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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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diese wollte, daß sie heute abend in die Fonda käme. Florinda hatte alles, was geschehen war, bewußt herbeigeführt; es war alles genau so gekommen, wie sie es sich gedacht hatte. Niemand hatte es gewußt; sie hätte es wissen können. Florinda war eine Schauspielerin. Wenn sie eine Szene spielte, brauchte sie Zuschauer, die ihre Kunst zu würdigen wußten.
    John Ives rief einem unweit von ihm stehenden Manne zu: »Nimm Bartletts Arm, Reynolds, und hilf mir, ihn herauszubringen. Du bleibst besser bei deiner Frau, Oliver.«
    Garnet hatte sich noch nicht gerührt. Jetzt näherten sich ihr ein paar Männer, offenbar in der Absicht, sie vor etwaigen Belästigungen halb oder ganz Betrunkener zu schützen. Oliver gab den Arm Bartletts, den er hielt, an Reynolds ab und bahnte sich einen Weg zu Garnet zurück. John und Reynolds schleiften Bartlett zur Tür und wehrten die Männer ab, die noch immer Lust zeigten, den Diakon durchzuprügeln.
    Silky hatte die Entwicklung der Sache so erschreckt, daß er beinahe wieder nüchtern war. Er näherte sich jetzt Florinda, die noch immer bei Penrose stand, der seinen Arm schützend um sie geschlungen hatte. Silky hatte beinahe Tränen in den Augen; er bat mit flehend erhobenen Armen um Vergebung. Florinda zwickte ihn in den Schnurrbart. »Es ist schon gut, Silky«, sagte sie.
    Ihre Augen folgten John und Reynolds, die noch immer damit beschäftigt waren, Bartlett zur Tür zu schleifen. John rief über die Schulter zurück: »Gebt jetzt Ruhe, Boys! Wir werden ihn nach Hause bringen und einschließen.«
    Die Tür schlug dröhnend hinter ihnen zu. Plötzlich war eine fast lähmende Stille im Raum. Keiner schien so recht zu wissen, was nun weiter geschehen müsse. Die Köpfe der Männer wandten sich Florinda zu.
    Florinda schenkte allen ihr helles, strahlendes Lächeln. Sie wies flüchtig auf ihre Wange, die noch immer von Bartletts Hand gerötet war; ihre klare Stimme drang durch die Rauchschwaden im Raum.
    »Ich frage mich nur, wer ihm morgen früh die kalten Umschläge machen wird«, sagte sie.
    Aus der hintersten Ecke ertönte Applaus. Er kam von Texas. Texas schien trotz seiner Trunkenheit begriffen zu haben, was geschehen war. Er klatschte in die Hände. Als wäre das ein Signal, fielen zahllose andere Hände ein. Sie klatschten und schrien und trampelten; hier und da begann man Florinda hochleben zu lassen. Es war genau so, als stände sie nach Beendigung einer Vorführung auf der Bühne.
    Florinda lachte. Sie war glücklich. Sie war in ihrem Element; dies war ein Lärm, an den sie gewöhnt war.
    Sie löste sich aus Penroses Arm und stand gleich darauf auf dem Tisch. Sie lachte und warf den Männern Kußhände zu, genau so, wie sie gelacht und Kußhände geworfen hatte, wenn sie vor ihrem klatschenden und tobenden Publikum auf der Bühne stand. Sie trug ein einfaches bedrucktes Musselinkleid, das sie und Garnet in Señora Silvas Stube genäht hatten, aber ihr Temperament und ihr Frohsinn konnten ein besonderes Kostüm entbehren; sie wirkte aus sich selbst. Ihre Vitalität sprühte und griff auf die Männer im Raum über, wie sie die Gäste im ›Schmuckkasten‹ ergriffen hatte.
    Sie war wieder dort, wohin sie gehörte. Sie war eine großartige Attraktion, und sie wußte das; es währte nur wenige Minuten, da wußten es auch alle anderen. Sie schrien und applaudierten, und auch die wenigen Mexikaner in der Taverne, die kein Wort von dem, was gesagt und geschrien und gesungen worden war, verstanden, grinsten und klatschten und schienen höchst amüsiert.
    Einen Augenblick stand Florinda so auf dem Tisch und ließ sich bewundern. Dann hob sie die Hände und entfachte allein durch diese Bewegung einen neuen Tumult. Sie erhob ihre Stimme, keineswegs laut, aber so eindringlich und so akzentuiert, daß jedermann sie verstehen konnte.
    »Es ist großartig, Boys!« rief sie. »Zum erstenmal seit Monaten konnte ich mich wieder einmal natürlich bewegen. Ihr ahnt nicht, wie wunderbar das für mich ist.«
    Sie zog ein Taschentuch aus dem Busenausschnitt und winkte damit, ganz so, als begrüße sie Freunde nach der Rückkehr von einer langen Reise.
    »Hört zu«, rief sie, »ist jemals einer von euch außer Silky Van Dorn in New York im ›Schmuckkasten‹ gewesen? Nein? Dann wißt ihr nicht, was ihr versäumt habt, und es wird die höchste Zeit, daß ihr es erfahrt. Mr. Penrose, haben Sie Ihre Gitarre zur Hand? Gut, Sie werden mich jetzt begleiten. Setzt euch, Boys, setzt euch! Ihr sollt

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