Kalifornische Sinfonie
Ziegenlederschuhe mit seidenen Schnürbändern. Luke hatte inzwischen die Kutsche geputzt, die Sitzfläche abgestaubt und die Metallstangen poliert. So fuhren sie festlich geschmückt in die Stadt Santa Fé ein.
Hier war die Kolonne schon vor Stunden gesichtet worden. Als die Wagen einfuhren, waren die Straßen von Tausenden geputzter und geschmückter Menschen gesäumt. Alle trugen ihre besten Kleider: die Männer gestickte Jacken und Stiefel mit silbernen Sporen; die Frauen und Mädchen Kleider aus Seide und feinstem Batist. Indianer, die in die Stadt gekommen waren, um die günstige Konjunktur für Handelsgeschäfte wahrzunehmen, stolzierten in kunstvoller Bemalung herum; sie trugen handgewebte Decken in prachtvollen Mustern malerisch um die sehnigen Körper drapiert. Sie hielten sich weitgehend im Hintergrund, und während die Eingesessenen brüllten und jubelten und den einfahrenden Wagen zuwinkten, beobachteten sie lautlos mit ernsten, unbewegten Gesichtern das festliche Treiben. Die Händler winkten lachend mit ihren großen Hüten und fühlten sich wie Anführer einer siegreichen Invasionsarmee. Hinter ihnen schoben sich die großen, schwerbepackten Güterwagen ächzend und knarrend durch den Paß.
Das Haus Señor Silvas lag etwas abseits des großen Platzes. Es hatte vier Zimmer und wurde durch einen Flur in zwei gleiche Hälften geteilt; zu jeder Seite des Flures lagen zwei Zimmer. Alljährlich während des Sommers quartierte sich die Familie auf der einen Seite des Flures ein und überließ die restlichen zwei Zimmer Oliver Hale. Señor und Señora Silva hatten zwei Kinder, zwei Mädchen von dreizehn und vierzehn Jahren, im Haus. Die älteren Kinder waren verheiratet und fortgezogen; dadurch waren die Silvas in die Lage versetzt, ihre Einkünfte durch die sommerlichen Mieteinnahmen zu vergrößern.
Der Herr des Hauses präsentierte sich den Gästen feierlich in seinem besten Staat: einer roten Jacke und blauen Beinkleidern. Die Damen trugen Kleider aus geblümtem Kaliko mit tiefem Halsausschnitt und weiten Röcken, unter denen die Fußgelenke sichtbar waren. Alle verbeugten sich, knicksten und lächelten und redeten mit weichen, musikalischen Stimmen auf die Ankömmlinge ein. Oliver übersetzte Garnet, was sie sagten. Selbstverständlich waren sie entzückt, daß Don Olivero ihnen in diesem Jahr die Ehre antat, seine junge Frau mitzubringen. Alle betrachteten Garnet mit unverhohlener Neugier; die beiden Mädchen und ihre Mutter griffen ungeniert nach ihren Kleidern, die ihnen fremd und sonderbar vorkommen mochten, und streichelten sie. Oliver beantwortete ruhig und unerschütterlich Hunderte von Fragen, die auf ihn einprasselten, und Garnet stand etwas unglücklich dabei, weil sie nicht verstand, was da gesprochen wurde. Einmal sah sie Oliver lachend den Kopf schütteln, während er eine Frage beantwortete, die Señora Silva gestellt hatte; von der Neugier geplagt, fragte sie: »Was hat sie gesagt?«
»Sie wollte wissen, ob du ein Kind erwartest.«
»Um Gottes willen!« keuchte sie, » verstehen sie was ich sage?«
»Sprich nur; sie verstehen kein Wort.«
»Aber – wie kommen sie dazu, so – taktlose Fragen zu stellen?«
»Sie sind in keiner Weise taktlos – nach ihren Begriffen. Das ist immer die erste Frage, die sie einer Jungverheirateten Frau stellen. Sie würden sich taktlos und unhöflich vorkommen, wenn sie die Frage unterließen.«
Die Señora tätschelte Garnets Arm und sagte irgend etwas. Oliver übersetzte:
»Die Señora meint, du solltest dich nicht grämen. Du seiest jung und machtest einen gesunden und kräftigen Eindruck; du würdest bald feststellen, daß ein Kind unterwegs sei.«
Lieber Gott! dachte Garnet; hoffentlich werde ich nicht rot, aber dabei fühlte sie schon, wie ihr das Blut ins Gesicht schoß. Sie wollte natürlich Kinder haben, aber sie war froh, daß sich die Härten und Schwierigkeiten der Reise nicht noch durch einen Zustand dieser Art kompliziert hatten. Ihre Mutter hatte gerade deswegen große Sorgen gehabt; sie hatte bei der Hochzeit Tränen vergossen, weil sie fürchtete, Garnet könne während des langen Zuges durch die Prärie schwanger werden und dadurch in ernste Gefahr geraten. Bisher war diese Sorge unbegründet, und Garnet war dankbar dafür. Oliver übersetzte weiter:
»Señora Silva meint, sie sei auf den Empfang einer jungen Dame nicht vorbereitet gewesen, sie hoffe, du würdest unsere Zimmer ebenso bequem und luxuriös finden wie die, in denen
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