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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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du bisher gelebt habest. Ich sage dir gleich: das sind sie in keiner Weise, aber sie erfüllen für die Zeit, da wir hier wohnen, ihren Zweck. Jetzt fragt sie, ob du Hunger hättest.«
    »Oh«, rief Garnet, »die Frage kann ich selbst beantworten.« Sie wandte sich der Señora zu und sagte, jedes Wort betonend: »Si, si Señora! Tengo hambre –; gracias!«
    Alle vier Silvas lachten und schwätzten auf sie ein. Garnet wandte sich Oliver zu:
    »Was muß ich sagen, um ein Bad zu erbitten?«
    »Du fragst nach agua caliente. Das bedeutet heißes Wasser. Ich werde es ihnen selbst sagen.«
    Die Señora nickte und erteilte ihren Töchtern die entsprechenden Anweisungen. Die Mädchen sprangen davon, und Oliver führte Garnet in die Zimmer, die sie für die nächste Zeit bewohnen würden.
    Die Wände der Zimmer waren weiß gestrichen und bis etwa zur Schulterhöhe eines Mannes rundherum mit farbig gemustertem Kaliko bespannt. Das sei notwendig, erklärte Oliver, denn der weiße Anstrich färbe ab; man würde sich also die Kleider beschmutzen, wenn man sich an sie lehnte. Stühle gab es nicht; dafür zogen sich an zwei Wänden eingebaute Bänke aus ungebrannten Ziegelsteinen entlang, die mit Kissen belegt waren. In einem Zimmer stand ein Tisch, in dem anderen ein Bett. In dem durch das Bett als Schlafzimmer ausgewiesenen Raum standen auf einer Ecke der Wandbank eine Waschschüssel und eine mit Wasser gefüllte irdene Kanne. In jedem der beiden Räume hing ein Spiegel an der Wand. Der Fußboden bestand aus hartgepreßtem Ton und war mit Teppichen belegt, in die schwarzweiße Figuren eingewebt waren. Auf dem Bett lag eine Decke, die ebenfalls wie ein Teppich aussah. Garnet nahm sie in die Hand; sie war leicht und wunderbar weich.
    »Ich denke, du wirst es hier aushalten können«, sagte Oliver.
    »O ja«, antwortete Garnet. »Denk doch nur: wir werden heute nacht in einem richtigen Bett schlafen, und vorher werden wir uns richtig mit warmem Wasser waschen. Ich habe fast schon vergessen, wie sich warmes Wasser anfühlt. Oliver, das alles ist wirklich luxuriös. Übersetze ihnen, daß ich das gesagt habe.« Sie sah sich weiter in den Räumen um, und in ihrem Gesicht erschien ein Ausdruck der Verwirrung.
    »Was suchst du?« fragte Oliver.
    »Möbel. Brauchen die Leute hier keine Stühle, keine Kleiderschränke, Kommoden, Wäschetruhen oder dergleichen?«
    »Nein. Es sei denn, sie wären sehr reich. Holz ist hierzulande ein rarer Artikel.«
    »Aber ich habe zahllose Bäume gesehen.«
    »Wild gewachsene Baumwolle, die zu Bäumen aufschießt. Sieht hübsch aus, ist aber unverwertbar. Zu weich.«
    »Oh, ich verstehe.« Garnet nahm ihren Hut ab. »Es ist wundervoll kühl hier drinnen.«
    Oliver führte sie zum Fenster; sie sah, daß die Außenwände des Hauses an die drei Fuß dick waren. »Diese Bauart hält die Häuser im Sommer kühl und im Winter warm«, sagte er. In beiden Zimmern standen eiförmige kleine Kamine, die in die Ecken eingebaut waren. Aber Feuerung war kostbar. Baumwollholz eignete sich zum Heizen nicht besser als zur Möbelfabrikation. Holz mußte im Gebirge geschlagen und auf den Rücken kleiner Esel, die hier Burros hießen, heruntergeschafft werden. Die Häuser waren so fest und solide gebaut, daß nur bei bitterkaltem Wetter geheizt werden mußte.
    Die Fenster waren an Stelle von Glasscheiben mit schweren hölzernen Läden versehen. Bei warmem Wetter blieben sie ständig geöffnet, da sie nicht auf die Straße, sondern auf kleine abgeschlossene Höfe hinauswiesen. Das Zimmer mit dem Tisch – das Eß- oder Wohnzimmer also – hatte eine direkte Tür, die auf einen Durchgang führte, der von der Straße aus zwischen diesem und dem Nachbarhaus entlanglief. Garnet fand das wunderbar; sie konnte auf diese Weise eigenen Besuch empfangen, ohne die Familie Silva zu stören.
    Oliver brachte mit Hilfe von Señor Silva die Kleiderkisten herein. Bald danach erschienen die Mädchen mit Krügen voll heißem Wasser. Sie gingen nur sehr zögernd, neugierige Blicke zurückwerfend, wieder hinaus. Oliver lachte:
    »Ich möchte dir fast empfehlen, heute nachmittag auf die große Reinigung zu verzichten. Du darfst dich auch nicht wundern, wenn die weiblichen Silvas jedes Wäschestück von dir eingehend in Augenschein nehmen. Du bist zwar nicht die erste Amerikanerin, die ihnen zu Gesicht kommt – es kommt immer wieder einmal vor, daß Händler ihre Frauen mitbringen –, aber du bist die erste Amerikanerin in ihrem eigenen Hause.

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