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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Martin
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kehliges Knurren, dass ganz aus der Nähe zu kommen schien. Mit aufgefächertem Schopf schaute Kali Darad ruckartig hierhin und dorthin, während sie nach der Quelle dieses ominösen Knurrens suchte. Der Morgen war zwischenzeitlich angebrochen und der Zorn des Sturms war verraucht. Über ihnen strahlte das Blau des Himmels und die Sonne schien hell durch die Felsspalte zu ihnen herein, direkt in das Gesicht der geblendet blinzelnden Harpyie. Die Nacht hatte ihr einen dicken weißen Umhang über die Schultern geworfen, auf dem ihr scharlachroter Schopf wie frisch vergossenes Blut wirkte. Erstaunlicherweise war es unter diesem Umhang aus in der Sonne glitzerndem Schnee nicht bitterkalt, sondern regelrecht angenehm warm.
    Da war wieder dieses Knurren! Und es kam... von unter dem Umhang her! Vorsichtig, jederzeit bereit mit der Waffe, der sie ihren Namen verdankte, zuzustoßen, lüftete sie langsam mit der gepanzerten Hand den Umhang. Erstaunt stellte sie fest, dass das vermeintliche knurrende Untier in Wirklichkeit niemand geringeres war, als ein in den tiefsten Tönen schnarchende Barde, der an sie gelehnt zwischen ihren Beinen saß und den Kopf auf ihre Brust gebettet hatte.
    Mit einem wirschen Grunzen ließ sie ihn wie einen nassen Sack fallen und stieg, ein ganzes Schneegestöber hinter sich herziehend, über ihn hinweg, zur Felsspalte.
    »Warte, Maoki«, nuschelte der Barde noch im Halbschlaf und tastete dabei blind auf dem kalten, schneebedeckten Boden herum, »ich schaff noch eine Runde. Ich...« Verwirrt setzte er sich auf und sah sich hilflos blinzelnd um, bevor er seine Orientierung wiedererlangte und ihn die Erinnerungen an letzte Nacht wieder einholten. Nur wo war seine unheimliche Nemesis?
    An der Felsspalte fand er seinen Umhang am Boden liegen. Achtlos fallen gelassen, wie ein ausgedientes Mittel zum Zweck.
    »Natürlich«, beschwerte er sich bei jedem, der ihn vielleicht hören konnte, und erhob sich langsam wieder; seine Glieder waren von der unbequemen Nacht ganz steif gewordenen und sein Hintern fühlte sich an, als wäre er gefroren. »Ein Umhang hält auch so viel besser warm, wenn man ihn einfach achtlos im Schnee liegen lässt.«
    Weiter leise vor sich hin maulend klopfte er sich den Schnee von der Kleidung und holte sich seinen Umhang zurück, den er zunächst erst einmal gründlich ausschütteln musste, bevor er ihn ordentlich über seinen Unterarm legte und den großen Vogelspuren zur Felsspalte hinaus folgte.
    Er schirmte mit dem linken Arm seine Augen gegen das grelle Sonnenlicht ab, während er durch die Felsspalte hinaus auf den Pass trat. Entgegen seiner Erwartungen fand er die Harpyie vielleicht fünf Schritt weit entfernt auf einem kargen Felsen hockend vor, wie sie den Blick über das grüne Land, bis hin zum Horizont schweifen ließ. Ein leichter Wind – nicht mehr als eine schwache Erinnerung an den Sturm von letzter Nacht – wehte über den Schicksalspass und spielte in Kali Darads Federn. Wenn sie ihn bemerkt hatte, ließ sie es sich nicht anmerken. Und wenn nicht, wollte er nicht riskieren sie zu erschrecken und vielleicht im Affekt von ihr niedergemäht zu werden.
    Er räusperte sich leise und trat in sicherer Entfernung von ihr an den Rand des Passes und schaute hinunter ins Tal. Es war schon faszinierend: Er stand bis zu den Knöcheln im Schnee, und um den Geierfels herum war alles saftig grün, als hätte es den Schneesturm nie gegeben. Hatte außer ihnen überhaupt jemand dieses winterliche Chaos mitbekommen? Vielleicht die beiden Kerle, die hinter ihm her waren? Und wenn ja, lebten sie jetzt noch?
    Ich hoffe doch inständig, dass Jugan die beiden vom Pass geblasen hat. Das wären wenigstens zwei Verfolger weniger, um die ich mir Gedanken machen müsste. Obwohl ich nicht weiß, um was ich mir mehr Gedanken machen muss: Um meine Verfolger, oder das Monster an meiner Seite .
    Er warf der Harpyie einen scheelen Seitenblick zu. Sie machte nicht den Eindruck, als hätte sie ihn wahrgenommen. Also räusperte er sich nochmal, atmete tief durch und sagte dann schlicht: »Danke.«
    »Wofür?«, kam es mürrisch zurück, als habe er sie bei etwas Wichtigem gestört.
    »Na ja«, zuckte er mit den Schultern, »Du hast mir letzte Nacht das Leben gerettet, oder nicht?«
    »Nein. Du bist warm. Allein wäre ich erfroren.«
    Er seufzte. »Na wenigstens hast du mich nicht getötet.«
    »Noch«, fügte sie so beiläufig hinzu, als hätte sie eine Bemerkung über das Wetter gemacht.
    Taros Goll

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