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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Dich der erste Teil dieses Briefes beunruhigt haben sollte, kannst Du nun also beruhigt sein. Der einzige Mensch, der außer uns die Zusammenhänge kennt, ist John Ives, und John wird niemals und zu keinem Menschen darüber sprechen. Du weißt, ich mag ihn nicht, aber insoweit können wir völlig sicher sein. Und außerdem –
    Hier brach der zweite Bogen ab. Garnet saß steif aufgerichtet am Boden und starrte auf die Schrift.
    Für eine Weile herrschte in ihrem Kopf ein ähnliches Durcheinander wie zwischen den Papieren auf dem Fußboden. Sie vernahm die Stimmen der Männer, und sie hörte den Lärm der Pferde vor dem Haus, aber sie hörte das alles nur halb. Dann, ganz allmählich, begann sich der Knoten in ihrem Hirn zu entwirren. Sie saß still und unbeweglich, zu betäubt noch, um sich rühren zu können. Aber sie wußte nun, was geschehen war.
    Dies war ein Teil des Briefes, den John Oliver nach Santa Fé gebracht hatte. Es war der Brief, von dem John gesagt hatte, er hätte ihn nicht, nachdem ihm bekannt geworden, daß sie Olivers Frau war. John hatte alles gewußt. Er hatte gewußt, daß Oliver im vergangenen Jahr vor seinem Aufbruch nach Osten ein Liebesverhältnis mit der Tochter eines großen Rancheros hatte. Er hatte Oliver die Nachricht gebracht, daß das Mädchen ein Kind bekommen und daß ihr Vater seinen Freunden mitgeteilt habe, Oliver und das Mädchen seien bereits verheiratet.
    Das war es also, was Oliver ihr nicht erzählen wollte. Oliver hatte sie ohne jede Warnung in diese Verwirrung hineinstürzen lassen. Denn das war eine heillose, eine sehr ernste Verwirrung. Garnet erinnerte sich an den Ausdruck der Betroffenheit auf Johns gewöhnlich kühl verschlossenem Gesicht, als er vernahm, Oliver wolle sie mit nach Kalifornien nehmen. O nein, John hätte ihr das nie erzählt. John liebte es nicht, sich um die Angelegenheiten anderer Menschen zu kümmern.
    Garnet fühlte, wie die Wut in ihr hochkam. Sie brannte ihr wie eine glühende Kohle im Hals. Sie wandte mühsam den Kopf, um nach Charles und Oliver zu sehen. Sie saßen Seite an Seite auf der Wandbank. Charles erzählte Oliver Einzelheiten über die Arbeit auf der Ranch und ihre Ergebnisse. Charles hatte Olivers Anteil an dem kalifornischen Besitz immer als sein Eigentum betrachtet. Und wenn Oliver nun Carmelita Velasco geheiratet und dadurch ein neues ungeheures Vermögen erworben hätte – Charles hätte auch diesen Vermögenszuwachs als sein persönliches Eigentum betrachtet. Und Oliver hätte es geschehen lassen. Oliver hatte Charles offenbar immer für alles sorgen lassen. Kein Wunder, daß Charles vor Wut fast geplatzt war, als er hörte, Oliver habe inzwischen eine amerikanische Frau geheiratet. Ein ganzes Jahr lang hatte er den Besitz der Velascos schon als sein Eigentum betrachtet. Als sie dann neben Oliver auftauchte, war sie ihm erschienen wie jemand, der ihm einen großen Teil seines Besitzes geraubt hatte.
    Und Oliver? Garnet ballte die Fäuste. Die glühende Kohle in ihrem Hals explodierte, und die Wut durchdrang sie bis in die Zehen und in die Fingerspitzen. Warum war Oliver nicht ehrlich gewesen? Sie war sich immer klar darüber gewesen, daß er Mädchengeschichten gehabt hatte, aber sie hatte geglaubt, alle diese Geschichten seien erledigt und vergessen gewesen, als sie sich kennenlernten. Sie hatte an Beziehungen gedacht, wie sie die Männer in Santa Fé hatten, an unwichtige Gelegenheitsliebschaften. Dies hier war etwas anderes. Carmelita Velasco war die gut erzogene und behütete Tochter einer alten Aristokratenfamilie.
    Durch das Stampfen und Wiehern der Pferde draußen und durch die Stimmen der beiden Männer im Zimmer vernahm Garnet ihre eigene Stimme, wie sie einst zu Florinda gesprochen hatte:
    »In diesen Dingen weiß ich ziemlich gut Bescheid, liebe Florinda. Ich weiß, wie die Leute über ein Mädchen sprechen, das – nun, sagen wir: Unglück hatte. Man bemitleidet sie, aber man spricht selbstverständlich kein Wort mehr mit ihr. Sie ist für die Gesellschaft erledigt.«
    Ihre Stirn furchte sich und ihre Augen verkniffen sich, als versuche sie, in zu grelles Licht zu sehen. Wie ernst sie das damals gemeint und wie ernst es geklungen hatte! Jetzt klang es töricht und dumm. Vielleicht sollte sie ein sentimentales Gefühl für die arme Carmelita aufbringen. Aber sie brachte es nicht auf. Sie dachte nur: Carmelita hätte mehr Verstand aufbringen sollen. Und auch Oliver – oh, Oliver! – hätte mehr Verstand an den Tag

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