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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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verspeiste er Sandwichs, während er einen Leichnam untersuchte, noch machte er dabei zynische Bemerkungen über das Leben und die Sinnlosigkeit desselben. Mit seinen grauen Haaren und den schlaksigen ein Meter zweiundneunzig wirkte er eher wie ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat. Und er verfügte auch über dessen ausgeprägte soziale Kompetenz, was Joon und seinem Kollegen den Besuch in den kühlen Katakomben seines Institutes erheblich erleichterte.
    »Danke, dass Sie gekommen sind!« Doc Schanz verteilte seinen kräftig-vertrauenerweckenden Händedruck. »Ich freue mich, Sie zu sehen!«
    Richard Joon winkte ab: »Keine Ursache, Doc!«
    »Das war ein interessanter Fall, dieser Sandner!«
    Auch Milleck winkte ab. »Für Sie suchen wir immer nur das Beste aus, Doc!«
    Doc Schanz hob das Tuch an, unter dem der Leichnam Sandners lag und deutete mit seinem Teleskopkugelschrei ber auf den aufgedunsenen Penis des ertrunkenen Busfahrers. »Gut, dass Sandner nicht beschnitten war. Daher konnten wir noch Reste unter der Vorhaut finden.«
    »Danke für ihre offenen Worte!« Milleck schluckte hörbar.
    »Keine Ursache, lieber Herr Milleck! Es handelt sich dabei um Speichel!«
    »Und wie kommt der da hin?« Milleck versuchte, nicht allzu angewidert auf das zu starren, was der Doc jetzt leicht anhob. »Ich meine, natürlich weiß ich, wie der da hinkommt …«
    »Sie meinen also, er genoss noch kurz vor seinem Tod einen Blowjob?«, fragte Joon.
    »Und was für einen!«, sagte der Doc. »Denn diese Person hatte genügend Kokain im Speichel, um dem Herrn Sandner mit dem Job den Verstand wegzublasen. Dabei handelt es sich übrigens um den gleichen Stoff, der auch in dem Linienbus transportiert wurde.«
    »In welchem Bus?«, fragte Joon perplex.
    »Ihrer Tatwaffe, dem Bus! Das aufgebrochene Siegel zur Halle! Wir haben noch Reste einer Vorrichtung gefunden, mit der man kleine Boxen unter der Karosse transportieren kann. Funktionierte idiotensicher – im hinteren Drittel des Fahrzeugs, ein Griff unter das Bodenblech, Metallbox rausziehen, Ware entnehmen und wieder zuschieben. Was für Ware das war, können Sie sich denken. Columbian Snow, Reinheitsgrad fünfzig Prozent. So was kommt als Großhandelsware aus den Niederlanden herein, meist übers Wasser.«
    Milleck pfiff durch die Zähne. »Donnerwetter, Doc! Ich bin beeindruckt. Und ich beneide fast den Herrn Sandner um seine letzte Nacht – Weiberfastnacht, wahrscheinlich mit zwei Rio-Bräuten an der Marina. Hossa, das ist Karneval!«
    »Was sagst du da?« Richard Joon packte seinen Kollegen am Ärmel. »Komm wir müssen los! Du fährst nach Bergkamen in die Ebertstraße und lässt mich vorher raus.«
    Milleck zuckte mit den Schultern, schickte einen vielsagenden Blick zu Edgar Schanz und hastete seinem Chef hinterher. »Hallo? Richard? Was soll ich in Bergkamen? Richard, rede mit mir!«
    Dienstag, 13.11.2012. Zwölf Uhr am Mittag.
    Betriebshof der VKU, Lünener Straße, Kamen.
    Betriebsratssitzung. Nicht stören. Richard Joon scherte sich nicht um das Schild. Da es rundherum mit breitem Klebeband fixiert war, handelte es sich zweifellos um eine Dauersitzung. Als er die Tür öffnete, war er überrascht, wie groß dieser Raum war. Er bot mehr Platz als das Büro des Betriebshofleiters der VKU. Dafür wirkte es aber mit mehreren Schreibtischen und Wandregalen zugestellter als das puristische Domizil von Uwe Packen.
    Eine Kaffeemaschine verströmte den beißenden Geruch abgestandenen Filterkaffees. Ottmar Pauli saß an seinem Schreibtisch und schnitzte mit einem Messer an einem hölzernen Segelbootmodell nach einer 3-D-Ansicht der Jacht, die sich auf dem Monitor seines Betriebsratscomputers drehte.
    »Das ist aber eine arbeitsreiche Arbeitervertretung, ich bin beeindruckt!«
    »Ich weiß nicht, ob Sie als Beamter da unbedingt mitreden können«, gab Pauli ungerührt zurück.
    »Hübsches Bötchen haben Sie da!«, sagte Joon. »So was in groß haben Sie ja in Rünthe in der Marina liegen. Wollen Sie nicht bald auf Dock gehen? Der Winter steht vor der Tür.«
    »Ja, wird langsam Zeit. Ich wusste gar nicht, dass Sie sich so für Boote interessieren, Herr Kommissar«
    »Hängt vom Boot ab. Ich nehme an, Sie haben inzwischen gründlich Klarschiff gemacht.«
    »Ja, sauber halten ist mehr als die halbe Miete.«
    »Na ja, Hauptsache ihr Freund Sandner hatte noch ein bisschen Spaß.«
    Ottmar Pauli legte sein Modellboot weg und blickte Joon fest in die Augen. »Herr Kommissar, ich

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