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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Aufzug: All the world’s a stage
    Das Bankhaus Heimbrecht & Co. residierte neben der Lamberti-Kirche im zweiten Stock eines Hauses, das vor Jahresfrist verunziert worden war. Größer als der Schriftzug der ehrwürdigen Bank prangte seitdem der Name eines Modeladens an der Fassade: HASARDEUR. HHH hatte diesen optischen GAU nicht verhindern können. Trotz seiner guten Beziehungen.
    An diesem Tag, dem 29. Februar, war das Gebäude mit einem riesigen Familienwappen der Heimbrechts geschmückt, sodass man die Inschrift nicht mehr lesen konnte.
    Der Chef hatte seinen Angestellten freigegeben. Zur Feier des Tages. Auch das hatte der Mann bedacht, als er seine Anrufe startete.
»Wer spricht denn da?«
»Das tut nichts zur Sache.«
»Dann lege ich jetzt auf.«
»Ich wollte Ihnen nur einen guten Rat geben.«
»Dafür kann ich mir nichts kaufen.«
»O doch. Dieser Rat ist Gold wert, wenn nicht mehr …«
»Erst will ich wissen, wer da spricht.«
»Nennen Sie mich Deep Cash. «
»Wie bitte?«
» Deep Cash. Es geht um Ihr Geld.«
»Und was ist damit?«
»Es ist in Gefahr.«
    Die Liste, die der Mann sich zurechtgelegt hatte, bestand aus fünf Namen und fünf Telefonnummern. Es war gar nicht so einfach gewesen, manche dieser privaten Nummern zu ergattern.
    Derjenige, der sie kannte, hatte eine erste Hürde genommen. Niemand fragte ihn, wie er an seine Handynummer gekommen sei.
»Diese Information ist ausschließlich für Sie gedacht.
»Was verschafft mir das Privileg?
»Sagen wir mal so: Ich schulde Ihnen noch etwas.
»Was könnte das sein?
»Das werden Sie schon selbst herausfinden.
»Aber warum sollte ich Ihnen vertrauen?
»Wenn Sie es nicht tun, werden Sie die Konsequenzen zu tragen haben. Und die sind erheblich.
»Sagt Deep Cash?
»Sagt Deep Cash.
    Zweiter Tod / zweiter Aufzug: And all the men and women are merely players
    Kurz nach acht Uhr, an diesem Dienstag, dem 29. Februar 2012. Die ersten beiden Anrufe. Niemand würde diese Information für sich behalten. Jeder der Angerufenen würde den Schneeball weiter rollen, bis daraus eine große, runde Kugel und schließlich eine Lawine werden würde.
    Die Stimmung bei der Hochzeitsparty im Erbdrostenhof war am Nachmittag auf dem Gefrierpunkt angelangt. HHH hatte sich dermaßen in Rage geredet, dass einige der hochmögenden Gäste schon das Weite gesucht hatten. Der Feinkosthändler Kehrer wedelte mit der schriftlichen Bestellung, die der Banker ihm aus der Hand riss und in winzige Schnipsel zerlegte. Auch der launige Vortrag des für viel Kohle engagierten Wilsberg-Schauspielers, der über die armen Kinder witzelte, die nur alle vier Jahre Geburtstag hätten, aber dafür ewig jung blieben, ließ keine rechte Feierlaune aufkommen.
    Kurz vor 23 Uhr schlich sich der Mann, der sich für diesen Besuch in einen Kellner ohne sonore Stimme verwandelt hatte, in den Erbdrostenhof, besah sich die exotischen Speisen, von denen kaum jemand etwas angerührt hatte. Er wartete auf den Moment, in dem er HHH unbemerkt etwas in die Smokingtasche praktizieren konnte.
»An Ihrer Stelle würde ich die Transaktion gleich morgen früh starten.«
»Warum so hastig?«
»Weil es mittags vielleicht schon zu spät sein kann.«
»Wie meinen Sie das?«
»Wie ich es sage: Mittags wird Heimbrecht & Co. dichtmachen … dann ist Schicht in der Bank.«
»Glauben Sie, dass es so schnell geht?«
»Wenn es nicht schon zu spät ist …«
»Sollte ich jetzt noch … ich meine um diese Uhrzeit …«
»Das müssen Sie selbst entscheiden. Wenn die Sache erst mal ins Rollen gekommen ist …«
»Aber ich habe doch erst letzte Woche mit Hans-Henning zusammengesessen …«
»Glauben Sie, er würde Ihnen etwas von der Finanzklemme sagen, in der seine Bank steckt? Das wäre doch das pure Gift.«
»Da haben Sie recht. Ach … bevor ich es vergesse … danke für den Tipp.«
    Zweiter Tod / dritter Aufzug: And one man in his time plays many parts
    Der Mann hatte für jeden der letzten drei Anrufe nicht mehr als zwei Minuten eingeplant.
    Die Sanduhr aus der Küche, die er beim Eierkochen benutzte, stand neben dem schwarzen Telefonapparat, ein Relikt aus den Fünfzigerjahren, solide Verarbeitung aus Bakelit. Die Wählscheibe quietschte ein wenig, wenn er sie drehte. So ein Prachtstück fand man nicht auf dem Sperrmüll.
»Sie wollen mir doch nicht sagen, ich soll mein ganzes Geld da rausziehen?«
»Genau das rate ich Ihnen.«
»Aber das wird Heimbrecht das Genick brechen.«
»Sonst bricht es Ihnen das Genick.«
»Wie soll diese

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