Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
ein, nicht zur Seite zu gehen, sondern erfrechte er sich in seiner greulichen Dummheit nicht noch, unsern edlen, hochberühmten Chef zu puffen und dabei in widerliche Schmähungen auszubrechen! Dieser Schimpf, diese Schmach kann nur mit Blut abgewaschen werden. Nun herrscht Kampf zwischen der Roten Rose und der Weißen Rose, und tausend und aber tausend Seelen werden in den Tod gehen – hinein in die Nacht des Todes.
    Sixtus,
    Edelmann
    und Chef der Roten Rose«
    »Und jetzt«, sagte Anders, »wollen wir ihnen eins auf die Qua-ste geben. Machst du mit?«
    Kalle grinste zufrieden. Der Krieg der Rosen, der mit kurzen Unterbrechungen nun schon seit Jahren tobte, war nicht etwas, wovon man sich freiwillig ausschloß. Das gab Spannung und Inhalt für die Sommerferien, die sonst vielleicht etwas eintönig gewesen wären. Radfahren und baden, Erdbeerbeete begießen, Besorgungen machen für Vaters Lebensmittelgeschäft, angelnd am Fluß sitzen, in Eva-Lottes Garten Ball spielen – das alles reichte nicht, die Tage auszufüllen. Die Sommerferien waren ja so lang.
    Ja, Sommerferien waren glücklicherweise lang. Und sie waren die beste Erfindung, die jemals gemacht worden war, fand Kalle.
    Seltsam zwar, sich vorzustellen, daß Erwachsene so was erdacht hatte. Da ließen sie einen tatsächlich so einfach zehn Wochen lang im Sonnenschein herumlaufen, ohne daß man sich über den Dreißigjährigen Krieg oder so etwas den Kopf zerbrach.
    Man konnte sich statt dessen mit dem Krieg der Rosen beschäftigen, und das war viel schöner.
    »Ob ich mitmache? Mußt du das überhaupt fragen?«
    Dünn gesät waren sie ja, die Verbrecher, in letzter Zeit.
    Konnte sich Meisterdetektiv Blomquist da nicht gut etwas Urlaub gönnen, um seine Freizeit der höheren Kriegführung zu widmen und zu sehen, was die Roten diesmal wieder zusam-mengebraut hatten?
    »Ich glaube, ich begebe mich erst mal auf einen kleinen vor-bereitenden Kundschaftergang«, sagte Anders.
    »Tu das«, sagte Eva-Lotte. »Und wir starten dann in etwa einer halben Stunde. Ich will nur erst die Messer schleifen.«
    Das hörte sich imponierend und gefährlich an. Anders und Kalle nickten einverstanden mit dem Kopf. Ja, Eva-Lotte war schon ein Krieger, auf den man sich verlassen konnte! Die Messer, die geschliffen werden sollten, waren freilich nur Bäckermeister Lisanders Brotmesser – aber trotzdem! Eva-Lotte hatte ihrem Vater versprochen, ihm den Schleifstein zu drehen, bevor sie wegging. In der brennenden Julisonne den schweren Schleifstein drehen war schon eine heiße Arbeit. Aber es kühlte ein wenig ab, wenn man sich vorstellte, daß das, womit man sich ab-rackerte, notwendige Waffen für den Krieg der Rosen waren.
    »Tausend und aber tausend Seelen werden in den Tod gehen – hinein in die Nacht des Todes«, murmelte Eva-Lotte vor sich hin, während sie drehend am Schleifstein stand und ihr der Schweiß von der Stirn tropfte.
    »Was sagst du?« fragte Bäckermeister Lisander und sah vom Schleifstein auf.
    »Nichts.«
    »Das war wohl genau das, was ich gehört habe«, sagte der Bäckermeister und fuhr prüfend mit dem Finger über die Schneide eines Brotmessers. »Du kannst laufen!«
    Und Eva-Lotte lief. Sie schlängelte sich durch den Zaun, der ihren Garten von Kalles trennte. An einer Stelle fehlte ein Brett.

    Solange sich Menschen entsinnen konnten, fehlte dort das Brett, und es würde dort fehlen, solange Eva-Lotte und Kalle etwas zu sagen hatten. Sie brauchten diesen Durchgang.
    Es konnte passieren, daß Lebensmittelhändler Blomquist, der ein ordentlicher Mann war, zum Bäckermeister Lisander, wenn sie an Sommerabenden in des Bäckermeisters Laube saßen, sagte: »Hör mal, Freund, wir sollten vielleicht den Zaun in Ordnung bringen. Sieht recht liederlich aus, finde ich.«
    »Ach, wir warten wohl, bis die Kleinen so groß geworden sind, daß sie in der Öffnung festklemmen«, erwiderte der Bäk-kermeister dann. Aber Eva-Lotte blieb unterdessen trotz hartnäckigster Milchbrötchenvertilgung weiterhin schmal wie ein Stock, und es bereitete ihr vorläufig absolut keine Schwierigkeiten, durch die enge Öffnung zu schlüpfen.
    Ein Pfiff war von der Straße zu hören. Anders, Chef der Weißen Rose, war von seinem Kundschaftergang zurückge-kehrt. »Sie halten sich in ihrem Hauptquartier auf«, schrie er.
    »Vorwärts zu Kampf und Sieg!«
    Kalle hatte seinen Platz unter dem Birnbaum wieder bezogen, als Eva-Lotte zum Schleifstein und Anders auf seinen Kundschaftergang

Weitere Kostenlose Bücher