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Kalle Wirsch und die Wilde Utze

Kalle Wirsch und die Wilde Utze

Titel: Kalle Wirsch und die Wilde Utze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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Kette mit dem
Uranstein!
    Er steckte das Lazium-Messer in seinen Gürtel
und tastete mit beiden Händen die Metallglieder ab. Aber die Kapsel mit dem
Stein fand er nicht. Er merkte, daß nur ein Teil der Kette auf dem Felsen lag;
das andere Ende hatte sich in einer Spalte verklemmt. Die Kapsel mußte in einer
Höhlung darunter hängen.
    Der Fährmann zog vorsichtig, aber die Kette
löste sich nicht. Der Spalt war schmal und scharf, und er mußte befürchten, die
Kette zu zerreißen, wenn er fester an ihr zerrte.
    Er suchte das Gestein nach einer Öffnung ab; er
fühlte aber nur Risse und Spalten. Keine Stelle, die sich nach innen auftat!
    Als er sich bückte, spürte er das Messer in
seinem Gürtel, und plötzlich wußte er, was er tun mußte: Mit der Lazium-Klinge
konnte er den Felsen durchschneiden!
    Mit einer Hand hielt er die Kette fest, mit der
andern setzte er das Messer an. Es drang in den Felsen ein wie in ein Stück
Erde. Der Fährmann ging sorgfältig zu Werk, um die Kette nicht mit der scharfen
Schneide zu berühren.

    Von dem Spalt aus, in dem die Kette hing,
trennte er zuerst kleine Teile aus dem Gestein und arbeitete sich vorsichtig
näher heran.
    Endlich fühlte er, daß die Kette nachgab. Er
öffnete das Loch noch ein wenig, dann zog er die Kette langsam ganz heraus. Da
kam die kleine Bleikapsel zum Vorschein. Seine Hand zitterte vor Glück, als er
sie umschloß.
    »Der Stein! Ich habe den Uranstein gefunden!« Er
schrie es laut hinaus. Aber seine Stimme drang nicht durch das Wasser. Die
drei, die oben am See auf ihn warteten, konnten ihn nicht hören.
    Er wickelte sich die Kette mit der Bleikapsel
fest um das Handgelenk. Dann stieß er sich kräftig ab, um schnell aufzutauchen —
aber er kam nicht weit.
    Über ihm, wo vorher offenes Wasser gewesen war,
breitete sich jetzt ein dichtes Netzwerk aus. Es war quer durch den ganzen See
gespannt, wenige Meter über dem Grund. Wohin er schwamm, versperrte es ihm den
Weg nach oben.
    Trotz seines sicheren Gefühls für alles, was um
ihn vorging, hatte der Fährmann die Bedrohung nicht gespürt, die sich über ihm
zusammenzog.
    Bei seiner Suche nach dem Uranstein hatte er nur
Pflanzentiere und Algen getastet, und er hatte geglaubt, mehr gäbe es da unten
nicht. Er wußte nichts von den Mollusken, die im tieferen Teil des Sees in den
Löchern der Felswände lebten.
    Diese Mollusken waren schneckenähnliche Wesen
mit länglichen, klebrigen Leibern. Auch sie gaben ein phosphoreszierendes
Leuchten von sich. Sie ernährten sich von Algen, Wassermoos und Pflanzentieren.
Aber das alles fraßen sie nur notgedrungen. Ihr Dasein bestand in einem Lauern
auf größere Beute.
    Niemand anders als die Mollusken waren es, denen
bisher jeder zum Opfer gefallen war, der versucht hatte, auf den Grund zu
tauchen. Sie fingen ihre Beute gemeinschaftlich; denn einzeln konnten sie
nichts ausrichten. Zu Tausenden krochen sie hervor und verknoteten ihre Leiber
zu einem dichten Geflecht. Von den Wänden zur Mitte hin drängten und wucherten
sie, bis der See abgeriegelt war.
    Unter diesem Molluskennetz saß jetzt der
Fährmann gefangen. Er hatte die zähe Masse der vielen kleinen Körper gefühlt,
und er hatte gespürt, wie sie sich an ihm festsogen, so daß er nur mit Mühe
losgekommen war.
    >Ich habe das Lazium-Messer<, dachte er.
>Es hat den Felsen durchschnitten. Jetzt soll es mir noch den Weg nach oben
freischneiden.<
    Er faßte das Messer und schwamm hinauf. Das
Netzwerk hatte sich schon ein Stück tiefer auf ihn niedergesenkt. Ohne viel
nachzudenken stieß er das Messer hinein — aber der Schnitt in die
Molluskenleiber schloß sich im gleichen Augenblick wieder. Die verletzten
Stellen quollen auf und heilten sofort zusammen.
    Der Fährmann versuchte es noch viele Male. Er
schnitt kreuz und quer, aber immer ereignete sich das gleiche: Die
Schnittwunden wuchsen schon hinter dem Messer wieder zusammen. Da merkte er,
daß er selbst mit dem Lazium-Messer nicht gegen die Mollusken ankam.
    Er ließ sich auf den Grund zurücksinken. Eine
dumpfe Verzweiflung überfiel ihn. Er hatte den Uranstein gefunden, aber er
konnte ihn Kalle Wirsch nicht zurückbringen. Niemand würde erfahren, daß er
hier saß, die Kapsel in der Hand und über sich die Mollusken...
    Die Kapsel! Der Uranstein! Die tötenden
Strahlen! — Sie könnten ihn retten! Sie könnten das lebendige Gitter über ihm
öffnen! Die Gedanken des Fährmanns überstürzten sich. Als er mit Kalle Wirsch
am See der Finsternis auf Juke

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