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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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Tante nicht verstand, was weggelaufen bedeutete, wusste sie kaum, wo sie anfangen sollte.
    »Na ja, weißt du, das ist wie gehen, nur viel schneller und weg von -«
    »Schweig, Dummkopf!«, brüllte Malveria. »Ich brauche keine Erklärung!«
    Die Feuerkönigin machte ein ausgesprochen finsteres Gesicht. »Du bist nicht mit leuchtend orangefarbener Haut zu der Party gegangen, oder?«
    Agrivex schüttelte den Kopf.
    »Gar nicht. Meine Haut war wie immer verführerisch honigfarben. Er ist einfach ein hoffnungsloser Fall.«
    Malveria war ratlos. Das begriff sie nicht. Vex war natürlich keine vollendete Verführerin, aber für einen jungen Mann wie Daniel wäre das auch nicht angemessen. Hier brauchte man eine junge, fröhliche Frau. Agrivex hätte ideal sein müssen.
    Vex strahlte die Feuerkönigin an. Sie hatte ein hübsches Lächeln. Mit ihren in Spitzen abstehenden Haaren wirkte sie fast knabenhaft.
    »Und, bekomme ich jetzt meine neuen Stiefel? Auf der Party habe ich ganz tolle gesehen. Etwas klobig, aber mit richtig hübschen silbernen Schnallen -«
    »Die Stiefel waren als Belohnung für deinen Erfolg gedacht. Du hast versagt.«
    »Aber ich habe getan, was ich konnte«, protestierte Vex. »Törichtes Mädchen«, sagte die Feuerkönigin unheilvoll. »Belästige mich jetzt nicht.«
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    »Das ist doch kein Belästigen«, meinte Vex munter. »Ich brauche nur die Stiefel.«

    »Hinfort!«, brüllte die Feuerkönigin. Vex zog eine gekränkte Miene. »Ich will aber die Stiefel haben.«
    »Verschwinde, bevor ich die Wachen rufe, elende Nichte«, sagte Malveria.
    »Ich hasse dich!«, schrie Vex, stürmte aus dem Thronsaal und beschwerte sich lautstark, sie wäre besser dran gewesen, wenn man sie mit acht Jahren in den Vulkan geworfen hätte.
    Malveria seufzte. Was für ein unbefriedigender Tag.
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    Während der Bandprobe saß Dominil im kleinen Empfangsbereich vor dem Studio. Das Zimmer war ungemütlich, es gab nichts außer einem zerschlissenen Sofa und einer Kaffeemaschine, die seit Jahren nicht mehr funktionierte.
    Dominil war das egal. Sie zog ein Notizbuch aus ihrer Tasche und notierte sich ein paar lateinische Sätze. Seit einiger Zeit arbeitete Dominil an einer Neuübersetzung der Gedichte des Tibull, eines römischen Dichters aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert. Er war kein bedeutender Dichter, aber Dominil mochte seinen leichtfüßigen Ton und fand seine Geschichten über Geliebte und Prostituierte amüsant.
    Gelegentlich sah sie nach der Band, die zu ihrer Freude ganz bei der Sache war.
    Dominil hatte sich gefragt, ob bei den Zwillingen nicht vielleicht wirklich alles nur heiße Luft war, aber jetzt, mit Gitarren in den Händen, Mikrofonen vor sich und der Rhythmusgruppe im Rücken, arbeiteten sie wirklich hart. Dominil sagte
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    die derbe Musik der Schwestern nicht zu, aber das hatte sie auch nicht erwartet.
    Darauf kam es auch nicht an. Es kam nur darauf an, sie irgendwie vor Publikum zu bringen. Sie überlegte, was sie anstellen konnte, um Gigs zu organisieren.
    Kein Club in Camden wollte sie auftreten lassen. In London gab es noch andere kleine Clubs, aber dorthin wollten die Zwillinge nicht.
    »Ein Gig südlich der Themse bringt nichts«, hatte Beauty gesagt. »Wer will schon auf die andere Flussseite?«
    »Im Westen der Stadt gibt es noch ein paar Auftrittsmöglichkeiten für Bands.«
    »West London? Wer fährt denn da hin? Da kannst du uns genauso gut einen Gig auf dem Mond besorgen.«
    Dominil grübelte über dieses Problem nach. Weil die meisten Clubs der Gegend Bands nur über Agenturen buchten, überlegte sie, ob sie einen Agenten finden konnte, der sie vertrat. Möglich war das, aber es konnte lange dauern. Dominil musste ihnen bald einen Gig beschaffen. Im Moment schien es das Beste zu sein, selber weiterzusuchen. Genau wie die Herrin der Werwölfe vermutet hatte, entwickelte sie so etwas wie Enthusiasmus für ihre Aufgabe. Dominil hatte viel zu viele Jahre damit verbracht, nichts zu tun. Jetzt genoss sie es beinah, ein Ziel zu haben. Sie wandte sich der Frage zu, welchen Namen die Band benutzen könnte. Zuletzt waren sie als Urban Death Syndrome aufgetreten, aber jetzt wollten sie einen neuen Namen.
    »Etwas Aggressives«, sagte Delicious. »Die Leute sollen wissen, dass sie sich auf eine harte Tour einlassen.«
    Die vierstündige Probesession der Schwestern ging bald zu Ende. Als Dominil noch mit ihrem Notizbuch dasaß, kam der Besitzer des Studios zu einer Mitarbeiterbesprechung. Er

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