Kalix - Die Werwölfin von London
Putzleute ihre Lieblingsdemo-CD zutage förderten, die seit Monaten verschollen gewesen war, hatten sie zugeben müssen, dass die Putzaktion vielleicht doch keine ganz schlechte Idee war.
Am gleichen Tag gingen Beauty und Delicious mit Dominil zu den kleinen Clubs in Camden, in denen sie vielleicht auftreten konnten. Davon gab es viele.
Vor einem warb ein Plakat für einen Gig ihrer Rivalen, der vier Jungs, die über einem Laden wohnten. Beauty und Delicious grummelten vor Neid.
»Grämt euch nicht«, sagte Dominil. »Ihr werdet Gelegenheit bekommen, sie zu übertrumpfen.«
Die Zwillinge kicherten. Grämt euch nicht. Manchmal mussten sie über Dominik Wortwahl einfach lachen.
Leider hatte es sich als recht schwierig erwiesen, einen Gig für die Schwestern zu vereinbaren. Das lag zum Teil daran, dass die meisten Clubs ihre Bands über Agenturen buchten, zum Teil aber auch am schlechten Ruf der Zwillinge.
»Als sie das letzte Mal hier aufgetreten sind«, sagte ein Clubmanager, »haben sie die Bühne in Brand gesteckt und eine Prügelei mit dem Publikum angefangen. Das war der einzige Abend, an dem wir gleichzeitig die Polizei, die Feuerwehr und einen Krankenwagen rufen mussten.«
»Gilt das in der Musikbranche nicht als akzeptables Verhalten?«, fragte Dominil. »Vielleicht als gute Publicity?«
»Alles hat Grenzen. Die Polizei hätte mir beinahe den Laden dichtgemacht, und als ich meine Lizenz erneuern wollte, musste ich erst mal alles erklären.
Außerdem sind aus meinem Lager mehrere Kisten Whisky gestohlen worden, und dafür habe ich jemanden schwer im Verdacht.«
Beauty und Delicious waren schon nicht mehr dabei, sondern drückten sich mit schuldbewusster Miene vor der Tür herum.
»Können Sie ihnen nicht noch eine Chance geben?«, fragte Dominil. »Immerhin ist ihre Band großartig.«
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»Nein, ist sie nicht. Der Gig war grauenhaft.«
Dominil nickte, dann verließ sie gedankenverloren den Club.
»Ihr habt mir nicht gesagt, dass ihr hier nicht mehr willkommen seid, weil ihr euch extrem scheußlich verhalten habt.«
»So schlimm war das gar nicht«, widersprach Beauty. »Der Typ versteht nur unsere Musik nicht.«
»Habt ihr mehrere Kisten Whisky gestohlen?«
»Wir haben geholfen, ein paar Sachen vor dem Feuer zu retten. Wäre doch Quatsch gewesen, sie verbrennen zu lassen, oder?«
Diese Szene wiederholte sich in ganz Camden. Selbst in einer Gegend, in der von Musikern kein allzu gutes Benehmen erwartet wurde, hatten es die Schwestern mit ihren unglaublichen Exzessen so weit gebracht, dass sie nirgends mehr gern gesehen waren. In einigen Clubs wollte man sie gar nicht erst durch die Tür lassen. Schließlich schickte Dominil sie nach Hause und setzte sich in ein Cafe, um die Lage zu überdenken. Sie grübelte immer noch, als sie die Schwestern am nächsten Tag aus den Betten zerrte und zur Südseite des Flusses fuhr. Die geschäftigen Straßen Londons waren etwas ganz anderes als die ruhigen Sträßchen bei Burg MacRinnalch. Dominil hatte sich noch nicht ganz eingewöhnt und fuhr vorsichtig, für den Geschmack der Zwillinge sogar zu vorsichtig. Sie saßen auf dem Rücksitz und mäkelten an ihrem Fahrstil herum.
Dominil ignorierte sie.
Um sechs Minuten nach drei tauchte Pete in seinem Wagen auf, zusammen mit seinem Freund Adam, dem letzten Drummer der Schwestern, ihrem Bassisten Simon und Hamil, der etwas Keyboard spielte und mit seinem Computer auf der Bühne ihre Sam-ples abfuhr. Dominil bedachte sie mit einem finsteren Blick.
»Ihr habt euch um sechs Minuten verspätet. Dieses Mal will ich das noch übersehen, aber achtet darauf, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt.«
Die Jungs wollten schon lächeln, weil sie dachten, Dominil würde einen Scherz machen. Als sie merkten, wie die Blicke aus ihren 199
harten, schwarzen Augen sie durchbohrten und dass sie offensichtlich nicht scherzte, machten sie, dass sie ins Studio kamen. Die Schwestern waren schon in ihrem Proberaum und machten Lärm.
»Wer ist denn diese Eishexe?«, fragte Pete.
»Unsere Cousine Dominil. Sie ist völlig irre. Wir haben schon ganz schön gelitten.«
Das glaubten Pete, Adam, Simon und Hamil gerne. Wer regte sich schon über sechs Minuten Verspätung auf?
»Ihr glaubt gar nicht, wie bösartig sie ist«, sagte Beauty.
»Warum arbeitet ihr dann mit ihr zusammen?«, fragte Pete. »Kommt sie aus der Branche? Hat sie gute Beziehungen?«
»Nein«, sagte Delicious. »Aber sie kann Sachen auf die Beine stellen.«
Das
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