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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Entenhaltung in der ländlichen Hellwegregion des neunzehnten Jahrhunderts. Das restliche Wanderstück führte durch den renaturierten Emscherpark in Holzwickede zum Bahnhof zurück. Begleitet wurde man dabei von Entenpaaren, die sich auch gemeinsam mit den Wanderern fotografieren ließen. Eine Wanderung für Familien. Ein Hit für Kinder. Länge des Weges: zwölf Kilometer.
    Das Etap-Hotel lag direkt im Industriegebiet. Hier verweilten nur die, die auf der Durchreise waren. Möhringer hatte Brandt eine Nachricht hinterlassen, dass er später kommen würde. Der Weg dorthin erwies sich als länger, als er gedacht hatte. Als er endlich das Hotel erreichte, war er erschöpft und durchgefroren. Zum Glück hatte der Regen aufgehört zu nerven. Kein Mensch war zu sehen. Es war dunkel wie auf einem Autofriedhof. Wilde Hunde schlichen um das Hotel, Krähen hockten auf der Treppe. Wo waren die Enten?
    Möhringer ging in das Hotel. Er war hungrig und hatte schlechte Laune. Natürlich hatte er auch Angst. Was führte Brandt im Schilde? Er traute dem Frieden nicht. Direkt hinter der Rezeption konnte man den Frühstücksraum sehen. Weiße Würfel ersetzten Stühle.
    »Herr Brandt hat uns schon Ihr Kommen angekündigt«, sagte die Rezeptionistin. »Sie können einfach hochfahren. Herr Brandt wohnt im achtzehnten Stockwerk im Zimmer 806, direkt gegenüber dem Aufzug.«
    Der Aufzug fuhr so langsam, als wollte er sich schonen. Möhringer dachte an das Treffen mit Brandt. Nun galt es, reinen Tisch zu machen. Er wollte auf Brandt zugehen und ihm die Idee der Entenroute vorschlagen. Das war neu. Das müsste ihn interessieren. Vielleicht schafften sie so einen Neuanfang.
    Als er aus dem Aufzug stieg, sah er gleich das Zimmer 806. Er wollte anklopfen, aber die Tür war geöffnet. Hier stimmte etwas nicht. Er lauschte an der Tür. Alles war still. Automatisch griff er in seinen Parka und holte die Beretta hervor. Er zögerte kurz, dann stieß er die Tür auf. Er dachte noch, dass er einen komischen Duft wahrnahm, als ihm auch schon aus einem Eimer ein nasser Schwall entgegenkam. War das Benzin? Er war sofort durchnässt. Wer macht denn solche Scherze? Wer stellt denn einen Eimer auf den Rah men der leicht geöffneten Tür, damit er sich auf den entleerte, der die Tür öffnete, um einzutreten? Der Eimer hatte ihm die Beretta aus der Hand geschlagen. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn.
    »April, April!« Brandt stand vor ihm. »Selten so gelacht!« Er hatte Handschuhe an und überschüttete ihn aus einem Kanister mit Benzin. »Sicher ist sicher«, sagte er. »Möhringer, du sollst brennen.«
    Möhringer sackte zusammen. Das war zu viel für ihn. Er sah noch, wie Brandt ein Feuerzeug aus der Tasche kramte und eine Zeitung anzündete. »Du hast wohl gedacht, du kannst mich reinlegen, was?« Brandt schob mit dem Fuß die Beretta unter das Hotelbett. »Wie praktisch, dass deine Verlagsanteile automatisch an deine Witwe fallen.«
    Möhringer dachte noch an die Erscheinung bei der Emscherquelle, Emrizza Amberhus. Sie hatte ihn vor der Feuersbrunst und Brand warnen wollen. Wie blind musste er gewesen sein? Sein Konkurrent hieß Brandt. Brandt wie Feuersbrunst. Brandt wollte ihn anzünden. Er warf die Zeitung zu ihm, die lodernd den Raum erhellte. »Ich werde vom armen Kollegen erzählen, der das Leben nicht mehr ertragen konnte und freiwillig seinem Dasein ein Ende machte«, kicherte Brandt.
    Ehe sich Möhringer noch fragen konnte, was nun aus der Entenroute werden sollte, stand er in Flammen. Er murmelte noch »Du Ratte«, dann warf er sich auf Brandt und stieß ihn zum Balkon. Möhringer kreischte, als er die Tür aufriss und zusammen mit Brandt aus dem achtzehnten Stock stürzte. Viele Holzwickeder, die diesen Feuerball aus der Ferne sahen, dachten an eine Sternschnuppe und wünschten sich etwas. Möhringer machte sich auf die letzte Wanderung, die dieses Leben für ihn vorgesehen hatte, und er fiel weich. Holzwickede nannte später eine Straße nach ihm, dem großen Freund der Gemeinde. Seit diesem Tag hieß die Hauptstraße Möhringerstraße.

Karfreitag
    Der Karfreitag ist der Freitag vor Ostern, der Tag nach dem Gründonnerstag. Im christlichen Glauben wird am Karfreitag des Kreuzestodes Jesu Christi gedacht. Der Karfreitag ist ein ›stiller Feiertag‹, an dem in Deutschland weder Tanz- noch Musikveranstaltungen durchgeführt werden dürfen, außer wenn sie ›auf den ernsten Charakter des Tages‹ Rücksicht nehmen. Im katholischen

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