Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)
all das, was sie bis jetzt hatte erdulden, und noch würde erdulden müssen.
Ihre großen grauen Hände öffneten und schlossen sich in grimmiger Entschlossenheit, während der Wagen weiter den geschwungenen Pass folgte. Schritt für Schritt rumpelten sie auf die Stelle zu, die Kali Darads Herz zum Hämmern brachte.
Bleib. Bleib, Schatz, bleib.
»Diese Hure von einem Pass!«, schnauzte El Kadir und spie nach rechts in den Abhang hinaus. »Die Götter sollen dieses Räuberpack erschlagen.«
Wieder rumpelte der Wagen über einen Felsen. Doch diesmal sackte er gleichzeitig rechts ab, sodass sich der gesamte Wagen besorgniserregend nach rechts neigte. Geistesgegenwärtig warf sich der schwergewichtige Mann, ohne zu zögern mit seinem gesamten Gewicht nach links, und bewahrte so den Wagen vor dem Kentern.
Erst, nachdem der Wagen weitere fünf Schritt ohne Zwischenfall zurückgelegt hatte, wagte Kali Darad wieder zu atmen und legte die Flügel wieder an. Zu früh. Es war noch zu früh. Der Abhang war noch zu steil, um einen Absturz zu überleben.
Noch dreißig Schritt. Der Abhang begann ein wenig flacher zu werden. Weiter voraus bemerkte El Kadir die kritische Stelle, die ihr bereits aufgefallen war. Ihr Herz schlug wie wild. Bald war es soweit.
»Oh verflucht soll dieser verdammte Weg sein!«, tönte es wieder lautstark vom Kutschbock her, untermalt vom lauten Knallen einer Peitsche. »Da vorne wird es holprig. Aber hab keine Angst, mein Schatz. Ich bekomme uns schon da durch.«
Nein, wirst du nicht . Den Mund der Harpyie umspielte ein kaltes, grausames Lächeln, während ihre Augen nur noch goldene Schlitze waren.
Noch zwanzig Schritt. Angespannte Stille herrschte auf dem Wagen, wodurch das an der steilen Felswand widerhallende Klappern der Hufe geradezu ohrenbetäubend wirkte. Ihr Atem ging schneller.
Noch zehn Schritt. Das Blut rauschte in ihren Ohren und das Herz schlug ihr bis zum Halse. Noch nie hatte sie derartige Aufregung verspürt. In der Arena hatte sie gegen den Quell ihrer Aufregung kämpfen und ihn töten können. Doch hier war sie der willkürlichen Laune des Schicksals machtlos ausgeliefert.
» Oh, mein Schatz«, keuchte El Kadir vor Anspannung und leckte sich über die Lippen, während er die gefährliche Stelle mit zusammengekniffenen Augen feindselig anstarrte. Eine wahre Herausforderung an sein fahrerisches Geschick, doch durchaus lösbar. Vor allem mit der richtigen Motivation! »Wenn wir hier durch sind, winkt uns eine lange, vergnügliche Nacht. Das habe ich mir verdient«, fügte er leise hinzu.
»Freude. Ich freue mich darauf, mein Herr«, meinte Kali Darad mit einem devoten Unterton, der El Kadir, entgegen jeglicher Vorsicht, herumfahren ließ.
Für einen kurzen Augenblick starrte er verwirrt in das wölfisch lächelnde Antlitz der Harpyie, bevor sich die Ereignisse überschlugen. Die Klapperschlange, die Kali Darad zuvor unter einen Stein hatte kriechen sehen, wurde von den Hufen der Pferde aufgeschreckt und biss das linke Pferd in einen der Vorderläufe. Das Tier wieherte schrill und bäumte sich auf. Die Panik über den verborgenen, tödlichen Angreifer griff sofort auf das andere Tier über und schon gingen beide in halsbrecherischem Galopp durch. Der Händler riss mit aller Kraft an den Zügeln, doch die panischen Tiere gehorchten ihm nicht mehr. Wie ein Gewitter donnerte und krachte das Gespann über den gefährlichen Abschnitt und warf den Wagen wie ein Boot in wilden, reißenden Stromschnellen hin und her, dass sich El Kadir nur noch mit Mühe auf dem Kutschbock halten konnte.
Ein lautes Krachen ertönte, als plötzlich die Vorderachse unter der viel zu hohen Belastung nachgab und nahe dem rechten Rad brach. Das Rad flog in hohem Bogen davon und die Achse schabte, eine Spur aus Holzsplittern hinterlassend, über das Geröll.
» NEEEEEIN!«, schrie El Kadir entsetzt auf, als der Pfad vor ihm eine Linkskurve beschrieb und er ohne jegliche Kontrolle darauf zu jagte.
Mit einem lauten Schlag grub sich die abgebrochene Achse in das Geröll und das Heck des Wagens wurde wie ein Spielzeug nach links herumgerissen, um mit einer solchen Kraft krachend gegen die Felswand geworfen zu werden, dass die Seitenwand splitternd eingedrückt wurde. El Kadir und Kali Darad schrien laut vor Schmerz auf, als sie brutal zur Seite gegen die Felswand geworfen wurden. Die schiere Wucht des Aufpralls schleuderte den Wagen jedoch sofort wieder zurück und trug das Heck mit einem unheilverkündenden
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