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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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in den USA durften ab 1920 wählen. Wie man den Weltfrauentag auch feiern kann, davon erzählt die Kabarettistin Kathrin Heinrichs in ihrer Geschichte.

Kathrin Heinrichs
    Frauentag in Schwerte
    Sie hielt an, wo der Mühlenstrang in die Ruhr mündete. Leicht verschwitzt, wie sie feststellte. Die Fahrradtour von Villigst herunter zum Fluss hatte sie doch mehr mitgenommen, als sie gedacht hatte. Ein Blick auf die Uhr, halb acht. Viel zu früh. Die Veranstaltung in der Rohrmeisterei begann erst um acht, ihre Freundin Birgit war sicher noch nicht da.
    Kurzentschlossen stellte Verena das Fahrrad neben einer Bank ab und setzte sich. Es war ein traumhafter Ort, mit einem wundervollen Blick über die Ruhr. Verena hatte schon häufig hier gesessen. Die alte Holzbrücke, das Plätschern des Flusses, das Hinweisschild, das auf die Gaststätte Amsel aufmerksam machte. All das war für sie Heimat. Schwerte – von seiner allerbesten Seite.
    Verena legte die Hand auf ihren Bauch. Sie sah all das viel klarer, seitdem sie noch einmal ein Kind erwartete. Für einen Moment schloss sie die Augen, sog den lauen Frühlingsabend ein, registrierte den minimal muffigen Geruch, der vom Mühlenstrang heraufzog, hörte ein paar Vögeln zu, die sich stritten oder liebten – oder beides auf einmal.
    Als sich plötzlich Musik in die Ruhridylle drängte, schreckte Verena auf. Zwei Jugendliche fuhren auf Inlinern vorbei, aus den iPod-Kopfhörern des einen quäkten Technobeats. Wie alt waren die beiden? Vierzehn? Fünfzehn? Etwas älter als Steffen, ihr Großer. Ein paar Meter entfernt, führte eine Frau ein hässliches Pinschergemisch aus. Verena stand auf. Vielleicht war Birgit inzwischen da. Wenn sie sich denn überhaupt herausgetraut hatte.
    Verena sah die Traube schon von Weitem. Frauen, die am Eingang zur Rohrmeisterei unschlüssig vor einem Aushang standen. Auch Birgit war schon da. Sie war mit dem Auto gekommen, ganz klar. Zum einen, um ihre beeindruckende Föhnfrisur nicht zu gefährden. Zum anderen, weil sie mittlerweile Schiss hatte, aufs Fahrrad zu steigen.
    »Ausgerechnet heute!«, piepste Birgit vor dem Plakat. »Wenn wir uns mal was vornehmen.«
    Die Veranstaltung zum Internationalen Frauentag muss aus Krankheitsgründen leider ausfallen!
    »Es tut mir furchtbar leid«, erklärte die Gleichstellungsbeauftragte vermutlich zum hundertsten Mal. »Aber Herr Dr. Fiedler hat ganz kurzfristig abgesagt.«
    »Warum hält eigentlich ein Mann den Vortrag zum Internationalen Frauentag?« Ein raspeliger Kurzhaarschnitt wollte das wissen. Drei Ringe im rechten Ohr, Bikerstiefel, Kurzlederjacke.
    Kampflesbe, schätze Verena. Sie zwinkerte Birgit zu.
    »Herr Dr. Fiedler ist der führende Kriminalpsychologe in Sachen weibliche Gewaltkriminalität. Wenn man eine Veranstaltung zu diesem Thema ausrichtet, kommt man um ihn nicht herum.«
    »Und nun?« Birgit sah Verena mit ihrem Hundeblick an.
    »Gehen wir was trinken!« Verena hakte sich bei ihrer Freundin unter. »Mein Nachwuchs und ich haben uns schon den ganzen Tag auf einen Kirschsaft gefreut.«
    »Birgit?«
    Sie hatten sich gerade im Bistro der Rohrmeisterei einen Platz gesucht, als die Frau zu ihnen an den Tisch kam. Ein wenig rundlich, um die siebzig, statt Handtasche einen dieser Minirucksäcke auf dem Rücken – Typ fröhliche Ehrenamtlerin.
    »Frau Blaschke?« Birgit schien sich zu erinnern. Verena jedenfalls kannte sie nicht. »Meine Grundschullehrerin«, erklärte Birgit und strahlte, »damals in Westhofen.«
    Immerhin, dachte Verena, sie strahlt. Sie und Birgit kannten sich schon ewig – aus ihrer gemeinsamen Zeit am Ruhrtalgymnasium. Über Birgits Grundschulzeit wusste sie allerdings kaum etwas.
    Birgit geriet angesichts ihrer alten Lehrerin ganz aus dem Häuschen, ihre Stimme schraubte sich noch höher als sonst, und ihre Wimpern flatterten, als wolle sie damit Fliegen verscheuchen. »Wie lange haben wir uns nicht gesehen! – Die Annette? Nee, zu der habe ich keinen Kontakt mehr …« Und dann – Verena glaubte, nicht recht zu hören: »Setzen Sie sich doch zu uns, Frau Blaschke!«
    Na toll! Verena hätte gern einen Kirschsaft mit Wodka bestellt.
    Stattdessen ging sie auf die Toilette ein Stockwerk höher, um ordentlich nachzupudern. Auf dem Rückweg blieb sie an der Balustrade stehen und genoss den Blick von oben auf das Restaurant der Rohrmeisterei. Eine Wahnsinnsatmosphäre! In der Mitte der Restaurant-Glaskasten, darum herum munterer Bistrobetrieb. Verenas Blick blieb an dem

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