselt worden, hatte eine Schlinge um den Hals und einen zwei Tonnen schweren Kiefernklotz wie ein Frühstückstablett quer über seinen ausgestreckten, gefühllosen Beinen. Seine Hände und Vorderarme waren an den Klotz gefesselt. Schuhe und Strümpfe hatte Arno ihm ausgezogen. Er wackelte mit den Zehen.
»Alles noch dran«, versicherte ihm Arno fröhlich.
»Wa… Wasser.«
Kein Krug diesmal. Becker nahm eine Thermoskanne Kaffee von der Kühlerhaube des Packard und spritzte Jack eine Ladung ins Gesicht.
»SCHEISSKERL!« Jack wand sich in der Halsschlinge.
Arno zog ein Jagdmesser aus seiner Scheide.
»Können wir jetzt reden? Wir müssen nämlich reden, Jack, und wir haben vielleicht nicht so viel Zeit, wie ich gern hätte. Und ganz sicher nicht so viel Zeit, wie du verdienst, Jacko.«
»Hör zu …«, keuchte Jack. »Ich spiele mit offenen Karten, in Ordnung? Wenn ich wüsste, wo Bladehorns Geld ist, oder seine Wertpapiere oder sonst was, dann würde ich’s dir sagen, verstehst du? Ich bin doch nicht blöd.«
Arno machte einen zentimetertiefen Schnitt quer über Jacks Bauch. Es fühlte sich an, als würde ein heißer Draht unter seinem Hemd hindurchgezogen, aber Jack spürte auch, wie sich das Blut ausbreitete.
»Eine kleine Erinnerung an unser letztes Gespräch«, sagte Becker lächelnd. »Nur ein kleiner Schnitt. Als Auftakt. Also … Wo ist die Beute?«
»Ich weiß es nicht, Arno. Herrgott, wenn ich’s wüsste, glaubst du, dann wäre ich noch hier ?«
»Ich glaube, solange Bladehorn deinen Welpen am Haken hat, und die Oma obendrein, solange tust du alles, was er von dir verlangt. Und deshalb auch unser Wiedersehen, Jack, um dich zu überreden.«
»Du bringst mich doch sowieso um. Selbst wenn ich was wüsste, was nicht der Fall ist.«
»Ja, ich bringe dich um, Jack, ganz ohne Zweifel. Aber du kannst es dir leicht machen. Relativ leicht. Oder du kannst es dir selbst sehr, sehr schwer machen.«
Jack hatte das Gefühl zu ersticken. Er versuchte, seine Arme und Beine zu bewegen.
»Diesen Missgeburten ist doch scheißegal, was mit dir passiert. Meinst du nicht, Jack?«
»Aber Bladehorn ist es nicht egal.« Jack saß in der Klemme. »Ich meine nicht mich. Ich meine seine gottverdammte Kohle. Und die wird er dir ganz bestimmt nicht überlassen, Arno. Wenn du sie findest, Hut ab, aber du wirst nicht lange genug überleben, um was davon zu haben. Dafür wird Bladehorn schon sorgen.«
»Diese Ratte«, spie Arno aus. »Bladehorn ist ein toter Mann.«
Dann beugte er sich vor, fasste in Jacks Halsschlinge und drehte sie zu. Jack hatte das Gefühl, ihm würde ein Pflock durch die Lungen gestoßen, und rang verzweifelt nach Atem!
»Weißt du, Jack, du bist nicht der Einzige, der gern spielt. Nur spielt Bladehorn im ganz großen Stil. An der Börse, Jacko. Wall Street. Weißt du, was spekulieren heißt, Jack? Hmm? Es bedeutet, du borgst dir ohne irgendwelche Sicherheiten Geld. Zwanzig-, dreißigmal so viel, wie du selbst hast. Dann investierst du das in irgendeine Kupfermine in Bolivien oder Paraguay. Und wenn’s klappt, dann läuft’s genauso wie beim Blackjack, und wenn nicht …?
Na, dann borgst du dir eben noch mehr. Du borgst dir was für den nächsten großen Coup. Schließlich kann man ja nicht immer verlieren, nicht wahr? Und genau wie du weiß auch Bladehorn nie, wann es Zeit ist, auszusteigen.«
Arno zog seine Hand aus der Halsschlinge und Jack schnappte nach Luft wie ein Neugeborenes.
»Der Einzige, der Bladehorn jetzt noch die Wölfe vom Hals hält, ist ein Mann mit gebrochenem Arm und ohne Fäuste.«
»Mein Gott!« Jack rang nach Luft. Becker hockte sich in den Strahl der Scheinwerfer.
»Also erzähl mir alles, was du weißt, Jack. Jede Kleinigkeit. Man kann ja nie wissen.«
»Na, gut, in Ordnung.« Jack hätte sich lieber weiter
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