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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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ebensowenig wie sie. Florinda war mit den Gedanken wohl in der Vergangenheit; sie lächelte: »Er war eigentlich ein netter Kerl, Arabellas Vater, ein charmanter und amüsanter Bursche. Der witzigste Plauderer, den ich jemals kennengelernt habe. Was mag wohl aus ihm geworden sein?« Sie hob plötzlich den Kopf, als falle ihr etwas ein. »Garnet –, rief sie aus.
    »Ja? Was hast du?«
    »Das müßtest du eigentlich herausbekommen können.«
    »Ich? Wieso?«
    »Es ist doch sehr gut möglich, daß einer der New Yorker Jungen, die hier in Garnison liegen, ihn kennt. Selber möchte ich nicht gern nach ihm fragen. Er war damals, als ich ihn zum letztenmal sah, ganz zerknirscht wegen der Sache, und außerdem stand er im Begriff, zu heiraten. Ich möchte nicht, daß einer der Boys ihn belästigt, wenn er wieder nach New York kommt. Er stammt übrigens aus deinen Kreisen. Vielleicht kennst du ihn gar selbst. Du kannst deshalb ganz ungeniert fragen, so per Gelegenheit und ganz nebenbei: ›Sagen Sie, ich denke da gerade an einen alten Freund – Sag, könntest du das nicht?«
    »Aber selbstverständlich«, antwortete Garnet, »warum nicht? Ein merkwürdiger Gedanke übrigens: ich könnte einen deiner damaligen Verehrer persönlich gekannt haben. Wie heißt er denn?«
    Florinda gab ihr den Ring. »Da nimm«, sagte sie. »Er gehörte der vornehmen Gesellschaft aus der Bleecker Street an. Henry Trellen, wenn dir der Name was sagt!«
    Garnet ließ den Ring fallen; er rollte mit einem leisen Klirren auf den Fußboden. »Nein!« sagte sie.
    »Was ist los?« Florinda starrte sie an. »Kanntest du ihn etwa wirklich?«
    »Ja«, sagte Garnet. Weiter konnte sie vorläufig nichts sagen. Henry Trellen, dieser langweilige, aufgeblasene Narr, dieses hölzerne Nichts! Und Florinda hatte eben gesagt, er sei der witzigste Plauderer, den sie jemals kennengelernt habe. Henry Trellen, der mit ihr den Broadway entlangspaziert war und auf ihre Bemerkung, sie sei noch nie im ›Schmuckkasten‹ gewesen, geantwortet hatte: ›Ich bin überzeugt, Miß Cameron, die in diesem Etablissement gebotene Art der Unterhaltung würde Sie weder amüsieren noch belehren.‹ Henry Trellen und Florinda! Es war nicht auszudenken! Garnet keuchte mit heiserer Stimme:
    »Florinda, wann hast du Henry Trellen kennengelernt?«
    »Als ich im ›Schmuckkasten‹ auftrat. Zum letztenmal sah ich ihn in der Nacht, als ich New York verließ. Er erzählte mir bei der Gelegenheit – was ist, Garnet?« Florinda brach ab.
    »Wann?« sagte Garnet, »wann war das? Wann hast du New York verlassen?«
    Florindas Augen wurden groß und größer; auch ihre Stimme hatte jetzt einen seltsamen Klang. »Im August 1844«, antwortete sie. »Er erzählte mir bei der Gelegenheit, seine Mutter habe ihm eine Frau ausgesucht. Garnet – wollte er etwa dich heiraten?«
    »Ja, das wollte er. Im September darauf, kurz bevor ich Oliver begegnete. Er sagte dir, seine Mutter habe ein Mädchen für ihn ausgewählt?«
    »Ja. Und er meinte auch, sie habe eine sehr gute Wahl getroffen. Es sei ein sehr nettes Mädchen, und er hoffe, glücklich mit ihr zu werden.«
    »Er meinte mich«, sagte Garnet.
    Florinda sah sie verwirrt an. »Eigentlich«, sagte sie nach einer Weile, »eigentlich sollte ich gar nicht so überrascht sein. Vermutlich gab es gar nicht so viele Mädchen in New York, die Mrs. Trellen’s Wünschen entsprachen. Du stammst aus einer guten Familie, hattest eine gute Schulbildung, warst jung, hübsch und gebildet – sehr wahrscheinlich dachte sie, einem Mädchen wie dir müsse es gelingen, ihren Sohn von einem Mädchen wie mir fernzuhalten.«
    »Und er wußte natürlich nichts Besseres, als seiner Mutter zu gehorchen«, lachte Garnet. »Dieser Narr! Aber das hätte ich mir auch schon damals denken können.«
    »Aber – Garnet –, Florinda legte ihr eine Hand auf den Arm.
    »Ja?«
    »Wußtest du, daß es sich bei Henry Trellen um einen schwerreichen Jungen handelte?« Ehrfurcht vor dem Reichtum klang aus ihrer Stimme.
    »Aber ja«, sagte Garnet, »jeder wußte das. Er galt als die beste Partie von New York.«
    »Und trotzdem brachtest du es fertig, ihn abzuweisen?«
    »Das erforderte wahrhaftig weiter keine Anstrengung. Er langweilte mich zu Tode.«
    »Er langweilte dich? Aber Garnet, Henry Trellen war nie langweilig. Er war einer der amüsantesten Männer der Stadt.«
    »Wie merkwürdig! In deiner Gesellschaft vielleicht. Mag sein, daß er sich dort freier und leichter fühlte als bei mir. In

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