Kalix - Die Werwölfin von London
nicht!«
Gawain marschierte in den Flur und öffnete die Wohnungstür. Bevor er hinausgehen konnte, knallte sie wieder zu, und die Zauberin stand mit wütender Miene vor ihm.
»Ja, sicher, du würdest nur zu gerne hochnäsig hier herausspazieren, was?
Weißt du überhaupt, wie sehr ich dich verabscheue? Weiß der Himmel, warum ich mich mit dir eingelassen habe.«
Gawain beugte sich dicht zu ihr.
»Und weiß der Himmel, warum ich mich mit dir eingelassen habe, du intrigante, übellaunige, blonde -«
Gawain verstummte abrupt. Zum einen war ihm aufgefallen, wie schön Thrix'
Haar eigentlich war, und zum anderen hatte die Zauberin ihn gepackt und küsste ihn leidenschaftlich. Sie schubste ihn den Flur entlang zurück ins Schlafzimmer.
»Belästige mich nie wieder«, verlangte Thrix, als sie auf das Bett fielen.
373
Die Douglas-MacPhees streiften in ihrem schwarzen Kastenwagen durch die Straßen Südlondons. Rhona saß am Steuer, während ihre Brüder die Gehwege absuchten. Im Innern des Wagens war es dunkel, auf dem Boden lagen mehrere gestohlene Gegenstände. Sie hatten ein neues Digitalradio, das sie eine Woche zuvor bei einem Einbruch gestohlen hatten. Es war auf doom-metal.com
e ingestellt. Der derbe Krach passte gut zu ihrer Stimmung. Duncan nickte träge im Takt mit und schüttelte dabei sein langes, fettiges, schwarzes Haar. Genau wie seine Geschwister trug er auf der Schulter eine Tätowierung eines zähnefletschenden Wolfs.
Und so trafen sie schließlich zufällig auf Kalix. Ganz ohne Vorwarnung. Ohne vorher einen Werwolf zu wittern. Aber da war sie, allein auf dem Gehweg vor dem Kennington Park. Die Douglas-MacPhees sprangen aus ihrem Kastenwagen und rannten los, um sie abzufangen. Wieder einmal war Kalix unvorsichtig gewesen. Sie hätte die MacPhees riechen müssen, lange bevor sie in Sichtweite kamen, aber nach ihrem Tag mit Dominil war sie so tief in Gedanken versunken, dass sie nicht auf ihre Umgebung achtete.
»Kalix MacRinnalch«, knurrte Duncan Douglas-MacPhee.
Kalix sah ihn an. Seltsamerweise schien ihre missliche Lage sie nicht sonderlich zu kümmern.
»Geh mir aus dem Weg«, sagte sie.
»Du kommst mit uns«, sagte Duncan. »Und jetzt ist dein Freund nicht hier, um dir zu helfen.«
Als Kalix' Kopf nach oben ruckte, wusste er, dass seine Worte ins Schwarze getroffen hatten.
»Ja, wir haben Gawain gesehen, er hat bestimmt nach dir gesucht.«
»Vielleicht nicht nach ihr«, sagte Rhona, dann lachten alle. »Was soll das heißen?«, fragte Kalix verdutzt.
373
»Gawain MacRinnalch stinkt nach Wölfin, aber er stinkt nicht nach dir. Dein Freund hat eine andere zum Spielen gefunden.« »Bringt sie zum Wagen«, sagte Duncan.
Kalix nahm ihre Kampfhaltung ein, mit leicht gebeugten Knien, den Händen auf Schulterhöhe und locker geballten Fäusten. Die Douglas-MacPhees brüllten vor Lachen. Sie sah aus wie ein dürrer Wicht, der gerade einen Kung-Fu-Film gesehen hatte und nach seinem Kinobesuch zu Hause üben wollte. Ihre erhobenen Fäuste wirkten so bedrohlich wie die Pfoten eines kleinen Kätzchens.
Fergus wollte sie packen. Sofort versetzte Kalix ihm einen brutalen Tritt in die Weichteile. Er heulte auf und fiel hin. Dann sprang sie auf Duncan zu und rammte ihm den Handballen ins Gesicht. Blut schoss aus Duncans Nase, und er taumelte zurück. Als Kalix landete, bekam sie einen Treffer von Rhona ab, aber sie ging mit, wie Gawain es ihr beigebracht hatte, und lenkte die Wucht um.
Kalix versetzte Rhona einen Schlag mit der Handkante gegen die Kehle und trat ihr so fest in den Bauch, dass sie sich krümmte und in die Knie ging.
Fergus war sofort wieder auf den Beinen, jetzt hielt er ein Messer in der Hand.
Kalix wusste, dass sie in ihrer menschlichen Gestalt nicht lange so weiterkämpfen konnte. Die Kraft würde sie verlassen. Sie lief los und rannte so schnell sie konnte zum Kennington Park. Im nächsten Moment war sie über den Zaun gesprungen und verschwand in der Abenddämmerung, bevor die Douglas-MacPhees ihr nahe kommen konnten. Die Douglas-MacPhees setzten ihr nach und kletterten unbeholfen über den Zaun.
Als Kalix die Gebüsche erreichte, war sie außer Atem. Wieder einmal bekam sie jetzt zu spüren, dass sie nicht genug auf sich achtete. Es wurde langsam dunkel.
Kalix rannte weiter. Wenn sie ihnen so lange entkommen konnte, bis der Mond aufging, würde sie sich verwandeln, und dann würde sie nicht mehr weglaufen müssen. Sie würde sie zerfetzen. Dornen rissen ihr die Haut
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