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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Martin
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Kutschbock her mit seinem verführerischen Duft.
    Als das kleine Feuer fröhlich vor sich hin knisterte und allem in seinem bescheidenen Schein einen warmen orangen Anstrich verlieh, rollte er seinen Schlafsack aus und rammte den Spazierstock in die Erde. Anschließend nahm er seinen Weinschlauch und kam gemächlichen Schrittes auf den Wagen zu geschlendert; auf dem Weg nahm er einen tiefen Schluck und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab.
    »So, mein Täubchen«, flötete er, wobei seine Zunge bereits etwas schwer vom Wein war, »dann wollen wir dir mal was zu beißen geben.«
    Mit schwerfälligen Bewegungen hievte er seinen massigen Leib auf den Kutschbock, nahm den Teller wie eine Gasthausbedienung und kletterte dann zu ihr auf die Ladefläche.
    Kali Darad beobachtete angespannt mit hartem Mund jede seiner trägen Bewegungen, gab aber keinen Laut von sich. Schließlich baute er sich vor ihrem Käfig auf, strich mit der freien Hand über die drei Zöpfe seines Bartes und räusperte sich.
    » So, mein Schatz. Dann mach mal schön weit den Schnabel auf. Ich kann dich doch schließlich nicht verhungern lassen, nicht wahr?«
    Die Harpyie verkrampfte sich. Sie hatte seine Worte vom Verdienen ihrer Mahlzeit nicht vergessen. Umso schlimmer war es, dass der Hunger ihr jetzt, wo das köstliche Fleisch zum Greifen nahe war, einen geradezu perversen inneren Kampf aufdrängte. Ihre tierische Seite sah nur das köstlich duftende Fleisch und drängte, vom Hunger beherrscht, gierig vorwärts, während ihre menschliche Seite auch den Preis für die dargebotene Gabe kannte. Immer wieder huschte ihr Blick zwischen dem Teller voller Köstlichkeiten in seiner Hand, und dem großen schwarzen Knochen an seinem Gürtel hin und her. Auf diese morbide Weise bot sich ihr überdeutlich die Wahl, vor der sie stand; eine Wahl, bei der sie so oder so verlieren würde. Sie konnte nur entscheiden, wie hoch: Würde sie das Essen ausschlagen, würde er sie hungern lassen und trotzdem seinen Willen bekommen. Nahm sie es an, würde er auch seinen Willen bekommen, doch wenigstens hätte sie dann etwas Essbares im Bauch. Und wenn sich ihr irgendwann auf ihrer Reise eine Gelegenheit zur Flucht bot, würde sie all ihre Kraft benötigen.
    Und so hüllte sie ihr Herz in Eis und zwang sich, den Mund zu öffnen und die zarten Fleischstücke zu empfangen; sie schmeckten nach Asche. Trotzdem aß sie was sie bekommen konnte.
    Auch beim – wie er es widerwärtiger weise nannte – Nachtisch versuchte sie sich mit jeder Faser ihres Seins auf ihre Flucht zu konzentrieren. Doch so sehr sie sich auch mühte, vermochte sie nicht ihre geschändete Seele vor den Abscheulichkeiten abzuschirmen, welche er ihr erneut antat. Jedes Mal, wenn es ihr gelang, sich hinter Bildern von Freiheit und blutiger Rache zu verstecken, zerriss der Bann des schwarzen Knochens die Bilder wieder und zwang sie zurück in die grausame, abstoßende Realität, in der sie ohne jegliche Gegenwehr - scheinbar sogar bereitwillig - Dinge tat, die ihr die Tränen in die großen Augen trieben; von ihren Prangern befreit und doch stärker gefesselt, als jemals zuvor.
    Eine unbestimmbare Zeit später – ihr kam es wie eine Ewigkeit vor – hing die Harpyie wieder mit geschundenem Körper in ihren Prangern und starrte nach Norden zum dunklen Horizont, wo das Mondlicht silbern auf den Geierfels schien und vereinzelte Sterne darüber funkelten. Glitzernde Tränen tropften von ihrem Kinn und zerplatzten auf dem Pranger, der mit eisernem Griff unnachgiebig ihre Füße umklammert hielt. Und wieder gab sie keinen Laut von sich.
     
     
    Die nächsten Sonnen verliefen wie die ersten beiden. Während die Sonne über das Himmelszelt wanderte, ergab sich El Kadir in nicht enden wollende Anekdoten aus seinem Leben als Händler. Beginnend bei den Anfängen, wo er nur mit Wolle oder Eisenerz gehandelt hatte, bis heute, wo er mit Schmuck, Sklaven, seltenen Stoffen und Gewürzen und allerlei Kuriositäten handelte, und die Große Kali Darad – seine Haupteinnahmequelle - in der Arena kämpfen ließ.
    Und wenn sich die Nacht auf das Land herabsenkte, machte er von dem schwarzen Bannknochen Gebrauch, um seine Lust zu befriedigen.
    Am Abend der sechsten Sonne seit ihrem Aufbruch von Ballamar, als die Schatten wieder länger wurden und das Gras sich golden färbte, begegnete ihnen ein Reiter. Er saß zusammengesunken auf einem wunderschönen rötlich braunen Hengst mit weißer Blesse und trug einen staubigen

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